Termin abgesagt, Patient kommt nicht: Ausfallhonorar oder Schadensersatz?

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Oftmals ist es den Patienten nicht möglich, Behandlungstermine einzuhalten, sodass dieser abgesagt wird. In einem solchen Falle stellt sich die Frage, ob der behandelnde Arzt oder Zahnarzt ein Ausfallhonorar für den ausgefallenen Termin oder vielleicht Schadensersatz verlangen kann.

Grundsätzlich ist dies nicht möglich. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt selbstverständlich auch im Rechtsverhältnis zwischen dem Arzt bzw. Zahnarzt und dem Patienten. Nach diesem Grundsatz ist der Behandler verpflichtet, im Falle des Ausbleibens eines Patienten einen anderen Patienten zu behandeln. Die Vereinbarung eines Behandlungstermins hat auch nicht etwa den Charakter eines Fixgeschäftes, sondern dient lediglich der Organisation des Praxisablaufes. (LG Konstanz in NJW 1994, 3015; OLG Stuttgart Urteil vom 12.04.2007, Az: 1 U 154/06). Der Patient kann den Behandlungsvertrag gemäß § 627 Abs. 1 BGB jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Diese Kündigung muss nicht schriftlich erfolgen. Sie kann auch durch ein konkludentes Verhalten, nämlich das Nichterscheinen zum Termin, erfolgen (AG Heilbronn Urteil vom 13.10.1994, Az: 2 C 1964/94; AG Stuttgart Urteil 28.02.1995, Az: 10 C 14161/94). Es wird aber deutlich, dass nach der Rechtsprechung im Falle einer Bestellpraxis andere Regelungen gelten und hier eher ein Ausfallhonorar zugestanden wird.

Es haben sich Fallgruppen herausgebildet, in denen dennoch die Zahlung eines Ausfallhonorars verlangt werden kann:

1. Es handelt sich um eine langfristig geplante Behandlung und ein Ersatzpatient steht nicht zur Verfügung

Einige Behandlungen müssen langwierig vorbereitet werden, wie z. B. umfangreiche zahnprothetische Maßnahmen. Wenn in einem solchen Falle, in dem der Behandlung eine langfristige Planung vorausgeht, ein Termin ausfällt und kein Ersatzpatient zur Verfügung steht, kann gem. § 615 BGB ein Anspruch auf Zahlung eines Ausfallhonorars gegeben sein (AG München in NJW 1994, 3014).

2. Vorherige Vereinbarung eines Ausfallhonorars und kurzfristige Absage des Termins

Manche Ärzte bzw. Zahnärzte vereinbaren mit ihren Patienten die Zahlung eines Ausfallhonorars bzw. weisen sie gesondert darauf hin, dass im Falle der Absage eines Termins ein Ausfallhonorar verlangt wird (Praxisaushang). Hier stellt sich immer wieder die Frage, ob das Ausfallhonorar wirksam vereinbart wurde oder ob beispielsweise ein Aushang in der Praxis ausreicht. Weiter ist es oftmals problematisch, ob es ausreichend ist, wenn mit dem Patienten eine Ausfallhonorarvereinbarung während des ersten Besuches bei dem jeweiligen Arzt oder Zahnarzt vereinbart wird, wobei der abgesagte Behandlungstermin Jahre später hätte stattfinden sollen. Diese Frage wird dann relevant, wenn es sich um besonders langjährige Patienten handelt. Hier wird teilweise vertreten, dass die Zahlung eines Ausfallhonorars immer aktuell für die jeweilige Behandlung vereinbart werden muss.

Ist die Zahlung eines Ausfallhonorars aber wirksam vereinbart und wird der Termin kurzfristig abgesagt, kann ein Anspruch auf Zahlung des Ausfallhonorars  bestehen. Kurzfristig in diesem Sinne bedeutet „... nicht weniger als 24 Stunden vorher." Wenn ein Termin weniger als 24 Stunden vorher abgesagt wird, ist dies als kurzfristig anzusehen (AG München VuR 12/98, 421 ff.). Es kann aber Praxisbesonderheiten geben, die eine längere Absagefrist rechtfertigen.

Sofern der Behandlungstermin einvernehmlich verlegt wird, soll nach Auffassung einiger Gerichte ein Ausfallhonorar nicht mehr § 615 BGB verlangt werden dürfen (LG München II in NJW 1984, 671; LG Hannover NJW 2000, 1799).

3. Schadensersatz im Falle einer Terminabsage

Sofern ein Ausfallhonorar nicht über die Regelung des § 615 BGB verlangt werden kann, wird vielfach versucht, Schadensersatz geltend zu machen (§ 252 BGB). Dies ist grundsätzlich möglich. Allerdings muss der Arzt oder Zahnarzt sehr detailliert vortragen, dass ein Patient sich in der Praxis wegen einer Behandlung gemeldet hat und eine Absage erhielt, weil der Termin bereits vergeben war, wobei dieser Termin dann später abgesagt wurde. Es werden sehr hohe Anforderungen an die Darlegungslast gestellt und der Arzt oder Zahnarzt muss alle Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches umfassend darlegen und beweisen.

Wie sieht die wirksame Vereinbarung eines Ausfallhonorars aus?

Ärzte und Zahnärzte können in dieser unsicheren und unübersichtlichen Situation nicht dafür sorgen, immer ein Ausfallhonorar zu erhalten, wenn ein Termin abgesagt wird. Sie können aber zumindest die Chancen darauf erhöhen, indem vernünftige Vereinbarungen über ein Ausfallhonorar getroffen werden. Eine solche Vereinbarung sollte mindestens folgende Punkte enthalten:

  • Weisen Sie darauf hin, dass der vereinbarte Termin nur für den jeweiligen Patienten freigehalten wird.
  • Weisen Sie darauf hin, bis zu welchem Zeitraum die Terminabsage erfolgen muss und in welcher Form dies zu geschehen hat (Telefon, schriftlich, Fax, E-Mail), damit kein Ausfallhonorar anfällt.
  • Weisen Sie darauf hin, dass anderenfalls ein Ausfallhonorar verlangt wird.
  • Weisen Sie darauf hin, wie hoch das Ausfallhonorar sein wird.
  • Datum und Unterschrift: Selbstverständlich ist die Vereinbarung vom Arzt bzw. Zahnarzt und vom Patienten zu unterschreiben und mit einem Datum zu versehen.

Der Zeitpunkt, bis zu welchem ein Termin abgesagt werden kann, hängt von den Besonderheiten Ihrer Praxis ab, sollte aber zwischen 24 und 48 Stunden betragen. Hier sollte aber auf die genaue Formulierung geachtet werden. Ist beispielsweise ein Termin für Montag früh vereinbart, dann muss für einen solchen Termin eine längere Absagefrist als 24 Stunden gelten.


Mehr zum Thema: "Ausfallhonorar - Neues vom Bundesgerichtshof"



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