Stein auf Auto geschleudert – wer haftet?
- 3 Minuten Lesezeit
Jeder, der Auto fährt, kennt das Geräusch, wenn ein Stein gegen die Scheibe oder die Karosserie geschleudert wird. Oftmals handelt es sich nur um einen kleinen Schaden, der nicht zwingend repariert werden muss. Manchmal entpuppt sich der Schaden aber als größer und teurer und man ist als Betroffener froh, wenn man einen Verursacher hat und dessen Versicherung den Schaden unproblematisch übernimmt.
LKW schleudert Stein hoch
Im vorliegenden Fall fuhr ein PKW-Fahrer auf einer Autobahn hinter einem LKW. Plötzlich wurde ein auf der Straße liegender Stein von den Rädern des LKW auf die Frontscheibe des nachfolgenden PKW hochgeschleudert und beschädigte die Scheibe erheblich. Der Geschädigte verlangte schließlich von der Versicherung des LKW den Ersatz seines Schadens. Nachdem sich die Versicherung weigerte zu zahlen, erhob der Mann schließlich Klage vor dem Amtsgericht (AG) Hersbruck.
Klage zunächst erfolgreich
Zunächst wurde die Haftung der Versicherung grundsätzlich bejaht, da der Schaden am Fahrzeug des Klägers gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) i. V. m. § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) beim Betrieb des bei ihr versicherten LKW entstanden ist.
Keine höhere Gewalt
Die Richter des AG prüften, ob die Versicherung aber trotzdem aufgrund höherer Gewalt i. S. d. § 7 Abs. 2 StVG von der Haftung ausgeschlossen sein könnte. Unter höherer Gewalt versteht man im Allgemeinen ein äußeres Ereignis, das weder konkret vorherzusehen noch zu verhindern war.
Anspruch auf Schadensregulierung
Da dies bei hochgeschleuderten Steinen regelmäßig nicht der Fall ist, lag eben keine höhere Gewalt vor. Damit beendete das AG die Prüfung, gab dem Kläger recht und verurteilte die Versicherung auf Zahlung des Schadens an der Windschutzscheibe.
Berufung der Versicherung
Mit diesem Ergebnis war die Versicherung nicht einverstanden und legte Berufung zum Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth ein – mit Erfolg.
Unabwendbares Ereignis
Die Richter des LG stimmten zu, dass es sich beim Hochschleudern des Steins um keine höhere Gewalt handelt. Daneben prüften sie aber zusätzlich, ob die Haftung der Versicherung durch ein unabwendbares Ereignis gem. § 17 Abs. 3 S. 1, 2 StVG ausgeschlossen sein kann. Darunter versteht man nicht die absolute Unvermeidbarkeit des Unfalls, sondern dass das Ereignis, das schließlich zum Schaden geführt hat, auch bei äußerst möglicher Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte. In diesem Fall ist der Schädiger von Schäden freizustellen, wenn diese auch bei vorsichtigem Vorgehen nicht hätten vermieden werden können.
Hier ereignete sich der Unfall in einem Baustellenbereich, allerdings musste aufgrund der Gegebenheiten – die Baustelle befand sich im Bereich neben den befahrenen Spuren – weder mit herumliegenden Steinen gerechnet werden noch war die Gefährdung Dritter durch hochgeschleuderte Steine vorhersehbar. Aus diesem Grund musste der LKW-Fahrer nicht mit Steinen auf der Fahrbahn rechnen und folglich seine Geschwindigkeit nicht verringern.
Keine Haftung der Versicherung
Nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhalts und der örtlichen Gegebenheiten kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Hochschleudern des Steins um ein unabwendbares Ereignis gehandelt hat, was zu einem Haftungsausschluss der Versicherung nach § 17 Abs. 3 StVG führt. Somit hat der Kläger keinen Anspruch auf Ersatz seines Schadens.
Fazit: Muss ein KFZ-Fahrer nicht mit Steinen auf der Straße rechnen, so kann dies zu einem Haftungsausschluss der zuständigen Versicherung führen.
(LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 30.03.2017, Az.: 2 S 2191/16)
(WEI)
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