Strengere Anforderungen an eine Patientenverfügung – neue Rechtsprechung des BGH / August 2016

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Ein Fachbeitrag von Herrn RA Philipp Bartholomé, Dortmund

Unwirksamkeit von Patientenverfügungen

Viele Menschen haben sich bereits dazu durchgerungen, eine Patientenverfügung zu errichten bzw. errichten zu lassen. Es handelt sich hierbei um eine schriftliche Vorausverfügung einer Person für den Fall, dass sie ihren Willen nicht mehr (wirksam) erklären kann. Inhaltlich bezieht sich eine Patientenverfügung regelmäßig auf medizinische Maßnahmen, wie bspw. ärztliche Heileingriffe, und stehen zumeist im Zusammenhang mit der Verweigerung lebensverlängernder Maßnahmen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nunmehr klargestellt, dass an den Inhalt einer Patientenverfügung strenge Anforderungen zu stellen sind. In einer Entscheidung aus August 2016 (Az. BGH XII ZB 61/16) hat der BGH darauf erkannt, dass der bloße Verzicht auf „lebensverlängernde Maßnahmen“ inhaltlich nicht automatisch eine konkrete Behandlungsentscheidung darstellt. 

Schriftliche Patientenverfügungen entfalten danach lediglich dann eine unmittelbare Bindungswirkung, wenn der Verfügung eine konkrete Entscheidung des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden kann. Von vornherein nicht ausreichend bestimmt seien damit allgemeine Anweisungen in der Patientenverfügung, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen bzw. wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten sei.

Allerdings dürfen – so der BGH – die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung auch nicht überspannt werden. Es ist dem Betroffenen jedoch durchaus zumutbar, für andere umschreibend festzulegen, was in einer jeweiligen Lebens- und Behandlungssituation konkret gewollt und nicht mehr gewollt sei. Die bloße Äußerung, „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ in Erwägung zu ziehen, entfaltet jedenfalls für sich genommen nach Ansicht des BGH noch keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung. Es müssen vielmehr hinreichende Konkretisierungen, gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen.

Es handelt sich um eine wegweisende Entscheidung des BGH, möglicherweise sind damit eine Vielzahl der bislang abgefassten Patientenverfügungen unwirksam.

Unser Tipp

Wir können in Anbetracht der aktuellen Rechtsprechung des BGH nur dringend anempfehlen, die bereits abgefassten Patientenverfügungen inhaltlich überprüfen zu lassen, gerade unter Berücksichtigung der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung.

Privatschriftliche Verfügungen sowie teilweise notarielle Regelungen enthalten gerade diese Erklärungen als nicht hinreichend bindende, auf den Abbruch der künstlichen Ernährung gerichtete Patientenverfügung. Damit bezieht sich die Mehrzahl der Patientenverfügungen gerade nicht auf konkrete Behandlungsmaßnahmen, sondern benennt ganz allgemein „lebensverlängernde Maßnahmen“.

Bereits abgefasste Patientenverfügungen sollten dringend modifiziert werden, nur eine hinreichend bestimmte Verfügung ist geeignet, um im Ernstfall gravierende Missverständnisse zu vermeiden.

Wir stehen für Informationen und Rückfragen zur Verfügung!

Kanzlei Bartholome • Goosmann• Schwarzhoff

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