Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung neben einer fristlosen Kündigung im Mietrecht?

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Der Fall

Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis über eine Wohnung wegen Zahlungsverzug mit zwei Monatsmieten fristlos, hilfsweise ordentlich mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Der Mieter zahlte den Mietrückstand innerhalb von 5 Tagen nach Erhalt der Kündigung.

Der Vermieter erhob nach Ablauf der dreimonatigen Kündigungsfrist Räumungsklage vor dem Amtsgericht. Das Amtsgericht verurteilte den Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung. Der Mieter legte gegen das Urteil Berufung ein.

So entschied das Landgericht

Das Berufungsgericht gab dem Mieter Recht und wies die Räumungsklage ab. Der Mieter behielt seine Wohnung.

Mit dem Zugang der fristlosen Kündigung (§ 543 BGB) beim Mieter und Ausübung dieses Gestaltungsrechtes wurde das Mietverhältnis „ohne Wenn und Aber“ beendet. Der Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung war entstanden. Aus dem Prinzip der Privatautonomie ergibt sich, dass der Vermieter frei wählen kann, welches Gestaltungsrecht er ausübt. Der Vermieter entschied sich in diesem Fall für die fristlose Kündigung.

Mit Eingang der Zahlung des kompletten Mietrückstandes innerhalb der Schonfrist gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB fällt die eingetretene Kündigungswirkung weg. Das bedeutet, dass ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe zu diesem Zeitpunkt erloschen ist und nicht mehr besteht.

Der Anspruch auf Räumung und Herausgabe bestand demnach lediglich zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Eingang der Schonfristzahlung einschränkungslos.

Ungewöhnliche Entscheidung des Landgerichts

Allerdings folgte das Berufungsgericht nicht dem Amtsgericht, dass die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung gem. § 573 Abs. 2 BGB das Mietverhältnis ebenfalls beendet habe. Das Berufungsgericht führte aus, die fristgemäße Kündigung habe bei ihrem Zugang keine rechtliche Wirkung entfaltet, weil das mit ihr „nur fristgemäß“ zu beendende Mietverhältnis schon anderweitig „fristlos“ beendet war.

Die Kündigung sei ein Gestaltungsrecht. Die entscheidende Bedeutung und alleinige Aufgabe einer Kündigung liege darin, dass sie wirkt. Die eingetretenen Wirkungen, wie Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung, können nach ihrem Entstehen z. B. durch die Schonfristzahlung verändert werden. Sie können aber keinesfalls „nicht eingetreten“ sein. Ein entstandener Räumungsanspruch kann erfüllt oder erlassen werden, er kann verjähren oder kraft gesetzlicher Anordnung (z. B. in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) erlöschen. Derselbe Räumungsanspruch kann aber nicht „nie entstanden“ sein.

Die hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung des Vermieters ist folglich „ins Leere“ gegangen. Das Berufungsgericht wies die Klage ab und gab dem Mieter Recht.

Rechte der Mieter gestärkt

Entgegen der bisherigen Entscheidungen anderer Gerichte stärkt das Berufungsgericht mit dieser Entscheidung die Rechte der Mieter beim Zahlungsrückstand. Obergerichtliche Rechtsprechung gibt es hierzu noch nicht. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu.

Fazit

Sollte der BGH der Rechtsauffassung des Landgerichts Berlin folgen, so sollte sich der Vermieter bewusst sein, dass eine hilfsweise ausgesprochene fristgerechte Kündigung neben einer fristlosen Kündigung unter Umständen nicht zum Erfolg führen kann. Ob allerdings die Revision eingelegt und deshalb der BGH sich mit der Sache befassen wird, ist noch nicht entschieden. Bis zu einer Entscheidung durch den BGH können noch zwei Jahre vergehen. So lange sollten Vermieter weiterhin neben der fristlosen auch die ordentliche Kündigung aussprechen. Das Mietverhältnis sollte genau beobachtet werden, ob es weitere Gründe gibt, die eine Kündigung rechtfertigen.

Sollten Sie hinsichtlich dieser Problematik oder weiterer rechtlicher Punkte eine Einschätzung benötigen, wenden Sie sich bitte an unsere Fachanwältin für Mietrecht, Frau Rechtsanwältin Birgit Gladisch.

Hintergrund dieses Rechtstipps: Urteil des LG Berlin vom 13.10.2017 – Az. 66 S 90/17 -


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