Teilnahme an Bauernprotest - Habe ich mich strafbar gemacht?

  • 5 Minuten Lesezeit

Im ganzen Land rollen aktuell die Traktoren über Straßen und Autobahnen, um gegen die Steuererhöhungen in der Landwirtschaft zu demonstrieren. Friedliche Proteste sind als legitime politische Ziele vom Grundgesetz geschützt, doch auch hier gibt es Grenzen. Wer sich im Rahmen dieser Proteste nicht innerhalb der geltenden Gesetze bewegt, riskiert ein Strafverfahren. 


Welche Straftatbestände können durch eine Teilnahme an den Bauernprotesten verwirklicht werden?


1. Wer sich an Straßenblockaden beteiligt riskiert ein Strafverfahren wegen Nötigung: 

Nach § 240 Abs. 1 und Abs. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft,

(1) wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

Dass die Teilnahme an einer Straßenblockade ein Strafverfahren wegen Nötigung gemäß § 240 Abs. 1 StGB nach sich ziehen kann, ist spätestens seit den Urteilen gegen die Klimaaktivisten unumstritten. Durch solche Straßenblockaden, die einer gezielten Lahmlegung des Verkehrs dienen, werden andere Personen für eine nicht unerhebliche Zeit physisch blockiert. In diesen Eingriffen in die Rechte anderer Personen sieht die Rechtsprechung eine tatbestandsmäßige Nötigung. 

Weiterhin sind diese Straßenblockaden auch nach § 240 Abs. 2 StGB als verwerflich einzustufen. Unabhängig davon, ob der Unmut der Bauern nachvollziehbar ist, gehen die deutsche Gerichte nämlich davon aus, dass kein noch so verständliches Ziel, den gezielten Eingriff in die Rechte anderer rechtfertigen kann.


2. Werden bei den Straßenblockaden Rettungswege blockiert kommt darüber hinaus eine Strafbarkeit wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Betracht: 

Nach § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft,

wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er Hindernisse bereitet und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Werden durch die Straßenblockaden entgegen der klaren Absprache doch Rettungswege blockiert so steht auch eine Strafbarkeit nach § 315b Abs. 1 Nr. 2 StGB im Raum. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass nachgewiesen werden kann, dass durch die Straßenblockade auch Leib oder Leben eines anderen Menschen konkret gefährdet wurde. In der Realität wird dies oftmals nur schwer zu beweisen sein. Sollte dieser Nachweis jedoch wider Erwarten gelingen, so stehen nicht unerhebliche Geldstrafen samt Entzug der Fahrerlaubnis im Raum. 


3. Werden Rettungsfahrzeuge von Feuerwehr oder Notärzten blockiert, so ist auch der Straftatbestand des §§ 115 Abs. 3, 113 StGB verwirklicht:

Nach § 113 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, 

wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet.

Auch hierbei wird die Blockade der Straße als Gewalt im Sinne des Tatbestandes eingeordnet. § 115 Abs. 3 StGB sorgt sodann dafür, dass von der Vorschrift nicht nur Amtsträger und Soldaten geschützt werden, sondern auch im Einsatz befindliche Rettungskräfte. 

Nach § 115 Abs. 3 StGB wird nach § 113 StGB nämlich auch bestraft, 

wer bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not Hilfeleistende der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes, eines Rettungsdienstes, eines ärztlichen Notdienstes oder einer Notaufnahme durch Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt behindert. 


4. Kommt es während den Protesten aus der demonstrierenden Menschenmenge heraus zu Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder zu Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit, so ist auch der Straftatbestand des Landfriedensbruchs verwirklicht: 

§ 125 Abs. 1 StGB lautet hierbei wie folgt: 

Wer sich an (1) Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder (2) Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Dabei wird unter Gewalttätigkeit der Einsatz von physischer Kraft durch aggressives, gegen die körperliche Unversehrtheit von Menschen oder gegen Sachen gerichtetes aktives Tun von einiger Erheblichkeit verstanden, durch welchen letztlich Zwang ausgeübt wird. Darüber hinaus ist weder eine konkrete Gefährdung eines Rechtsguts noch der tatsächliche Eintritt einer Rechtsgutsverletzung erforderlich.  Anders als bei der Nötigung und dem dort genannten Tatbestandsmerkmal der Gewalt genügt für die Bejahung einer Gewalttätigkeit im Sinne des § 125 Abs. 1 StGB nicht die bloße Teilnahme an einer Sitzblockade. Grund hierfür ist der Umstand, dass passives Verhalten den Tatbestand des § 125 Abs. 1 StGB nicht erfüllen kann. 

Ebenso wenig erfüllen innerhalb der Menschenmenge stattfindende Gewalttätigkeiten sowie solche die außerhalb der Menschenmenge begangen werden, den Tatbestand des § 125 Abs. 1 StGB. 

In der Vergangenheit sind insbesondere folgende Handlungen als Gewalttätigkeit im Sinne des Tatbestands verstanden worden: 

Das Wegdrängen von Polizeibeamten, das Errichten von Barrikaden, ebenso wie das Werfen von Eiern, Tomaten oder Erdklumpen. Ausreichend ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, jedoch ebenso das herausfordernde und provozierende Mitmarschieren in einer gewaltbereiten Menschenmenge. 


5. Sollten bei den Protesten Gegenstände vorsätzlich beschädigt oder zerstört werden, droht  eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung: 

Die Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB wird allein nur in seltenen Fällen vom Staat verfolgt und meist mit einer geringen Geldstrafe geahndet. Wurden daneben jedoch andere Delikte verwirklicht, so drohen auch hier empfindliche Geldstrafen.


⚠️ Unser Fazit ⚠️

Auch wenn der Ärger über die geplanten Steuererhöhungen in der Landwirtschaft aktuell groß ist, sollte stets darauf geachtet werden, dass die Proteste friedlich und im Rahmen der geltenden Gesetze stattfinden. Wer sich hieran nicht hält, riskiert schnell empfindliche Geldstrafen oder sogar den Entzug der Fahrerlaubnis. 

Sollten Sie doch im Rahmen der Proteste mit den geltenden Gesetzen in Konflikt geraten sein, zögern Sie nicht einen Anwalt zu konsultieren. Dieser kann schnellstmöglich eine passende Verteidigungsstrategie entwickeln und gezielt auf eine Einstellung hinwirken. 

Gerne stehen wir Ihnen in diesen Fällen zur Verfügung. 




Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/traktor-mäher-weide-wiese-3571452/

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Kira Voll

Beiträge zum Thema