Urteil BGH zur Nutzung/Zweckbestimmung – Wohnungsüberlassung an Flüchtlinge/Asylbewerber

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Der Bundesgerichtshof hatte hier erstmals eine Grundsatzentscheidung zu treffen zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern im Wohnungseigentum.

Dabei stellte der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 27.10.2017 unter dem Aktenzeichen V ZR 193/16 wegweisend fest, dass zwar die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in einer Gemeinschaftsunterkunft in Form eines Heimes oder einer heimähnlichen Unterbringung grundsätzlich nur im sogenannten Teileigentum, also nicht im Wohnungseigentum, erfolgen könne bzw. dürfte. Hingegen stellt die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern durch die Überlassung von Wohnungen zu Wohnzwecken eine rechtmäßige Nutzung dar und könne daher auch im sogenannten Wohnungseigentum erfolgen.

Zum Fall

Vorliegend hatte der Bundesgerichtshof den Streit zwischen zwei Eigentümern einer Eigentümergemeinschaft zu entscheiden, bei denen die beiden Parteien unterschiedlicher Auffassung über die rechtmäßige Nutzung ihrer Einheiten waren. Der Kläger nutzte seine Einheit als Arztpraxis, hingegen wurde ursprünglich die deutlich größere Einheit des Beklagten als Altenpflegeheim genutzt.

Die Teilungserklärung sah auch eine entsprechende Nutzung der oben genannten Art, das heißt als Altenpflegeheim und Arztpraxis, vor.

Da jedoch das Altenpflegeheim über mehrere Jahre hinweg leer stand, entschloss sich die Beklagte, ihre Räumlichkeiten als Unterkunft für Asylbewerber und Flüchtlinge zu nutzen, sodass der Kläger gegen dieses Vorhaben die Unterlassungsklage einreichte.

Nachdem zunächst das Berufungsgericht der Auffassung war, dass die Einheit nach der Teilungserklärung nicht für Wohnzwecke genutzt werden könne und insofern auch nicht als Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern vereinbar sei, kam der Bundesgerichtshof zu einem anderen Ergebnis.

Der Bundesgerichtshof sah einen Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG für nicht gegeben. 

Dies jedoch ausschließlich vor dem Hintergrund, dass die beabsichtigte Nutzung der Beklagten nicht zu Wohnzwecken diene. Denn die Planung der Beklagten ist unter Berücksichtigung der ersichtlichen baulichen Gestaltung eher als heimtypische Beschaffenheit zu kennzeichnen und diene daher nicht den Grundsätzen einer Wohngemeinschaft, welche für einen größeren Personenkreis ausgelegt wäre. Die geplante Unterbringung von Arbeitern oder Flüchtlingen in Mehrbettzimmern mit gemeinschaftlicher Nutzung von Küche und Sanitäranlagen diene vielmehr dem Zweck einer Gemeinschaftsunterkunft, die eine heimtypische Organisationsstruktur aufweist.

Einzelfallbetrachtung

Denn im Einzelfall müsse unterschieden werden, ob die geplante Nutzung unter Berücksichtigung einer entsprechenden weiten Auslegung eher unter den Begriff des Wohnens fällt und damit im vorliegenden Fall von der Teilungserklärung nicht gedeckt wäre, oder, ob die Nutzung gerade nicht Wohnzwecken dient, womit im Ergebnis die Nutzung von der Teilungserklärung im vorliegenden Fall gedeckt wäre.

Dabei bestätigte der Bundesgerichtshof nochmal, dass grundsätzlich der maßgebliche Begriff des Wohnens im Grundsatz weit zu verstehen und auszulegen sei.

Fazit

Der Bundesgerichtshof stellte mit dieser wegweisenden Entscheidung noch einmal klar, dass eine Heimunterbringung oder heimähnliche Unterbringung nur im Teileigentum zulässig sei, also nicht im Wohnungseigentum. Die Heimunterbringung wird dahingehend definiert, dass sie für eine Vielzahl von Menschen erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist und in der heimtypischen Organisationsstrukturen an die Stelle der Eigengestaltung und Haushaltsführung und des eigenen häuslichen Wirkungskreises treten.

Sollte hingegen der Wohnungscharakter weiterhin im Vordergrund stehen, stellt die Überlassung von Wohnungen von üblicher Größe und Beschaffenheit an Flüchtlinge und Asylbewerber zur Wohnraumnutzung grundsätzlich eine Nutzung zu Wohnzwecken dar und dürfe insofern nicht untersagt werden, sofern die Teilungserklärung eine Wohnraumnutzung vorsieht.

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