Vererben in Europa am Beispiel des Baskenlandes – Teil -3-

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Das baskische Beispiel

Das im Baskenland geltende Erbrecht ist in den §§ 17 – 124 des Gesetzes über baskisches Zivilrecht (Ley de derecho Civil Foral del País Vasco), in Kraft seit dem 03.10.2015, geregelt.

1.) Gemeinschaftliches Testament

Nach baskischem Foralrecht ist ein gemeinschaftliches Testament (Testamento mancomunado) zulässig. Unter gemeinschaftlichem Testament versteht § 24 (Ley de Derecho Civil Vasco) die gemeinsame testamentarische Verfügung von zwei Personen, die nicht mit einander verwandt sein müssen, in welcher diese für den Fall ihres Todes über ihre gesamtes oder einen Teil ihres Vermögens verfügen.

Der Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments ist nach dem Tode eines der Ersteller grundsätzlich nicht mehr zulässig.

In Deutschland kann ein gemeinschaftliches Testament (Berliner Testament) bekanntlich nur von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern verfasst werden.

Nach den Vorschriften des Código Civil ist es unzulässig.

2.) Sucesión por comisario

Ein deutschem Rechtsempfinden völlig fremdes, möglicherweise aber höchst interessantes Instrument ist die sogenannte „sucesión por comisario”.

Dabei handelt es sich um eine Verfügung von Todes wegen, in welcher der Erblasser die Benennung der Erben auf einen oder mehrere Dritte (comisarios) delegiert, wobei er dem comisario Anweisungen bezüglich der Ausgestaltung der Erbfolge (Ernennung von Erben, Vermächtnisnehmern, Verteilung des Erbes, etc.) geben kann, aber nicht muss.

Ehegatten und „parejas de hecho”, eingetragene Lebenspartner, (Zur Erläuterung: Da in Spanien das Institut der Ehe sowohl heterosexuelle als auch homosexuelle Beziehungen umfasst, sind mit dem Begriff „Parejas de hecho” alle eheähnlichen Beziehungen unabhängig von ihrer geschlechtlichen Ausrichtung gemeint) können sich im Rahmen einer Güterstandvereinbarung oder per Erbvertrag gegenseitig als „comisario” einsetzen. Der überlebende Ehegatte kann bevollmächtigt werden, auch sich selbst als Mit- oder Alleinerben einzusetzen.

Ein Vorteil gegenüber dem klassischen Berliner Testament liegt auf der Hand:

Zwischen Testamentsverfassung und Eintreten des Erbfalles vergehen oft viele Jahre, während derer sich die persönliche und wirtschaftliche Situation der künftigen Erben verändern kann. Die „sucesión por Comisario” erlaubt es, flexibel auf solche Veränderungen zu reagieren und die Verteilung des Nachlasses der tatsächlichen Situation der Familie im Zeitpunkt des Erbfalls anzupassen.

Das „Testamento por Comisario“ ist im spanischem Código Civil ausdrücklich verboten.

Möglich ist lediglich die sogenannte „fiducia sucesoria”, in welcher der Erblasser seinen überlebenden Ehegatten bevollmächtigen kann, um die erbrechtliche Situation gemeinsamer Kinder zu verbessern (Art. 831 Código Civil).

Art. 831 ist auch auf nicht verheiratete Personen mit gemeinsamen Abkömmlingen anwendbar.

3.) Pflichtteil

Pflichtteilsberechtigt sind nach baskischem Erbrecht die Kinder und ihre Nachkommen sowie der Ehegatte oder Lebenspartner (pareja de hecho).

Der Pflichtteil der Abkömmlinge beträgt ein Drittel des Wertes der Erbschaft, wobei der Erblasser bestimmen kann, welchem oder welchen Abkömmlingen der Pflichtteil zugutekommen soll. Es ist daher möglich, Enkel oder auch Urenkel unter Ausschluss ihrer noch lebenden pflichtteilsberechtigten Erzeuger zu begünstigen.

Die Regeln des Código Civils sind wesentlich weniger flexibel:

- 1/3 der Erbschaft steht den Abkömmlingen zu gleichen Teilen zu.

- Ein weiteres Drittel kann der Erblasser frei unter den pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen verteilen. Tut er dies nicht, so fällt auch dieses Drittel zu gleichen Teilen den Abkömmlingen zu.

Der Pflichtteil des Ehegatten oder Lebenspartners besteht nach baskischem Erbrecht in einem Nießbrauch an der Hälfte der Erbmasse, wenn er neben Abkömmlingen Erbe wird. Sind keine Abkömmlinge vorhanden, erhöht sich der Pflichtteil auf einen Nießbrauch an zwei Drittel der Erbmasse. Weiterhin steht dem Ehegatten oder Lebenspartner ein Wohnrecht an der gemeinsamen Wohnung zu. Dies erlischt allerdings, sobald er eine neue Ehe oder eheähnliche Beziehung eingeht oder ein Kind mit einem anderen Partner bekommt.

Diese im Vergleich zum deutschen Recht sehr ärmliche Behandlung des Ehegatten und Lebenspartners ist in den in Spanien geltenden Rechtordnungen üblich. Sie setzt sich auch im Código Civil fort.

Dort besteht der Ehegattenpflichtteil in einem Nießbrauch in Höhe von:

  • 1/3 der Erbschaft falls er neben Abkömmlingen erbt.
  • 1/2 der Erbschaft beim Zusammentreffen mit Eltern oder Großeltern
  • 2/3 der Erbschaft falls es weder Abkömmlinge noch direkte Vorfahren gibt.

4.) Die gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge (sucesión legal intestada) ist im baskischem Foralrecht wie folgt geregelt:

  • In erster Linie erben die Kinder zu gleichen Teilen. Die Abkömmlinge der Kinder erben nach Stämmen, d.h., es gilt die aus dem BGB (1924 Abs. 3) bekannte Regel, wonach an die Stelle eines bei Eintritt des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge treten.
  • Dem Ehegatten oder Lebenspartner steht neben den Kindern oder Enkeln sein Pflichtteil zu.
  • Sind keine Abkömmlinge vorhanden, werden der Ehegatte oder Lebenspartner unter Ausschluss von Eltern oder Geschwistern zu Alleinerben.
  • Nach dem Ehegatten erben die Eltern zu gleichen Teilen, erst danach sind die Geschwister zu Erben berufen.

In bestimmten Gebieten der Provinz Bizkaia sowie in den in Alava gelegenen Gemeinden Aramaio und Llodio gilt für Immobilien (bienes troncales) eine besondere Erbfolge, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll.

Der größte Unterschied zum Código Civil besteht in der fehlenden Gleichstellung des nicht verheirateten Lebenspartners. Diesem stehen weder ein Pflichtteil noch ein Wohnrecht an der gemeinsamen Wohnung zu.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten:

Die EuErbVO bietet dem in einem anderen Mitgliedsstaat integrierten EU-Ausländer die Möglichkeit seine Nachlassplanung entweder an dem Recht seines Herkunfts-, oder seines Aufenthaltsstaates auszurichten. Diese gegenüber Inländern positive Diskriminierung hat jedoch jedenfalls zurzeit noch im Mehrrechtsstaat Spanien ihre Risiken, solange nicht geklärt ist, ob und falls ja unter welchen Voraussetzungen auf einen im Sonderrechtgebiet ansässigen EU-Ausländer das Erbrecht des Código Civil oder das des jeweiligen Foralrechts Anwendung findet.

Lesen Sie auch Teil 1: Die europäische Basis und Teil 2: Die spanische Vielfalt.

RA & Abogado Boris Kroczek und RA & Abogado Manfred A. Wendland


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