Unfallschaden bei Teilschuld und Abwicklung über das Quotenvorrecht

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Bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall wird der Schaden am Fahrzeug regelmäßig durch die gegnerische Haftpflichtversicherung ausgeglichen und in voller Höhe bezahlt. Was aber geschieht bei einem teilweise mitverschuldeten Unfall?

Wer mit seinem Kraftfahrzeug in einen Verkehrsunfall verwickelt ist und dabei eine Teilschuld an dem Unfall hat, hat über das so genannte Quotenvorrecht die Möglichkeit, dennoch den größten Teil seines Schadens ersetzt zu erhalten.

Häufig wird vergessen, dass man auch die eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch nehmen kann und es auch Sinn macht, diese zunächst vorrangig in Anspruch zu nehmen. Denn letztlich hat man als Fahrzeughalter schließlich seine Versicherungsprämien bezahlt und damit einen Anspruch auf Ersatz des Schadens gegenüber dem eigenen Versicherer. Dies gilt unabhängig davon, ob man sein Auto selbst verschuldet vor einen Baum gefahren hat oder aber an einem Verkehrsunfall nur eine Teilschuld trägt. Die eigene Kaskoversicherung zunächst vorrangig in Anspruch zu nehmen, kann dabei durchaus aufgrund des so genannten Quotenvorrechts von Vorteil sein.

Beispielsfall:

An einem Verkehrsunfall haben Verkehrsteilnehmer A und Verkehrsteilnehmer B jeweils zu 50 % Mitschuld. A unterhält eine Vollkaskoversicherung mit 600,00 € Selbstbeteiligung. Es ist durch den Unfall am vollkaskoversicherten Fahrzeug des Verkehrsteilnehmers A zu folgenden Schäden gekommen:

 

Reparaturkosten

5.000,00 €

Wertminderung

200,00 €

Abschleppkosten

450,00 €

Nutzungsausfall

350,00 €

Sachverständigenkosten

600,00 €

Unkostenpauschale

20,00 €

Gesamtschaden

6.620,00 €

Quote 50%

3.310,00 €

offener Schaden

3.310,00 €

Die gegnerische Haftpflichtversicherung reguliert aufgrund der Haftungsquote 50%, so dass noch 3.310,00 € offen sind. Die eigene Vollkaskoversicherung des Geschädigten A übernimmt nur die Reparaturkosten. Da bereits 50% von den reinen Reparaturkosten von 5.000,00 € durch die gegnerische Haftpflichtversicherung reguliert sind, verblieben offene Reparaturkosten von 2.500,00 €. Aufgrund der Selbstbeteiligung von 600,00 € bei A, erhält dieser von seiner eigenen Versicherung nur noch 1.900,00 € (= 2.500,00 € - 600,00 €). Insgesamt bekäme A von seiner eigenen und der gegnerischen Versicherung somit nur 5.210,00 € ersetzt. Es verbliebe ein Schaden, den A selbst tragen muss von:

Reparaturkosten

5.000,00 €

Wertminderung

200,00 €

Abschleppkosten

450,00 €

Nutzungsausfall

350,00 €

Sachverständigenkosten

600,00 €

Unkostenpauschale

20,00 €

Gesamtschaden

6.620,00 €

abzüglich 50% Regulierung durch Gegner

-3.310,00 €

abzüglich eigener Versicherungsleistung

-1.900,00 €

verbleibender Schaden

1.410,00 €

Würde der Schaden sofort über die eigene Vollkaskoversicherung abgewickelt, würde diese die reinen Reparaturkosten übernehmen in Höhe von 5.000,00 € abzüglich der Selbstbeteiligung von 600,00 €, so dass man von seiner Versicherung einen Betrag von 4.400,00 € erhalten würde. Die restlichen Schadenspositionen muss die eigene Kaskoversicherung aber nicht ersetzen. Diese Schadenspositionen muss nun aber die gegnerische Haftpflichtversicherung aufgrund des so genannten Quotenvorrechts teilweise zu 100% übernehmen und teilweise zu 50 %, da sie insoweit schon bei den Reparaturkosten den Schaden nicht reguliert hat. Die 100-%-Regulierung gilt für die Selbstbeteiligung, die Abschleppkosten, die Wertminderung, die Sachverständigenkosten und die Abschleppkosten. Die weiteren Schäden wie Nutzungsausfall, Unkostenpauschale und den Rückstufungsschaden für die Inanspruchnahme der eigenen Kaskoversicherung, muss die gegnerische Haftpflichtversicherung nur in Höhe der Verschuldensquote von 50 % ausgleichen. Es ergäbe sich dann folgende Berechnung:

Erstattung von der eigenen Kaskoversicherung

Reparaturkosten

5.000,00 €

abzgl. Selbstbeteiligung

-600,00 €

Gesamt

4.400,00 €

 

Erstattung von der gegnerischen Versicherung

Reparaturkosten

0,00 €

Wertminderung zu 100%

200,00 €

Abschleppkosten zu 100%

450,00 €

Nutzungsausfall zu 50%

175,00 €

Sachverständigenkosten zu 100%

600,00 €

Unkostenpauschale zu 50%

10,00 €

Selbstbeteiligung zu 100%

600,00 €

Gesamt

2.035,00 €

 

Erstattungen von Versicherungen insgesamt

6.435,00 €

Der Gesamtschaden von 6.620,00 € würde somit in Höhe von 6.435,00 € von den beiden Versicherungen beglichen werden. Dem Fahrzeughalter A bliebe insoweit nur ein Schaden von 185,00 €, den keine Versicherung ersetzt.

Dieses so genannte Quotenvorrecht mag zunächst etwas merkwürdig aussehen, weil die gegnerische Versicherung nunmehr Schadensquoten teilweise zu 100 % und nicht mehr nur zu 50 % regulieren muss. Dies ist aber berechtigt. Die gegnerische Versicherung darf beim Quotenvorrecht lediglich nicht schlechter gestellt werden, als in der ersten Abwicklungsvariante. Während die gegnerische Haftpflichtversicherung noch im Ausgangsfall 3.310,00 € regulieren musste, kommt nunmehr mit dem Quotenvorrecht nur noch eine Regulierung von 2.035,00 € zustande. Sie hat im vorangegangenen Beispiel damit sogar Geld gespart. Die eigene Kaskoversicherung wird zwar dadurch schlechter gestellt, wenn das Quotenvorrecht ausgenutzt wird. Jedoch ist auch dies berechtigt, denn der Versicherungsnehmer hat schließlich seine Kaskoprämien an die eigene Versicherung bezahlt für die Absicherung eines Unfallrisikos seines Autos und es kann für die eigene Versicherung keinen Unterschied machen, ob der Versicherungsnehmer das Fahrzeug selbst verschuldet beschädigt und damit der Reparaturschaden übernommen werden muss oder ob er den Unfall nur teilweise vom Versicherungsnehmer verschuldet wurde. Dieses Risiko hat sich die Versicherung durch ihre Prämien bezahlen lassen.

Wer auf sein Quotenvorrecht verzichtet, verschenkt damit möglicherweise Geld!



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