U+C / Porno-Stream Abmahnungen stellen gesamtes Internet in Frage

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In ihrer Verzweiflung hat die Pornoindustrie ein neues „Geschäftsmodell" entdeckt. Diesem liegen indes rechtlich nicht haltbare Forderungen zugrunde. Es handelt sich damit lediglich um ein perfides „Spiel mit der Angst" privater Internetnutzer.

Aller Voraussicht nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis die nächste Abmahnwelle der verrufenen Kanzlei U+C wegen Porno-Streamings losgetreten wird. Auch dann wieder werden tausende Abgemahnte den Forderungen der Pornoindustrie nachkommen, ohne diese überhaupt in Frage zu stellen.

Bereits die ersten, vor ca. 2 Wochen im Auftrag der Archive AG versandten Abmahnungen der U+C Anwälte haben - unter Zugrundelegung einer Zahl von 10.000 Abmahnungen, pauschalen Forderungen in Höhe von jeweils 250,00 € sowie einer realistischen „Erfolgsquote" von 30 % - Zahlungseingänge in einer Größenordnung von ca. 750.000,00 € (!) generiert.

Wofür? Für die Geltendmachung von Forderungen, die nach deutschem Recht nicht gegeben sind.

Denn unabhängig davon, wie man die Frage beantwortet, ob die Zwischenspeicherungen beim Streaming als „vorübergehende Vervielfältigungshandlungen" nach § 44 a UrhG anzusehen sind, handelt es sich bei den über Portale wie Redtube oder Youporn verbreiteten Pornofilmen nicht um offensichtlich rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungsstücke im Sinne des § 53 Abs. 1 S.1 UrhG. Offensichtlich rechtswidrig hergestellt sind solche Dateien nämlich nur dann, wenn die Möglichkeit einer Erlaubnis durch den jeweiligen Rechteinhaber ausgeschlossen werden kann. Dies ist bei Portalen wie Redtube und Youporn aber gerade nicht der Fall. Für die Nutzer dieser Portale ist es unmöglich nachvollziehbar, ob ein Video dort rechtmäßig (vom Rechteinhaber selbst oder von einem Lizenznehmer) oder unrechtmäßig (ohne Einwilligung des Rechteinhabers) eingestellt wurde.

Was den meisten Betroffenen und auch so manchen Juristen offenbar nicht bewusst ist, ist die Tatsache, dass die im Rahmen der Porno-Abmahnungen vertretene Rechtsauffassung das gesamte Internet in Frage stellt. Wäre die „Offensichtlichkeit" der Rechtswidrigkeit für die Annahme einer Urheberrechtsverletzung nämlich nicht erforderlich, so hätte dies das Ende des Streamings (d.h. die Möglichkeit, Videos, Clips etc. online anzusehen) zur Folge.

Denn jede öffentlich zugänglich gemachte Datei könnte ja rechtswidrig eingestellt worden sein. Jedes private, etwa auf Youtube eingestellte Video könnte Hintergrundmusik oder Fotos enthalten, an denen die erforderlichen Lizenzen nicht erworben wurden. Wie sollte der Nutzer dies erkennen? Der Besuch von Internetportalen wie Youtube oder das Ansehen von Videos, die auf Spiegel Online oder anderen Internetpräsenzen eingebunden wurden, wäre in Zukunft mit erheblichen Risiken verbunden.

Eine solche, von der Kanzlei U+C vertretene Rechtsauffassung entspricht - glücklicherweise - nicht der geltenden Rechtslage in Deutschland. Die neuerlichen Abmahnungen wegen Porno-Streamings werden deshalb auch vor Gericht keinerlei Bestand haben. Bis in dieser Sache allerdings ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, können Jahre vergehen. Bis dahin ist den betroffenen Abgemahnten auch weiterhin zu raten:

1. Keinerlei Zahlungen leisten,

2. Keinesfalls eine Unterlassungserklärung abgeben

3. Für den Fall der Unwirksamkeit der Abmahnung wie im Rahmen der 1. Abmahnwelle der Kanzlei U+C eigene Zahlungsansprüche nach § 97 a Abs. 2 UrhG n.F. geltend machen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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