Streit um Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der GmbH - Fachanwalt klärt auf

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Gesellschafterbeschlüsse sind für die Beteiligten meist nur eine lästige Pflicht, deren steuerlichen und gesetzlichen Ursprung mancher schon verdammt hat. Doch gerade in Situationen, in denen die Gesellschafter unterschiedlicher Auffassung über einzelne Sachthemen sind oder sogar im persönlichen Streit über das Verhalten von Mitgesellschaftern stehen, stellen Gesellschafterbeschlüsse die entscheidenden Weichen für die Beteiligten. Denkt man an die Beschlussfassung über die Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Gesellschafter oder dessen Ausschluss aus der Gesellschaft, wird die Tragweite deutlich, die eine Abstimmung über bestimmte Tagesordnungspunkte haben kann.

Für die in der Abstimmung unterlegene Partei stellt sich daher die Frage, was man gegen einen gefassten Beschluss oder vielleicht sogar gegen eine anstehende Beschlussfassung in einer Gesellschafterversammlung tun kann.

1. Klage gegen bereits gefasste Gesellschafterbeschlüsse

Hat die Gesellschafterversammlung einen Beschluss gefasst, kann dieser grundsätzlich gerichtlich überprüft werden. Eine entsprechende Klage kann im Grundsatz auch jeder Gesellschafter erheben. Erfolg hat die Klage allerdings nur, wenn der Beschluss der Gesellschafterversammlung entweder formell oder inhaltlich fehlerhaft ist.

(a) Formell fehlerhaft ist ein Gesellschafterbeschluss immer dann, wenn die vom Gesetz oder von der Satzung vorgesehenen Förmlichkeiten der Einladung und Durchführung der Beschlussfassung nicht eingehalten werden.

So können bereits kleine Fehler bei der Einladung zur Gesellschafterversammlung, in der der Beschluss gefasst wurde, den Beschluss letztlich unwirksam machen. Eine fehlende Tagesordnung, eine zu kurze Einladungsfrist, ein falscher Versammlungsort, eine versehentliche Falschadressierung des Einladungsschreibens, eine Versendung der Einladung als gewöhnlichen Brief – all diese Dinge können einen gefassten Beschluss im Nachhinein zu Fall bringen.

Auch bei der Durchführung der Gesellschafterversammlung schleichen sich ganz schnell Fehler ein. Allein die falsche Art und Weise der Abstimmung, die Leitung der Versammlung durch eine falsche Person oder die Nichtbeachtung der vielfältigen Stimmverbote kann das k.o. für alle auf der betreffenden Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse sein.

Die Praxis zeigt, dass die Beteiligten gerade bei den Förmlichkeiten der Einladung und der Durchführung der Gesellschafterversammlung oftmals Fehler begehen. Dies öffnet dem Gesellschafter, der sich gegen eine gefassten Beschluss wehren möchte, viele Türen.

(b) Inhaltlich fehlerhaft ist ein Gesellschafterbeschluss immer dann, wenn der Beschluss seinem Gegenstand nach gegen Gesetz, die Satzung oder die ungeschriebenen Treuepflichten der Gesellschafter verstößt.

Wann dies tatsächlich der Fall ist, lässt sich aufgrund der Vielschichtigkeit möglicher Verstöße nicht generalisierend sagen. Dies ist immer anhand des konkreten Einzelfalls zu entscheiden. In der Praxis handelt es sich zumeist um Verstöße gegen die sogenannte gesellschaftsrechtliche Treuepflicht (eine Art „gegenseitige Rücksichtnahmepflicht“) und gegen das aktionärsrechtliche Gleichbehandlungsgebot.

(c) Was das gerichtliche Vorgehen gegen einen Gesellschafterbeschluss anbelangt, ist zwischen sogenannten Nichtigkeitsklagen und Anfechtungsklagen zu unterscheiden.

Da beide Klagen unterschiedliche Voraussetzungen haben, ist immer sorgfältig zu prüfen, welche der beiden Klagen einschlägig ist. Vereinfacht gesagt, Nichtigkeitsklage ist bei besonders schwerwiegenden Fehlern, insbesondere schwerwiegenden formellen Fehlern, zu erheben, Anfechtungsklage dagegen bei weniger schweren, insbesondere inhaltlichen Fehlern.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Nichtigkeitsklage und Anfechtungsklage ist die Klagefrist. Eine Nichtigkeitsklage kann mehr oder weniger immer erhoben werden, eine Anfechtungsklage dagegen nur innerhalb einer bestimmten Frist, die sich entweder nach der Satzung oder der von den Gerichten als üblich angesehenen Frist von 1 Monat ab Beschlussfassung (keine starre Frist!) richtet. Anders als im Aktienrecht muss der klagende GmbH-Gesellschafter nicht an der betreffenden Gesellschafterversammlung teilgenommen oder sogar Widerspruch gegen den Beschluss erhoben haben.

2. Maßnahmen im Vorfeld einer Beschlussfassung

Es ist jedoch nicht immer notwendig und auch nicht immer ratsam, die Gesellschafterversammlung und die Beschlussfassung über die einzelnen Tagesordnungspunkte abzuwarten, um im Anschluss gerichtlich gegen die gefassten Beschlüsse vorzugehen. Gerade in Situationen, in denen ein Streit unter den Gesellschaftern zu eskalieren droht und Beschlüsse zur Abberufung / zum Ausscheiden im Raum oder sogar schon auf der Tagesordnung stehen, sollte man bereits im Vorfeld der Gesellschafterversammlung aktiv werden.

Die Gerichte erlauben es einem betroffenen Gesellschafter, in bestimmten Ausnahmefällen im Wege der einstweiligen Verfügung im Ergebnis eine Beschlussfassung über einzelne Tagesordnungspunkte zu verhindern. Denkbar sind beispielsweise die Verhinderung einer Abweichung von bestehenden Stimmrechtsvereinbarungen oder einer Gesellschafterversammlung. Zu betonen ist allerdings, dass sich dieser Weg wirklich nur in wenigen Fällen gehen lässt.

Daneben empfiehlt sich immer eine umfassende und sorgfältige Vorbereitung auf die Gesellschafterversammlung, um eventuelle Fehler der Einladung oder Durchführung der Versammlung aufzuspüren und entsprechende Handlungsstrategien bereits im Vorfeld der Versammlung zu entwickeln.

3. Praxistipps für Gesellschafter vom Fachanwalt

Gesellschafter haben durchaus eine Reihe von Möglichkeiten, sich bei einem Gesellschafterstreit gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zur Wehr zu setzen. Nicht selten ergeben sich ungeahnte Optionen, der Gegenseite die Stirn zu bieten - gerade im Fall eines Gesellschafterstreits. Hilfreich ist es dabei, bereits die Einladung zu einer Gesellschafterversammlung sorgfältig auf eventuelle formelle Fehler und bereits absehbare Beschlussfehler von einem Anwalt untersuchen lassen und sich auch unter diesem Blickwinkel umfassend auf die Versammlung vorzubereiten. 

Dr. Ronny Jänig, LL.M. (Durham)

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, jaenig@rosepartner.de


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