Umsatzsteuer/Betriebsprüfung: Rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich

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Aufgrund der steten Zunahme von Betriebsprüfungen und den hohen Anforderungen des Umsatzsteuerrechtes liegen oftmals formale Fehler bei den Eingangs- und Ausgangsrechnungen des Unternehmers vor. Zwar war es zuletzt auch schon möglich die Rechnungen zu korrigieren und im laufenden Jahr anzumelden, jedoch blieb der Zinsschaden haften. Bei 6 % Zinsen und einem meist Jahre zurückliegenden Zeitraum kam da oftmals ein hoher Betrag als Schaden heraus. Nunmehr ist die rückwirkende Korrektur nebst Vermeidung einer Zinszahlung möglich. 

Das Niedersächsische Finanzgericht hat ernstliche Zweifel an der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung geäußert, wonach eine Rechnungsberichtigung keine Rückwirkung entfalten könne (FG Niedersachsen, Beschluss v. 1.10.2013 - 5 V 217/13).

Hintergrund: In dem o.g. Verfahren über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung) ging es um die Rechtsfrage, ob eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung zurückwirkt. Nach Ansicht der Finanzverwaltung kann der Vorsteuerabzug bei Rechnungsberichtigungen erst zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, in dem die Berichtigung erfolgte und diese dem Rechnungsempfänger übermittelt wurde (Abschn. 15.2 Abs. 5 UStAE). Ob an dieser Auffassung nach der neueren Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Pannon Gép (Rs. C-368/09) und nachfolgend in der Rechtssache Petroma Transports (Rs. C-271/12) noch festgehalten werden kann, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.

Sachverhalt: Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, da die erteilten Gutschriften keine ordnungsgemäßen Rechnungen darstellten. Weder in den Provisionsabrechnungen noch in den Anlagen zu den Abrechnungen waren die Steuernummer oder die USt-Id.Nr. des jeweiligen Gutschriftempfängers enthalten. Die Antragstellerin berichtigte daraufhin die Provisionsabrechnungen noch während der Außenprüfung. Das Finanzamt kürzte dennoch die Vorsteuern mit der Begründung, dass die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erst im Zeitpunkt der durchgeführten Rechnungsberichtigung (2013) vorlägen. Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide legte die Antragstellerin Einspruch ein und beantragte zugleich Aussetzung der Vollziehung. Das Einspruchsverfahren ruht gemäß § 363 Abs. 2 AO wegen des beim BFH anhängigen Verfahrens XI R 41/10. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde dagegen abgelehnt.

Hierzu führte das Finanzgericht weiter aus:

  • Der Senat hält eine rückwirkende Rechnungsberichtigung im Streitfall für zulässig, weil die streitbefangenen Abrechnungen die Mindestanforderungen an eine Rechnung enthalten und die Berichtigung noch während der Außenprüfung erfolgte.
  • Mit der Entscheidung „Petroma Transports" präzisiert der EuGH seine Haltung zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung.
  • Aus der Abgrenzung in Rn. 34 und 35 ist zu entnehmen, dass der EuGH in seiner Pannon-Gep-Entscheidung tatsächlich die rückwirkende Berichtigung anerkennen wollte. Er nimmt nämlich auf die Pannon-Gep-Entscheidung Bezug und wiederholt ausdrücklich die dort bereits enthaltene Aussage, die Rechnungsberichtigung müsse vor Erlass der Entscheidung der Steuerbehörde ergehen (vgl. Rn. 34 unter Verweis auf die Rn. 43 bis 45 des Urteils „Pannon Gep"). Eine Berichtigung oder Ergänzung von Rechnungsangaben nach diesem Zeitpunkt reicht dagegen nicht aus.
  • Demnach können Rechnungen rückwirkend (ex tunc) berichtigt werden, sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer) an eine Rechnung erfüllt und solange noch keine abschließende Entscheidung der zuständigen Finanzbehörde über den Vorsteuerabzug vorliegt.
  • Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im Streitfall vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren.

Anmerkung: Auch der BFH hat zwischenzeitlich in zwei Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz ernstliche Zweifel geäußert, ob der Vorsteuerabzug aus einer zunächst fehlerhaften Rechnung auch dann versagt werden kann, wenn diese Rechnung später berichtigt wird, sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen (Rechnungsaussteller, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt, gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer) an eine Rechnung erfüllt (BFH, Beschlüsse v. 20.7.2012 - V B 82/11 und v. 10.1.2013 - XI B 33/12).



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