Vergleich im VW-Musterverfahren – eine Frage des Einzelfalls

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Im Abgasskandal können rund 260.000 Verbraucher demnächst auf eine Entschädigung hoffen. VW und der Bundesverband Verbraucherzentrale haben sich im Musterverfahren auf einen außergerichtlichen Vergleich geeinigt. Demnach zahlt VW insgesamt eine Entschädigungssumme in Höhe von 830 Millionen Euro. Je nach Modell und Alter kann der einzelne Kunde Entschädigungen zwischen 1350 und 6257 Euro erwarten.

Die Entschädigung gilt nicht für alle im Abgasskandal geschädigten Kunden. Um ab dem 20. März ein Vergleichsangebot von VW zu erhalten, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu zählen:

  • Es muss sich um einen VW, Audi, Skoda oder Seat mit dem Motor EA 189 handeln.
  • Der Verbraucher muss sich beim Musterverfahren angemeldet haben.
  • Das Fahrzeug muss von einem Verbraucher und nicht als Firmenwagen angeschafft worden sein.
  • Der Kauf des Fahrzeugs erfolgte vor dem 1. Januar 2016.
  • Zum Zeitpunkt des Kaufs hatte der Verbraucher einen Wohnsitz in Deutschland.

Das bedeutet auch, dass zahlreiche Verbraucher, die sich zum Musterverfahren angemeldet haben, kein Vergleichsangebot erhalten werden, da sie die Kriterien nicht erfüllen. „Das bedeutet aber nicht, dass sie keine Schadensersatzansprüche haben. Allerdings müssen sie diese individuell geltend machen, wenn sie nicht leer ausgehen wollen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung.

Diejenigen, die ein Vergleichsangebot erhalten, werden von VW ab dem 20. März angeschrieben und müssen sich bis zum 20. April entscheiden, ob sie das Angebot annehmen. Bisher ist nicht vorgesehen, dass ein Vergleich auch noch nach diesem Datum angenommen werden kann.

Für viele Verbraucher stellt sich natürlich die Frage, ob der Vergleich für sie ein akzeptables Angebot ist und ob sie zustimmen sollen. Das ist auch eine Frage des Einzelfalls. Inzwischen lassen sich einige Tendenzen erkennen, dass die Angebote für Besitzer von Kleinwagen interessanter sind als für Eigentümer von Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse. Zudem soll die Laufleistung bei der Berechnung keine Rolle spielen. Dadurch dürfte der Vergleich für Fahrzeuge mit einer hohen Laufleistung interessanter sein als bei einer niedrigen.

Die Verbraucher sind keineswegs gezwungen, das Vergleichsangebot anzunehmen. Sie können den Vergleich ablehnen und dann bis Ende Oktober individuell klagen, um ihre Forderungen durchzusetzen. Das kann im Einzelfall finanziell deutlich attraktiver sein.

Ein entscheidender Aspekt kann dabei die Anrechnung einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer sein. Verschiedene Gerichte haben inzwischen entschieden, dass VW als Verursacher der Abgasmanipulation durch eine Nutzungsentschädigung unbillig entlastet würde und daher keinen Anspruch auf einen Nutzungsersatz hat. Diese Ansicht wird auch von verschiedenen Rechtswissenschaftlern geteilt. Das OLG Hamburg hat z. B. Anfang Januar erklärt, dass es einen Nutzungsersatz für VW nur bis zum Zeitpunkt für angebracht hält, zu dem der Verbraucher die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangt hat. Bisher urteilen die Gerichte in dieser Frage nicht einheitlich.

Daher kommt auch der Verhandlung des Bundesgerichtshofs zum Abgasskandal am 5. Mai große Bedeutung zu. Der BGH wird dabei voraussichtlich auch zur Nutzungsentschädigung entscheiden. „Es ist auffallend, dass VW den Vergleich vor der BGH-Verhandlung vom Tisch haben will“, sagt Rechtsanwalt Dr. Hartung, Kooperationspartner der IG Dieselskandal.

Mehr Informationen finden Sie auf der Kanzleihomepage.



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