Strafrechtliche Folgen des Bafög-Betruges

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Mit Entscheidung des 1. BayObLG (AZ 1 STRR 129/04) stellte das Gericht klar, dass die Nichtangabe von Vermögen in einem Bafög-Antrag als Betrug im Sinne des § 263 StGB zu bewerten ist.

Ob diese Rechtsansicht des Bayrischen Obersten Landesgerichts zutreffend ist, unterliegt ernsthaften Zweifeln. Die Ahndung von Falschangaben in Anträgen zur Ausbildungsförderung sind nach Literaturansicht als Ordnungswidrigkeit gem. § 58 I 1 Bafög zu werten.

Der Grund für die Nichtanwendbarkeit des § 263 StGB ergibt sich in den vorliegenden Fällen als Ausnahme zu § 21 OWiG daraus, dass nach Sinn und Zweck des § 58 I 1 Bafög diese Vorschrift lex specialis zum Betrugstatbestand ist.

Zur besseren Darstellung sei hier auf den Artikel von Bohnert in NJW 2003, S. 3611 verwiesen.

Eine Einordnung der rechtlichen Bewertung der Nichtangaben von Vermögensverhältnissen in Bafög-Anträgen wurde bisher von den Gerichten jedoch als Straftat im Sinne von § 263 StGB bewertet, so auch vom AG Münster (Urteil vom 16.3.2004, AZ 36 Ds 39 Js 538/03 AK 226/04).

Die meisten „Bafög-Betrüger" werden durch einen Datenabgleich nach § 41 IV Bafög ermittelt.

Ob die so gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich einer Verwertung unterliegen dürfen, ist auf Grund der gesetzlichen Regelung und Sinn und Zweck der Speicherung dieser Daten mehr als bedenklich. Die Nutzung, Erhebung und Verarbeitung dieser Daten unterliegen den Voraussetzungen des SGB X. In diesem Gesetz ist nicht geregelt, dass die Behörde die Befugnisse besitzt, Daten von Bafög-Empfängern an das Bundesamt für Finanzen zu übermitteln.

Dennoch ist hier die Praxis gegenläufig und sämtliche erhobenen Daten werden an die Bundesanstalt für Finanzen vermittelt.

Nachdem die Nichtangabe von Vermögen aufgedeckt ist, besteht neben der Pflicht zur Rückzahlung bereits zu Unrecht erbrachter Leistungen an das jeweilige Studentenwerk, müssen die Studierenden auch mit einem Strafverfahren rechnen.

Die strafrechtliche Ahndung kann für die Betroffenen erhebliche Einschnitte haben und ihre Karrierechancen empfindlich einschränken. Dieses ist insbesondere dann zu beachten, wenn eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst angestrebt wird. Sämtliche strafgerichtliche Verurteilungen werden in das Bundeszentralregister eingetragen, das vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof geführt wird.

Das polizeiliche Führungszeugnis enthält diejenigen Bundeszentralregistereintragungen, bei denen eine Strafe von mehr als 90 Tagessätzen gilt oder mehr als 3 Monate Freiheitsstrafe ausgesprochen wurden. Nur wenn in diesem Führungszeugnis „Inhalt: keine Eintragungen" steht, darf man sich als Bewerber für den öffentlichen Dienst als nicht vorbestraft bezeichnen.

Bestimmte Behörden können jedoch darüber hinaus, um eine voll umfängliche Auskunft aus dem Bundeszentralregister ersuchen, dies sind unter anderem oberste Bundes- und Landesbehörden (Kultusministerium, Justizministerium, etc.) und können die erhaltenen Auskünfte auch an nachgeordnete Behörden, wie z.B. die Bezirksregierung weitergeben.

Dementsprechend können diese Behörden alle Eintragungen im Bundeszentralregister mitgeteilt bekommen, also auch solche, die unter den oben genannten Grenzen liegen.

Daher hat ein Bewerber, der sich bei einer solchen Behörde bewirbt (z.B. als Lehrer) nur dann eine blütenweiße Weste, wenn das Betrugsverfahren durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht eingestellt worden ist.

In einem Bewerbungsverfahren taucht in der Regel die Frage an den Bewerber auf, ob er strafrechtlich verurteilt worden ist. Bewerber haben diese Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, so dass nur bei einer Einstellung des Verfahrens die Frage mit nein beantwortet werden darf.

