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Steuertipps für die Einkommensteuer 2010

  • 7 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

Allen Steuerpflichtigen steht in den nächsten Wochen eine Menge Arbeit und viel Papierkram bevor, denn es ist mal wieder Zeit, die Steuererklärung für das Jahr 2010 zu machen. Steuerpflichtig sind insbesondere Ehepaare mit den Steuerklassen III/V oder mit der neuen Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor, alle Arbeitnehmer, die eine zweite Lohnsteuerkarte der Steuerklasse VI haben, alle Personen, die 2010 vom Staat Gelder, z. B. Arbeitslosengeld, Elterngeld usw., erhalten haben, und alle Personen, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder einem Gewerbebetrieb beziehen bzw. selbstständig sind. Da es eine Reihe von Änderungen in der Rechtsprechung zum Thema Steuern gibt, und um alles Wichtige darüber hinaus darzustellen, hat die Redaktion von anwalt.de diesen Rechtstipp verfasst.

[image]Lohnsteuerkarte 2010/2011

Die Arbeitgeber müssen bis spätestens 28. Februar an alle Arbeitnehmer die elektronische Steuerbescheinigung für das Jahr 2010 übergeben. Diese Bescheinigung ersetzt die Lohnsteuerkarte, auf der bisher alle steuerlich wichtigen Beträge eingetragen wurden. In den letzten Jahren erhielten die Arbeitnehmer in den meisten Fällen sowohl die Lohnsteuerkarte als auch den Ausdruck der elektronischen Steuerbescheinigung. Für das Jahr 2010 wird es bei dem Ausdruck der elektronischen Steuerbescheinigung bleiben, denn die gelbe Lohnsteuerkarte des Jahres 2010 gilt auch für das Jahr 2011. Im Rahmen bestehender Arbeitsverhältnisse gelten die eingetragenen Steuermerkmale, wie z. B. Steuerklasse oder Freibeträge, weiter. Alle Personen, die im Jahr 2011 den Arbeitgeber wechseln, legen diesem die Lohnsteuerkarte von 2010 vor. Diejenigen, die erstmals eine lohnsteuerpflichtige Tätigkeit aufnehmen, erhalten vom zuständigen Finanzamt (FA) auf Anfrage eine Ersatzbescheinigung ausgestellt. Für Auszubildende, die im Jahr 2011 erstmals eine Lehrstelle antreten, gilt eine Sonderregel. Sie benötigen überhaupt keine Bescheinigung, sondern werden durch den Arbeitgeber automatisch in Steuerklasse I eingestuft. Ab 2012 wird die Lohnsteuer mit einer Datenbank namens ELStAM II erhoben.

Hilfe durch Steuersoftware

Um sich die ungeliebte Arbeit so leicht wie möglich zu machen, greifen eine Menge Ersteller auf sogenannte Steuersoftwareprogramme zurück. Diese gibt es von verschiedenen Anbietern in verschiedenen Preisklassen zwischen 15 und 40 Euro und funktionieren im Wesentlichen ähnlich. In den meisten Programmen werden die Anwender in Interviewform durch das Steuermenü geleitet und aufgefordert, die jeweils notwendigen Eingaben zu machen. Dadurch können alle absetzbaren Kosten leicht gefunden und geltend gemacht werden. Bei der Eingabe kann man nicht nur den Fortschritt der Erfassung erkennen, sondern man erhält in vielen Fällen eine Vorhersage der zu viel gezahlten Beträge oder die Höhe der drohenden Nachzahlung. Außerdem werden die Eingaben auf Fehler und Plausibilität geprüft. Die so erstellte Steuererklärung kann dann auf elektronischem Weg an das zuständige Finanzamt übermittelt werden. Lediglich die Belege bzw. die Unterschriften der Steuerzahler müssen zusätzlich auf dem Postweg an das Finanzamt geschickt werden. Elektronisch eingereichte Steuererklärungen werden schneller als solche in Papierform bearbeitet.

