Unzulässigkeit des Partnerfactorings von der BFS Health Finance GmbH?

  • 5 Minuten Lesezeit

Urteil Hamburg vom 01.06.2017, Az.: 406 HKO 214/16

Die Beteiligung des Labors an den Factoring-Gebühren muss nach Ansicht des Landgerichts Hamburg an Patienten weitergegeben werden.

Die DZR Deutsches Zahnärztliches Rechenzentrum GmbH beantragte in einem wettbewerblichen Verfahren, es der BFS health finance GmbH zu verbieten, das Modell des Partnerfactorings weiter anzubieten und zu bewerben. Die Parteien bieten Abrechnungsdienstleistungen für Zahnärzte an. Zu diesen Dienstleistungen gehört es, die Forderungen der Zahnärzte gegen deren Patienten vorschüssig auszuzahlen und das Forderungsausfallrisiko in gewissem Umfang zu übernehmen. Für die Fälle, in denen die Zahnarztabrechnung die Kosten eines Fremdlabors umfasst, bietet die BFS health finance GmbH ein sogenanntes Partner-Factoring an, welches dazu führt, dass das Fremdlabor in Höhe der abgerechneten Laborkosten die mit dem Zahnarzt vereinbarte prozentuale Gebühr für das Factoring übernimmt und der Zahnarzt in dieser Höhe von der vereinbarten Factoring-Gebühr entlastet wird.

Verstoß gegen § 9 Abs. 1 GOZ

Nach Ansicht des Landgerichts Hamburg liegt hier ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1 GOZ vor. Nach § 9 Abs. 1 GOZ dürfen Patienten als Auslagen nur die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen in Rechnung gestellt werden. Daher sind alle Preisnachlässe, auch die Beteiligung an den Factoring-Gebühren, grundsätzlich an den Patienten bzw. den Kostenträger weiterzureichen. Das Verbot solle gewährleisten, dass der Zahnarzt sich bei der Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln, Materialien etc. nur von medizinischen Erwägungen im Interesse der Patienten leiten lasse.

In dem Verstoß gegen § 9 GOZ liege auch ein Wettbewerbsverstoß, da die Vorschriften der GOZ sogenannte Marktverhaltensregeln darstellen. Dieser Verstoß werde auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass das Partnerfactoring bis vor kurzem in der Branche der Zahlungsdienstleister weit verbreitet war.

Das Landgericht Hamburg hat die BFS health finance GmbH verurteilt

  1. Der Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Modell des sogenannten Partner-Factorings im Bereich der Zahnarztabrechnungen, bei dem ein Teil der bei der Abrechnung des Zahnarztes anfallenden Factoring-Gebühr von einem einbezogenen Dentallabor getragen wird, anzubieten und/oder dieses Modell zu bewerben.
  2. Weiterhin wurde die Beklagte verurteilt, über Handlungen gemäß Ziff. 1 seit dem 4.6.2016 Auskunft zu erteilen, namentlich durch Vorlage einer Aufstellung, aus der sich die unter diesem Modell getätigten Abrechnungen mitsamt Datum der Abrechnungen, Abrechnungssumme, sowie die beteiligten Ärzte und Labore ergeben.
  3. Es wurde festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin alle Schäden zu ersetzen hat, die dieser durch Handlungen der Beklagten gemäß Ziff. 1 seit dem 4.6.2016 entstanden sind und / oder noch entstehen werden.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass sich das Hanseatische Oberlandesgericht noch einmal mit Frage der Unzulässigkeit des Partnerfactorings befassen wird.

Partnerfactoring: Ende eines Geschäftsmodells?

Das Ende dieses Geschäftsmodells ist mit dem Urteil des Landgerichts Hamburg noch nicht entschieden, die Berufung gegen das Urteil ist noch möglich. Die BFS health finance GmbH machte im Prozess geltend, sie erbringe mit dem Partnerfactoring auch eine Dienstleistung für das Labor, das von der Bevorschussung und Einziehung der Forderung in gleicher Weise wie der Zahnarzt profitiere. Daher sei es nur angemessen, das Labor auch an den Kosten dieser auch dem Labor zugutekommenden Dienstleistung zu beteiligen. Der Sachverhalt sei letztlich nicht anders zu beurteilen als die Vereinbarung eines Barzahlungsrabattes (Skonto). Derartige Barzahlungsrabatte sind auch nach Auffassung der zuständigen Berufsorganisationen bis zur Höhe von 3 % zulässig und müssen nicht an den Patienten oder Kostenträger weitergereicht werden.