Somit haben speziell die Amtsanwärter auf Grund ihrer Vorbildfunktion um ihre Einstellung in den Staatsdienst nach Ableistung ihres Referendariats zu fürchten, falls sie verurteilt worden sind.

Insbesondere im Hinblick auf mögliche berufliche Konsequenzen ist daher sowohl im verwaltungs- als auch im strafrechtlichen Verfahren seitens des Betroffenen äußerste Vorsicht angebracht. Da das verwaltungsgerichtliche Verfahren oft zeitlich vor dem strafrechtlichen Verfahren durchgeführt wird, sind hier einige Hinweise zu beachten.

Auch die vollständige Rückzahlung des Bafögs bietet keine Gewähr dafür, dass nicht noch ein strafrechtliches Verfahren folgt. Entsprechenden Aussagen des Studentenwerkes kommt keine Rechtsverbindlichkeit zu, denn diese sind nicht Anklagebehörde.

Auch kann die Staatsanwaltschaft als Anklagebehörde gegen den Willen von vergleichsweise milde gestimmten Studentenwerken aktiv werden und beispielsweise von sich aus Akten des Studentenwerkes beschlagnahmen. Da dem Staatsanwaltschaft so die gesamte Verwaltungsakte zur Kenntnis gelangt, sollte der Beschuldigte auch im Verwaltungsverfahren Einlassungen unterlassen, die einem Betrugsvorsatz nahe legen.

Das gleiche gilt für Äußerungen, die später zur Beurteilung, ob noch Jugendstrafe anwendbar ist, herangezogen werden. Jedoch ist die Anwendung von Jugendstrafrecht nur dann denkbar, wenn zumindest der erste von mehreren Bafög-Anträgen noch vor der Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt wurde. In diesem Zusammenhang ist eine mögliche Verjährung weit zurückliegender Betrugshandlungen zu beachten, so dass sie bei der Einstellung eine verminderte Auflage enthält.

Spätestens mit der Vorladung zur Vernehmung bei der Kriminalpolizei sollte der Beschuldigte sich gut überlegen, ob er sich selbst verteidigt oder einen Verteidiger beauftragt. Letzterer wird von Seiten der Behörde Einsicht in die Ermittlungsakte einschließlich der Bafög-Akte gewährt. Das weitere strategische Vorgehen hängt dann von dem Inhalt dieser Akte ab.

Davon unabhängig sollte sich jeder Betroffene in diesem Stadium des Verfahrens zunächst immer an das Sprichwort halten: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" und gegenüber der Polizei keine Angaben zur Sache machen. Er sollte sich auch überlegen, welche Äußerungen seine Bafög-Akte möglicherweise enthält.

In der bisherigen Rechtssprechung ist die Tendenz zu beobachten, dass die Höhe der Strafe sich vornehmlich an der Höhe des zu Unrecht ausgezahlten Bafögs orientiert.

Manche Gerichte beziehen hierbei den Darlehensanteil nicht in die Berechnung des Vermögensschadens mit ein. Dies wirkt sich auf die Betroffenen günstig aus, da bei geringen Schadenshöhen eher eine Einstellung des Verfahrens in Betracht kommt. Ob ein Verfahren eingestellt wird, hängt von den internen Richtlinien der jeweiligen Staatsanwaltschaften ab.

Unter Berücksichtigung einer Gesamtschau der bisherigen Rechtssprechung ist ab einer vierstelligen Schadenssumme nicht mit einer Einstellung des Verfahrens zu rechnen, da die Schwere der Schuld dieser entgegensteht.

Grundsätzlich kann daher Studierenden, die sich im späteren Berufsleben im öffentlichen Dienst bewerben wollen, nur anzuraten, einen Anwalt mit ihrer Vertretung zu beauftragen.

Durch eine genaue Analysierung der Akte, Darstellung der Lebensverhältnisse, sowie Darstellung wie es zu der Nichtangabe kommen konnte, können die Staatsanwaltschaft milde stimmen und so eine Verfahrenseinstellung mit geringen Auflagen ausgehandelt werden.

Gerne beraten wir Sie in dieser Angelegenheit.


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