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Tempoverstoß: Fahrtenbuchauflage bei Aussageverweigerung?

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Wer in eine Radarfalle getappt ist, bekommt kurze Zeit später sehr wahrscheinlich Post von der Bußgeldstelle. Kann die Identität des Rasers anhand des Blitzerfotos dagegen nicht festgestellt werden, muss die Polizei weiter ermitteln. Hierzu wird dem Fahrzeughalter ein Anhörungs- bzw. Zeugenfragebogen zugeschickt, in dem er etwa Angaben zum wahren Täter oder zumindest zu den Nutzungsberechtigten macht. Er kann aber auch von seinem Zeugnis – bzw. Aussageverweigerungsrecht nach den §§ 52, 55 StPO (Strafprozessordnung) Gebrauch machen. Dann muss er jedoch mit einer Fahrtenbuchauflage rechnen.

Kfz-Halterin verweigert ihre Aussage

Eine Fahrzeughalterin erhielt von der Polizei einen Fragebogen, nachdem jemand fünf Wochen zuvor mit ihrem Auto wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 48 km/h geblitzt worden war. Die Polizei konnte den Autofahrer aufgrund der schlechten Bildqualität nicht ermitteln und „bat“ somit die Fahrzeughalterin um Hilfe. Die verweigerte jedoch jegliche Aussage nach den §§ 52, 55 StPO.

Da der Raser unauffindbar blieb, wurde das Bußgeldverfahren zwar eingestellt. Dafür wurde die Fahrzeughalterin jedoch zum achtmonatigen Führen eines Fahrtenbuchs verpflichtet. Hiergegen zog die Frau vor Gericht. Schließlich könne sie nicht mit einer Fahrtenbuchauflage „bestraft“ werden, wenn sie sich zu Recht auf ihr Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht berufe. Im Übrigen sei die Fahrtenbuchauflage schon deswegen unzulässig, weil sie über den Geschwindigkeitsverstoß nicht nach zwei, sondern erst nach fünf Wochen mittels Fragebogen informiert worden ist. Letztendlich seien mit ihrem Fahrzeug seit dem Blitzervorfall keine weiteren Verkehrsverstöße begangen worden – das Führen eines Fahrtenbuchs sei daher nicht mehr erforderlich.

Fahrtenbuchauflage dient der Verkehrssicherheit

Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz hielt die Fahrtenbuchauflage nach § 31a I 1 STVZO (Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) für rechtmäßig.

Schließlich konnte der Raser auch nach ausreichenden Polizeiermittlungen nicht gefunden werden. In diesem Zusammenhang war auch die Fahrzeughalterin um Mitwirkung gebeten worden. Sie hätte daher Angaben zum damaligen Fahrzeugführer machen oder wenigstens die Täterfeststellung fördern müssen, indem sie die anderen Fahrzeugnutzer über den Vorfall befragt. Stattdessen hat sie sich auf ihr Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht berufen und somit jegliche Mithilfe kategorisch abgelehnt. Weitergehende und wenig erfolgversprechende Ermittlungen waren der Polizei nicht zuzumuten.

Daher war es zulässig, die Fahrzeughalterin zum Führen eines Fahrtenbuchs zu verpflichten. Schließlich ist eine Fahrtenbuchauflage nicht als Bestrafung zu verstehen – sie soll vielmehr der Verkehrssicherheit sowie der vorbeugenden Gefahrenabwehr dienen und dafür sorgen, dass der Fahrzeughalter bei der Überlassung seines Kfz an Dritte seinen Aufsichtspflichten nachkommt und im Fall eines Verkehrsverstoßes durch diesen bei der Tätersuche hilft.

Kein „doppeltes Recht“

Zwar durfte sich die Fahrzeughalterin durchaus auf ihr Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht berufen. In diesem Fall musste sie aber auch mit den darauffolgenden Konsequenzen – also der Fahrtenbuchauflage – leben. Einem Fahrzeughalter steht nämlich kein sog. „doppeltes Recht“ zu. Er darf also nicht einerseits seine Mitwirkung bei der Tätersuche verweigern und andererseits auch noch von einer Fahrtenbuchauflage verschont bleiben. Sein Zeugnis- bzw. Aussageverweigerungsrecht wird durch die Auflage schließlich nicht eingeschränkt.

Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist ist unschädlich

Zwar hat die Fahrzeughalterin tatsächlich erst nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist Kenntnis von dem Verkehrsverstoß erhalten. Dabei ist aber zu beachten, dass diese Frist gesetzlich nicht geregelt wurde und von der Rechtsprechung nur deshalb angewendet wird, weil davon auszugehen ist, dass sich Personen innerhalb dieses zeitlichen Rahmens an Vorfälle noch relativ gut erinnern und somit zur Aufklärung bestimmter Sachverhalte beitragen können. Wer also erst nach Monaten einen Fragebogen bekäme, könnte wahrscheinlich keine brauchbaren Angaben mehr machen – was die erfolgreiche Suche nach dem Täter erheblich erschweren, wenn nicht sogar verhindern würde.

Vorliegend war aber das verspätete Zusenden des Fragebogens nicht ursächlich für die erfolglosen polizeilichen Ermittlungen – sondern vielmehr die mangelnde Mitwirkung der Fahrzeughalterin bei der Täterfindung. Daran hätte sich auch bei Zusendung des Fragebogens innerhalb der Zwei-Wochen-Frist nichts geändert. Damit war die Fahrtenbuchauflage trotz Nichteinhaltung der Frist rechtmäßig.

Dauer der Fahrtenbuchauflage ist angemessen

Aufgrund des erheblichen Verkehrsverstoßes war auch die Dauer der Fahrtenbuchauflage als verhältnismäßig einzustufen. Zwar hat die Fahrzeughalterin vorgebracht, dass mit ihrem Auto seit dem Blitzervorfall keine Verkehrsverstöße mehr begangen worden seien. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Wagen schon einmal verkehrswidrig genutzt wurde und daher auch in Zukunft erneut verkehrswidrig benutzt werden könnte. Anderes hätte etwa gelten können, wenn die Halterin des Pkw erklärt hätte, den Wagen nur noch alleine zu verwenden. Auch die Einstellung des Bußgeldverfahrens führt zu keinem anderen Ergebnis. Hiermit soll schließlich nur ein Verkehrsverstoß geahndet werden, während das Führen eines Fahrtenbuchs der Verkehrssicherheit dienen soll.

(VG Koblenz, Urteil v. 13.01.2015, Az.: 4 K 215/14.KO)

(VOI)

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