Ist das Partnerfactoring mit dem Skonto vergleichbar?

Das Partnerfactoring ist nach Ansicht des Landgerichts Hamburg nicht mit Skonto vergleichbar. Bei diesem handelt es sich nämlich gerade nicht um einen Rabatt, sondern dem Zahnarzt wird lediglich der Zinsverlust erstattet, der ihm durch die zügige Bezahlung der Laborrechnung entsteht. Entscheidend für die fehlende Vergleichbarkeit sei die fehlende Anbindung der im Rahmen des Partner-Factorings vom Labor zu übernehmenden Gebühr an die für Skonto übliche kurze Zahlungsfrist ab Rechnungserteilung durch das Dentallabor.

Das Landgericht Hamburg wies aber darauf hin, dass „Barzahlungsrabatte von 3 Prozent bei dem derzeitigen Zinsniveau kaum noch der Verkehrsüblichkeit entsprechen dürften“.

Muss der Skonto an die Patienten weitergeleitet werden?

Die Bundeszahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung weisen in ihrer Broschüre „Zahnmedizin und Zahntechnik – Rechtsgrundlagen und Hinweise für die Zahnarztpraxis“ darauf hin, dass Skonti zulässig sind und beziehen sich auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 23. September 2004, Az.: 10 U 90/04:

„Von der Pflicht zur Weitergabe an den Patienten unberührt bleiben zudem üblicherweise gewährte Barzahlungsnachlässe („Barzahlungsrabatte”; „Skonti”); sie brauchen in der Rechnung auch nicht ausgewiesen zu werden. Der Einbehalt eines vereinbarten Skontos von 3 Prozent für die unverzügliche Begleichung einer Rechnung ist somit zulässig. Gänzlich unbestritten ist das jedoch nicht. So hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 16.02.2001, AZ: 24 U 128/99 eine ausdrückliche Skontoabrede zwischen Zahntechniker und Zahnarzt als sittenwidrig bewertet. Die Ausführungen des Gerichts sind nach hiesiger Auffassung in dieser Allgemeinheit jedoch unzutreffend, da sie nicht den wesentlichen Unterschied zwischen Skonti, das heißt Barzahlungsnachlässen, und anderweitigen Rabatten beachten.“

Praxishinweis: Wird Skonto vereinbart, so sollte der Zahnarzt darauf achten, dass die Rechnung auch wirklich unverzüglich gezahlt wird. Die Höhe des Skontos sollte im Rahmen der Verkehrsüblichkeit liegen. Die Vereinbarung eines Skontos darf nicht dazu dienen, dass de facto ein versteckter Rabatt gewährt wird.

Stellt das Partnerfactoring eine strafbare Handlung dar?

Das Landgericht Hamburg hat sich mit den Bestimmungen des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen gar nicht befasst und keine Bewertung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommen. Aufgrund der Einführung der neuen Straftatbestände in das Strafgesetzbuch (§§ 299a und 299b StGB) ist es u. a. strafbar, wenn Angehörige von Heilberufen für die Verordnung, die Abgabe oder den Bezug von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder für das Zuführen von Patienten einen Vorteil annehmen. Der Vorteil könnte hier in der Übernahme von anteiligen Factoringgebühren des Labors liegen. Eine gerichtliche Klärung, ob das Partnerfactoring eine strafbare Handlung darstellt, ist noch nicht erfolgt.

Praxishinweis: Ein Restrisiko der Strafbarkeit kann für Zahnärzte und Labore im Zusammenhang mit der Abrechnung im Wege des Partnerfactorings nicht vollständig ausgeschlossen werden. Sollten Sie selbst ähnliche Vereinbarungen geschlossen haben, empfehlen wir Ihnen dringend eine rechtliche Überprüfung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Katharina Lieben-Obholzer

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten