Tipps zum richtigen Verhalten nach einem Motorradunfall

  • 4 Minuten Lesezeit

Anfangen möchte ich mit einem ganz einfachen praktischen Tipp: Nehmt einen kleinen Plastikbeutel, steckt da ein paar Seiten Papier und einen Stift rein und steckt das kleine Paket jetzt gleich in Eure Motorradjacke. Damit komme ich auch gleich zu meinem Haupttipp und der lautet: dokumentieren.

Geht davon aus, dass die Gerichtsverhandlung erst mehrere Monate nach Eurem Motorradunfall stattfindet, falls Euer Fall vor Gericht geklärt werden muss. In diesem Verfahren können viele kleine Dinge eine wichtige Rolle spielen und dann erweist es sich als äußerst wertvoll, wenn Ihr gleich nach dem Motorradunfall alles aufgeschrieben habt.

Bedenkt bitte, dass Euer Anwalt bei dem Motorradunfall nicht dabei war. Er ist also dringend auf Eure Mithilfe angewiesen. Die besten Ergebnisse erziele ich regelmäßig, wenn Anwalt und Mandant ein gutes Team bilden.

Was sollte nun dokumentiert werden?

Das Wichtigste, der Eintrittsschlüssel in die Schadensregulierung, ist das Kfz-Kennzeichen (Kz.) Eures Unfallgegners.

Klingt auch wieder sehr einfach und banal. Ich kann aber gar nicht deutlich genug betonen, wie wichtig es ist, das Kz. vollständig und in der richtigen Reihenfolge zu notieren.

Gerade habe ich einen Fall, da hat der Mandant das Kz. notiert, aber leider nur fast richtig. Die angeschriebene gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung hat die Regulierung – leider völlig zu Recht – abgelehnt; das Fahrzeug sei dort überhaupt nicht versichert. Das gibt erstmal ratlose Gesichter. Damit bestand dann schon der Verdacht, dass das Kz. falsch ist. Die daraufhin angeschriebene Zulassungsstelle hat dann erstmal geantwortet, dass hier Kz. und angeblicher Halter nicht übereinstimmen. Schließlich ist es uns doch noch gelungen, das richtige Kz. herauszufinden, da glücklicherweise Fahrer und Halter hier identisch waren.

Um die ggf. auftretende Verwechslungsgefahr zu illustrieren habe ich ein kleines Bild beigefügt:

R – AB 345
R – BA 345
R – BA 543
R – AB 543

Bitte bedenkt, dass Ihr nach einem Motorradunfall vermutlich verletzt seid und einen Schock habt, also kann es nicht schaden, sich das schon mal bewusst zu machen.

Mit dem richtigen Kz. kann ich dann über eine Online-Datenabfrage mit spezieller Zugangsberechtigung die für die Regulierung zuständige gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung herausfinden.

Ein Mandant hatte es hervorragend gelöst: Er hat einfach das Auto mit Kz., den Personalausweis des Fahrers und den Fahrzeugschein fotografiert.

Sehr wichtig sind diese Daten und natürlich auch Fotos von der Unfallstelle, vom Schaden an den beteiligten Fahrzeugen und von der Stellung der beteiligten Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Kollision. Ihr solltet auch – sobald es geht – den Unfallhergang exakt in allen Einzelheiten notieren und eine genaue Unfallskizze anfertigen.

Nicht vergessen: bitte auch die Personalien aller Zeugen notieren.

Es gibt diesen allgemeinen, weit verbreiteten Unfallaufnahmebogen, den üblicherweise Versicherungen verteilen. Falls Ihr den noch nicht habt, am besten gleich besorgen und unter die Sitzbank legen.

Erwähnen möchte ich noch die Punkte „Absicherung der Unfallstelle“ und „Erste Hilfe leisten“.

Eine wichtige Frage ist: Polizei rufen oder besser nicht?

Bei einem kleinen Bagatell-Unfall muss es nicht sein; es kann Euch sogar passieren, dass die Polizei dann gar nicht kommen will. Dann ist es allerdings umso wichtiger, auf die Dokumentation aller Daten sowie auf Nachweise zu achten.

Sobald Ihr aber nicht unerheblich verletzt seid, würde ich Euch empfehlen, die Polizei zu rufen. Wahrscheinlich seid Ihr dann nämlich gar nicht mehr in der Lage, alles zu dokumentieren und dann übernimmt die Polizei das für Euch. Euer Anwalt kann es über ein Akteneinsichtsgesuch danach in Erfahrung bringen.

Verschweigen möchte ich nicht, dass die Polizei natürlich auch ermittelt, ob es hier eine Verkehrsordnungswidrigkeit oder Verkehrsstraftat zu verfolgen gibt (dazu mehr in späteren Artikeln).

Sobald Ihr einen Schaden habt, der oberhalb der Bagatellgrenze liegt (Faustregel: mehr als 700,00 – 1.000,00 Euro Fahrzeugschaden), sollte Ihr über einen Kfz-Sachverständigen ein Schadensgutachten erstellen lassen. Wenn der Gegner die volle Schuld bekommt, muss seine Versicherung Eure Gutachterkosten auch voll übernehmen. Wie übrigens auch Eure Anwaltskosten. Und nutzt bitte Euer Recht, den Gutachter selbst auszuwählen und zu beauftragen. Euer Anwalt kann Euch da sicher einen guten Gutachter empfehlen. Ein Gutachter hat i.d.R. einen gewissen Ermessensspielraum bei der Erstellung des Schadensgutachtens. Ich denke, ich brauche nicht näher ausführen, wie er diesen Spielraum nutzt, wenn sein Auftraggeber eine Versicherung ist, von der er gerne weitere Aufträge haben möchte und wohl auch wirtschaftlich abhängig ist.

Falls Ihr Eure Motorradtour nicht ohnehin mit einer Fahrt im Krankenwagen beendet, geht bitte gleich nach dem Motorradunfall zum Arzt und lasst Euch durchchecken.

Sehr schön, wenn Euch nichts fehlt, aber falls doch, bitte auch das gleich mit Fotos dokumentieren.

Wenn Ihr Schmerzensgeld und Haushaltsführungsschaden geltend machen möchtet, dann müsst Ihr zwei wichtige Dinge nachweisen: Plausibilität und Kausalität; einfach ausgedrückt: dass diese akute Verletzung auch direkt durch dieses Unfallereignis verursacht worden ist. Oder anders ausgedrückt: nicht jedes kleine Zwicken im Hals ist ein HWS, das die Versicherung veranlasst, ein üppiges Schmerzensgeld zu bezahlen.

Abschließend wünsche ich Euch, dass Ihr meine Ausführungen gar nicht braucht und unfallfrei bei bestem Motorradwetter in die neue Saison startet.

DLzG

Dominik Ruf

P.S.: Hier geht es zu meinem Blog, auf dem Ihr weitere Artikel zum Motorradfahrerrecht findet: http://www.motorradfahrerrecht.de/



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwälte Franke • Ruf in Bürogemeinschaft

Beiträge zum Thema