Fehler bei Elster-Eingabe

Neben den verschiedenen Steuersoftwareprogrammen besteht auch die Möglichkeit, die Einkommensteuererklärung mit dem elektronischen Steuerverfahren „Elster” zu machen. In einem aktuellen Fall hat das Finanzgericht (FG) Neustadt entschieden, dass ein Fehler bei der Eingabe in das Elster-Formular nicht immer als grobes Verschulden des Steuerpflichtigen zu werten ist. Ein Selbstständiger hatte im Jahre 2006 seine Steuererklärung mit dem Elster Formular gemacht. Es erging ein Einkommensteuerbescheid. Im nächsten Jahr fiel dem Mann bei der Bearbeitung seiner aktuellen Steuererklärung auf, dass er im Vorjahr die Beiträge für sein berufsständisches Versorgungswerk nicht steuerlich geltend gemacht hatte. Er beantragte daraufhin beim zuständigen Finanzamt die Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids 2006. Dieser Antrag wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass den Kläger bei der vergessenen Geltendmachung der Zahlungen ein grobes Verschulden treffe.

Hiergegen klagte der Mann vor dem FG Neustadt und bekam Recht. Ein grobes Verschulden liegt nicht vor, denn der Steuerpflichtige handelt nur dann grob fahrlässig, wenn er ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene und verständliche Fragen nicht beantwortet. Keine grobe Fahrlässigkeit liegt bei Fehlern vor, die immer wieder vorkommen, wie Vergessen, Irrtümer oder Nachlässigkeiten. Im vorliegenden Fall trifft den Steuerpflichtigen nur einfaches Verschulden, denn an der Stelle des aufgetretenen Fehlers ist es im Elster-Formular so, dass verschiedene Ebenen bearbeitet werden müssen und am Ende der Bearbeitung fehlende Eingaben nicht ersichtlich sind. Dieser Umstand begünstige den Fehler und ist dem Steuerpflichtigen nicht anzulasten. (FG Neustadt, Urteil v. 13.12.2010, Az.: 5 K 2099/09)

Rückwirkende Besteuerung von Erstattungszinsen

Im aktuellen Fall waren die Kläger der Meinung, dass entweder Erstattungszinsen steuerfrei oder die Nachzahlungszinsen steuerlich absetzbar sein müssten. Diese Klage hatte aber keinen Erfolg. Die Rechtsprechung und die Finanzämter betrachteten bis zum Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) (BFH, Urteil v. 15.06.2010, Az.: VIII R 33/07) die vom Finanzamt ausgezahlten Zinsen auf Steuererstattungen nach § 233a Abgabenordnung (AO) als steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen. Also waren dafür Steuern zu zahlen.

Diese bis dahin geltende Rechtsprechung wurde durch das neue Urteil aufgegeben. Solche Zinseinnahmen sind - mangels korrespondierender Abzugsfähigkeit von Nachzahlungszinsen - nicht mehr steuerpflichtig. Der Gesetzgeber reagierte und änderte durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.2010 die Regelung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Dadurch wurde die vorher geltende Rechtslage wiederhergestellt, die neue Rechtsprechung des BFH aber nicht angewendet.

Das Finanzgericht Münster hat in seinem Urteil bestätigt, dass die durch das Jahressteuergesetz 2010 rückwirkend angeordnete Besteuerung von Zinsen, die der Fiskus den Steuerzahlern auf Steuererstattungen zahlt, verfassungsgemäß ist. Die echte Rückwirkung dieser Besteuerung ist zulässig, weil der Gesetzgeber mit dieser Neuregelung eine Gesetzeslage geschaffen hat, die derjenigen entspricht, die vor dem Urteil des BFH galt. Allerdings hat das FG die Revision zum BFH (Az.: VIII R 1/11) zugelassen. (FG Münster, Urteil v. 16.12.2010, Az.: 5 K 3626/03 E)

Nachweiserleichterung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen

Im Steuerrecht ist es in den meisten Fällen so, dass das, was steuerlich geltend gemacht wird, auch nachgewiesen werden muss, entweder durch Belege oder beispielsweise durch ärztliche Atteste. Im ersten vorliegenden Fall ging es um die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen zur Behandlung einer Lese- und Rechtschreibschwäche des Sohnes der Kläger. Dieser besuchte auf ärztlichen Rat hin ein Internat mit angeschlossenem Legastheniezentrum. Die klagenden Eltern verzichteten gegenüber dem Landkreis auf Übernahme der Schulkosten. Dafür machten sie beim Finanzamt den Schulbeitrag, die Unterkunfts- und Verpflegungskosten sowie die Therapiekosten als außergewöhnliche Belastungen bei der Steuererklärung geltend. Das Finanzamt erkannte diese Kosten aber nicht als solche an. Die Klage vor dem Finanzgericht Nürnberg hatte keinen Erfolg.

