Sturz im Pflegeheim – Schadensersatz und Schmerzensgeld

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Unfall im Pflegeheim: Sturz eines Heimbewohners

In den meisten Fällen dient die Aufnahme eines Patienten oder einer Patientin in ein Pflegeheim gerade der Verhinderung von Unfällen und Verletzungen. Insbesondere Stürze passieren in höherem Alter durch Unachtsamkeit oder durch Einschränkungen der Sinnesorgane und des Stütz- und Bewegungsapparates deutlich häufiger. Das Hauptaugenmerk des Pflegepersonals sollte also dahin gehen, das Risiko von Unfällen innerhalb der Räumlichkeiten des Pflegeheims zu minimieren. Ganz auszuschließen ist es naturgemäß nicht. Kommt ein Heimbewohner nun bei einem Unfall zu Schaden, stellt sich die Frage, ob dies auf mangelnde Sorgfalt des Personals oder auf die eigenverantwortliche Risikosphäre des Bewohners zurückzuführen ist. Denn nur ersteres lässt Ersatzansprüche des Bewohners gegen den Heimbetreiber entstehen.

Wozu ist der Heimbetreiber verpflichtet?

Zu einem umfassenden Schutz vor Unfällen verpflichtet der geschlossenen Heimvertrag den Heimbetreiber und sein Personal nur dann, wenn auch ein über das Durchschnittsmaß hinaus erhöhtes Sturzrisiko erkennbar war. Ein solches kann insbesondere auf die folgenden Anhaltspunkte zurückzuführen sein:

  • verschiedene (Vor-)Erkrankungen wie Muskelschwäche, schlechte Balance, Gangstörungen, Demenz, frisch implantierte Hüftkopfprothese  
  • Multimedikation
  • vorangegangene Unfälle

Ist diese Schwelle zum besondere Sturzrisiko dagegen nicht überschritten, fallen Verletzungen eines Bewohners nicht in den Verantwortungsbereich des Heimbetreibers, sondern werden nach dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit dem allgemeinen Lebensrisiko zugerechnet.

Mit welchen Maßnahmen kann der Heimbetreiber diese Pflichten umsetzen?

Die Frage nach der Geeignetheit konkreter Schutzmaßnahmen richtet sich im Wesentlichen danach, was für Heimbetreiber und Personal erforderlich und zumutbar ist.

In einem Fall, der vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken verhandelt wurde, sollte eine Pflegekraft eine Bewohnerin zur Vermeidung von Stürzen beim Toilettengang begleiten. Diese wurde aufgefordert, neben dem Waschbecken stehen zu bleiben und sich an den dort angebrachten Haltegriffen festzuhalten. Anschließend wandte sich die Pflegekraft um, um einen Toilettenstuhl herbeizuholen. In diesem Moment stürzte die Bewohnerin. Nach Ansicht der Richter wäre es hierbei erforderlich und zumutbar gewesen, die Bewohnerin sofort und jederzeit beaufsichtigt zum Toilettenstuhl zu führen, darauf zu setzen und mit dem Stuhl zum Waschbecken zu fahren (OLG Zweibrücken, Urteil vom 01.06.2006, 4 U 68/05).

Auf freiheitsentziehende Maßnahmen wie Fixierungen oder Bettgitter darf aufgrund des damit verbundenen Eingriffs in die Grundrechte des Heimbewohners nur in Ausnahmefällen und nur als letztes Mittel zurückgegriffen werden.

Dass der Heimbetreiber und sein Personal trotz einem erhöhten Sturzrisiko nicht schützend tätig geworden sind, muss grundsätzlich der geschädigte Bewohner selbst beweisen. Etwas anderes gilt nur in den Grenzen des voll beherrschbaren Risikos. Beweiserleichterungen zugunsten des Bewohners greifen ein, wenn sich der Unfall bei Pflege- oder Betreuungsmaßnahmen ereignet hat, die in den voll beherrschbaren Gefahrenbereich des Heimbetreibers fallen. In diesen besonderen Fällen wird das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung vermutet.

Welche Ansprüche bestehen bei einer Pflichtverletzung? Schadensersatz und Schmerzensgeld

Konnten Pflichtverletzung und Vertretenmüssen – das Verschulden des Pflegepersonals wird dem Heimbetreiber wie ein eigenes Verschulden zugerechnet – bejaht werden, stehen dem zu Schaden gekommenen Heimbewohner im Wesentlichen zwei Anspruchsgrundlagen zur Verfügung.

Zunächst besteht nach § 280 Abs. 1 BGB ein vertraglicher Ersatzanspruch, der jedoch lediglich auf einen einfachen Schadensausgleich gerichtet ist.

Mit dem ebenfalls bestehenden deliktischen Ersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB respektive § 831 BGB kann dagegen neben einem einfachen Schadensersatz auch Schmerzensgeld geltend gemacht werden.

Sowohl vertragliche, als auch deliktische Ansprüche gehen im Falle des Todes des Heimbewohners im Wege der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge auf seine Erben über. Diese können die Ansprüche nun geltend machen.  



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