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Urheber aufgepasst - wichtige Frist endet am 31.12.2008

  • 6 Minuten Lesezeit
Monique Michel anwalt.de-Redaktion

Schon immer war der Schutz von Rechten an geistigen Werken besonders schwierig und gerade der technische Fortschritt stellt immer neue Anforderungen an Gesetzgebung und Rechtsprechung. Einerseits muss dem Interesse der Urheber an der Nutzung ihrer eigenen Schöpfungen Rechnung getragen werden, andererseits sind wir alle durch den Wandel zur Informations- und Wissensgesellschaft zunehmend auf den Zugang zu Informationen, ob alt oder neu, angewiesen. Vor diesem Hintergrund ist am 01.01.2008 der sogenannte "Zweite Korb" der Urheberrechtsreform in Kraft getreten. Was viele Autoren, Grafiker, Filmemacher, Musiker und andere Kreative vielleicht nicht wissen: Am 31.12.2008 läuft eine entscheidende Frist ab, mit der sie das Recht auf künftige Nutzungsarten verlieren können.

[image] Was regelt das Urhebergesetz?

Das deutsche Urhebergesetz (UrhG) von 1965 fasste die bis dahin verstreuten Regelungen zum Schutz von Literatur, Tonkunst, bildenden Künsten und "Photographie" zusammen, und war somit das erste einheitliche Gesetz für die verschiedenen Schöpfungsarten. Es gewährt allen Urhebern von "Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst" Schutz für ihre Werke. Das Urheberrecht entsteht bereits mit der Schöpfung des Werkes automatisch in der Person des Urhebers. Das UrhG belohnt diesen Schöpfungsakt, indem es dem Urheber grundsätzlich alle Verwertungsrechte, insbesondere also das Recht zur Veröffentlichung, Verbreitung und zur Vervielfältigung, einräumt. Die Verwertungsrechte sorgen dafür, dass Urheber auch materiellen Nutzen aus ihren Werken ziehen können.

Der Urheber kann seine Werke an Dritte vermieten, verleihen oder ihnen die Verwertungsrechte übertragen. Dafür hat er Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Das Urheberrecht ist außerdem vererbbar und erlischt regelmäßig erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. D.h. die Erben haben in diesem Zeitraum die gleichen Rechte wie ursprünglich der Urheber selbst.


Problem des alten UrhG: Zukünftige Nutzungsarten

Bei der Übertragung von Nutzungs- und Verwertungsrechten an Dritte konnte bis zur jüngsten Urheberrechtsreform (sog. "Zweiter Korb") keine Vereinbarung für zukünftige, noch unbekannte Nutzungsarten getroffen werden. Gemäß § 31 Abs. 4 UrhG a.F. war dies ausdrücklich ausgeschlossen. Dies stellte sowohl Urheber als auch Nutzungsberechtigte immer wieder vor Probleme. Beispiele:

  • Ein Musikverlag möchte die Aufnahme eines zeitgenössischen Musikstücks, das bislang nur auf LP veröffentlicht war, auf CD herausbringen. Der Plattenvertrag wurde jedoch geschlossen, als es CDs noch nicht gab. Nach der alten Regelung musste der Verlag sich vom Komponisten oder seinen Erben dieses Recht gesondert einräumen lassen. Schwierigkeiten entstanden v.a. dann, wenn z.B. der Komponist nicht einwilligen wollte, oder z.B. die Erben unauffindbar waren.
  • Ein Buchverlag möchte das Werk eines Autoren nicht mehr nur in Printform herausgeben, sondern auch als E-Book. Zum Zeitpunkt des Verlagsvertrags existierte diese Veröffentlichungsform noch nicht, es bedarf ebenfalls einer neuen Rechteeinräumung.
  • Ein Fernsehsender möchte eine ältere Fernsehfilmproduktion oder Fernsehserie auf DVD veröffentlichen, oder ein Filmverlag möchte alte erfolgreiche Kinofilme auf DVD herausbringen, die es zum Zeitpunkt der Drehaufnahmen noch nicht gab.

Angesichts der zunehmend rasanten Entwicklung der Medienformen zeigte sich das UrhG diesbezüglich als zu unflexibel. Im Rahmen der Urheberrechtsreform, die zum 01.01.2008 in Kraft getreten ist, wurde daher § 31 Abs. 4 UrhG gestrichen.


Was gilt jetzt für neue Verträge?

Neu eingefügt wurde § 31a UrhG, wonach bereits zum Zeitpunkt des Nutzungsvertrags der Urheber seine Rechte auch an bis dahin noch unbekannte Nutzungsarten übertragen kann. Diese Regelung gilt seit Inkrafttreten des "Zweiten Korbs" der Urheberrechtsreform zum 01.01.2008. Zum Schutz der Urheber müssen jedoch drei Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Eine solche Vereinbarung muss schriftlich getroffen werden.
  2. Der Urheber hat ein Widerrufsrecht hinsichtlich der neuen Nutzungsarten, das er jederzeit pauschal ausüben kann, ohne Auswirkung auf den restlichen Vertrag.
  3. Der Urheber hat immer auch Anspruch auf angemessene Vergütung für die neue Nutzungsart § 32c Abs. 1 UrhG.