Im zweiten ähnlich gelagerten Fall wollten die Eltern die Kosten für den Kauf neuer Möbel wegen der Asthmaerkrankung ihres Kindes als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt wissen. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab. Die Klage vor dem Finanzgericht Nürnberg hatte ebenfalls keinen Erfolg, da die konkrete Gefährdung der Gesundheit des Kindes nicht durch ein amtsärztliches Gutachten nachgewiesen worden war.

Erst vor dem Bundesfinanzhof bekamen beide Eltern Recht. Nach bisherigem Recht waren solche Aufwendungen nach § 33 EStG nur abzugsfähig, wenn die medizinische Indikation der jeweiligen Behandlung durch ein amts- bzw. vertrauensärztliches Gutachten oder Attest eines anderen öffentlichen Trägers nachgewiesen wurde. An dieser eigenen gefestigten Rechtsprechung hält der BFH durch das vorliegende Urteil nicht mehr länger fest und ändert in diesem Zusammenhang seine Rechtsprechung. In solchen Fällen sind die erforderlichen Feststellungen zukünftig durch das zuständige Finanzgericht nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu treffen. Das bedeutet, dass die Kläger ein Sachverständigengutachten einholen können. Dieses ist dann wie ein Privatgutachten zu behandeln und ist folglich als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen. Es kann aber nicht als Nachweis für die Richtigkeit des Vortrags gewertet werden. Aufgrund fehlender Sachkunde muss das Finanzgericht dann in solchen Fällen von Amts wegen ein entsprechendes Gutachten einholen. (BFH, Urteile v. 11.11.2010, Az.: VI R 17/09 u. VI R 16/09)

Außergewöhnliche Belastung durch Heimunterbringung

Bisher konnten die Kosten für den krankheitsbedingten Aufenthalt in einem Seniorenheim nicht bei der Einkommensteuer abgezogen werden. Diese Rechtsprechung wurde aber durch ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs aufgehoben. Eine 74-jährige Frau war nach einer stationären Behandlung im Krankenhaus auf ärztliche Empfehlung in ein Seniorenwohnheim gezogen. Während dieser Zeit hatte sie immer noch ihre Wohnung. Die Kosten für die Unterbringung im Seniorenheim machte sie als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuererklärung geltend. Diese erkannte das Finanzamt aber nicht an und wies darauf hin, dass die Klägerin weder in eine Pflegestufe eingruppiert noch das Merkmal „H” im Behindertenausweis vorhanden sei.

Das FG Köln (FG Köln, Urteil v. 28.04.2009, Az.: 8 K 1337/08) entschied, dass die Miet- und Verpflegungskosten abzüglich einer Haushaltsersparnis als außergewöhnliche Belastungen sehr wohl berücksichtigt werden können. Ein krankheitsbedingter Aufenthalt in einem Seniorenheim führt zu Krankheitskosten, die als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können. Da der Aufenthalt in dem Seniorenheim infolge der Krankheit notwendig war, ist die Pflegebedürftigkeit allein keine Voraussetzung für die steuerliche Absetzbarkeit. Das FA legte gegen dieses Urteil Revision beim BFH ein, hatte damit aber keinen Erfolg. Der BFH hat die Entscheidung des FG Köln in seinem aktuellen Urteil bestätigt. (BFH, Urteil v. 13.10.2010, Az.: VI R 38/09)

Fristverlängerung

Die reguläre Frist zum Einreichen der Einkommensteuererklärung 2010 endet für alle, die zur Abgabe verpflichtet sind und ihre Steuererklärung ohne Hilfe machen, am 31. Mai 2011. Es ist aber möglich, die Frist bis 31. Dezember 2011 zu verlängern. Dieser Antrag sollte am besten schriftlich beim zuständigen Finanzamt gestellt werden. Erhält der Antragsteller anschließend keine Antwort vom Finanzamt, gilt sein Antrag als genehmigt. Wird die Einkommensteuererklärung mithilfe eines Steuerberaters oder eines Lohnsteuerhilfevereins gemacht, so verlängert sich die Frist bis zum 31. Dezember 2011. Alle, die ihre Einkommensteuererklärung freiwillig abgeben wollen, haben inzwischen vier Jahre für die Einreichung Zeit. Beispielsweise muss die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 bis 31. Dezember 2014 eingereicht werden.

(WEI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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