Für Filmschaffende ist jedoch das Widerrufsrecht grundsätzlich ausgeschlossen gemäß §§ 88 Abs. 1 Satz 2, 89 Abs. 1 Satz 2 UrhG. Weil bei Filmen meist besonders viele Urheber beteiligt sind, ist die Einräumung auch unbekannter Nutzungsrechte hier die Regel.


Achtung: Rechtsverlust bei alten Verträgen droht!

Problematisch in diesem Zusammenhang ist die ebenfalls neue Regelung des § 137 l UrhG. Hat der Urheber einem anderen alle wesentlichen Nutzungsrechte, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt waren, ausschließlich und räumlich sowie zeitlich unbegrenzt eingeräumt, so erhält dieser Nutzungsberechtigte mit Ablauf des 31.12.2008 auch alle Rechte an den bislang noch unbekannten Nutzungsarten. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber den Zugang v.a. zu älteren, bereits veröffentlichen Werken sichern will, indem auch sie digitalisiert werden dürfen, ohne dass der Verwerter jeden einzelnen Urheber ausfindig machen muss. Das stellt eine wesentliche Erleichterung etwa für Musikverleger, Buchverleger und andere Verwerter dar. Um den Urheber zu schützen, wurde jedoch die Frist von einem Jahr eingeräumt, innerhalb derer der Urheber oder sein Erbe den künftigen Nutzungsarten widersprechen kann.

Hinweis: Diese Frist endet am 31.12.2008 um 24.00 Uhr. Betroffen sind alle Verträge, die zwischen dem 01.01.1966 und dem 31.12.2007 geschlossen wurden.

Wie lassen sich die Rechte aus Altverträgen sichern?

Zunächst sollte man als Urheber oder dessen Erbe klären, ob ein Altvertrag mit einem Dritten, der zwischen 01.01.1966 und 31.12.2007 geschlossen wurde, vorliegt. Im nächsten Schritt ist zu prüfen, ob dieser Vertrag dem Dritten alle wesentlichen Nutzungsrechte, die damals bekannt waren, einräumt und ob die Rechsübertragung exklusiv und zeitlich sowie räumlich unbegrenzt erfolgte. Auch wenn der Vertragstext einfach erscheint, sollte man sich im Zweifel von einem kundigen Rechtsanwalt (z.B. einem Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz) beraten lassen. Handelt es sich schließlich um einen solchen Altvertrag, der unter § 137 l UrhG fällt, ist dem Urheber oder seinem Erben für die Übergangszeit seit 01.01.2008 ein Widerspruchsrecht eingeräumt. Er kann den künftigen, neuen Nutzungsarten gegenüber dem Vertragspartner widersprechen. Der Widerspruch könnte wie folgt formuliert sein:

"Ich übe hiermit mein Widerspruchsrecht nach § 137 l UrhG aus. Ich gestatte Ihnen die Nutzung für seit Vertragsschluss bekannt gewordene Nutzungsarten nicht ohne meine ausdrückliche schriftliche Zustimmung. Dieser Widerspruch gilt für alle meine Werke, an denen Sie entsprechende Rechte haben. Sollten Sie die Ihnen eingeräumten Nutzungsrechte weiter übertragen haben, bitte ich Sie, mir unverzüglich Name und Anschrift des jetzigen Rechteinhabers mitzuteilen." (Unverbindlicher Vorschlag!)

Ohne rechtzeitigen Widerspruch (Zugang beim Vertragspartner) gehen alle künftigen neuen Nutzungsrechte an den bisher schon Nutzungsberechtigten über. Hat dieser sämtliche der ihm eingeräumten Nutzungsrechte bereits weiter übertragen, muss er dem Urheber Auskunft über dessen Identität machen.


Was gilt für Nutzungsarten, die erst nach dem 01.01.2008 bekannt werden?

Hier werden Altverträge (01.01.1966 bis 31.12.2007) und Neuverträge (ab 01.01.2008) grundsätzlich gleich behandelt. Für Nutzungsarten, die erst nach dem Stichtag 01.01.2008 bekannt werden, hat der Urheber eines Werkes ein Widerrufsrecht von 3 Monaten. Der Rechteinhaber muss den Urheber über die geplante neue Nutzungsart informieren. Antwortet der Urheber nicht rechtzeitig, so kann er sich nicht mehr gegen die neue Nutzung wehren, gleichwohl hat er natürlich Anspruch auf angemessene Vergütung.

Sind im Rahmen eines Neuvertrages die Rechte für künftige Nutzungsarten jedoch gemäß § 32a UrhG schon eingeräumt worden, hat der Urheber lediglich das  dreimonatige Widerrufsrecht § 31a Abs. 1 UrhG (s.oben). Es entfällt sobald eine Vergütung bezahlt wurde.

Wie jedoch eine angemessene Vergütung im Einzelfall aussehen kann, ist teilweise noch völlig unklar. Hier empfiehlt es sich, den fachkundigen Rat eines kompetenten Rechtsanwalts einzuholen, sei es im Vorfeld bei der Vertragsgestaltung oder bei der Sicherung und Wahrnehmung der eigenen Rechte.

(MIC)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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