VI ZR 433/19 - Erster BGH-Beschluss zum Thermischen Fenster bei Mercedes

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Um den aktuellen BGH-Beschluss (VI ZR 433/19 ) zum Thermofenster zu begreifen, muss man schon einiges zwischen den Zeilen herauslesen. Der Bundesgerichtshof verweist in einem Beschluss zu einer Nichtzulassungsbeschwerde ein Verfahren zurück zum OLG Köln. Dieses muss ein Verfahren (6 U 57/19), das zugunsten von Mercedes entschieden wurde, neu aufrollen. Grund: Die Befürchtungen des Klägers, sein Auto sei mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung ausgestattet, seien keineswegs ins Blaue hinein formuliert worden  und das Oberlandesgericht hätte in die Beweisaufnahme einsteigen müssen, statt die Klage abzuweisen.

Rechte des Kläger missachtet

Der BGH äußert damit eine deutliche Kritik am Vorgehen der Vorinstanz. Die Zulassung zum BGH sei zulässig und man hätte dem Anspruch des Klägers auf „rechtliches Gehör“ entsprechen müssen. Der BGH erkennt in der aktuellen Bewertung des Gebrauchs des „Thermischen Fensters“  aber noch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch Mercedes, da die Entwicklung uns Nutzung eines Thermischen Fensters allein für die Erfüllung eines Anspruchs nach der Rechtsnorm § 826 nicht ausreicht. 

Es gäbe also keinen diesbezüglichen Schadenersatzanspruch, solange rechtlich korrekt dem KBA die erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt wurden, um über die Zulässigkeit entscheiden zu können. Ob zulässig oder nicht - um das beantworten zu können hätte das OLG in die Beweisaufnahme einsteigen müssen.

Ausgebliebene Beweisaufnahme

Fazit: Hätte die Beweisaufnahme vor dem OLG ergeben, dass das Thermofenster in unzulässiger Art und Weise benutzt wird, hätte der Klage wohl stattgegeben werden müssen.

Rechtsanwalt Schwering: „Mercedes legt aktuell nur unvollständige Unterlagen über die Korrespondenz mit dem KBA vor.  Die Daimler AG muss die geschwärzten Passagen nun entweder kenntlich machen, oder riskieren ein Urteil aufgrund eines nicht ausreichenden Vortrags zu kassieren.“

Der Kläger erwarb am 19. Januar 2012 einen Mercedes-Benz C 220 CDI für 32.106,20 €. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 ausgestattet und unterliegt keinem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA).

Frage nach Zulässigkeit weiter offen

Frage an Rechtsanwalt Schwering, ob das Urteil verbraucherfreundlich ist? „Jein – es wäre schön gewesen, der BGH hätte eindeutiger zum Thermischen Fenster geurteilt - konnte er aber auf Basis der Aktenlage auch nicht. Die Rückverweisung ans OLG bedeutet nichts anderes als den Sieg des Klägers, wenn Mercedes weiter Informationen vorenthält!“

Es ist davon auszugehen, dass in den Unterlagen z.B. Aussagen zur Kühlmittelsollwert-Temperaturregelung enthalten sind. Dies hat zwar konkret nichts mit dem Thermischen Fernster zu tun, würde aber das Vorhandensein einer anderen und ihrerseits unzulässigen Abschaltvorrichtung belegen. Auch sollen sich geschwärzte Passagen damit befassen, warum einige Modelle vom KBA zurückgerufen wurden, andere mit baugleichem Motor aber nicht.

Mercedes muss Unterlagen vollständig veröffentlichen

Schwering: „Das bleibt spannend! Mercedes muss die Unterlagen komplett veröffentlichen – andernfalls gehen alle Verfahren verloren! Dass ein Thermisches Fenster nicht automatisch unzulässig ist, bleibt unbestritten. Wir Kläger-Anwälte würden nur gern gerichtsfest zwischen zulässig und unzulässig unterscheiden können! Dazu hat der aktuelle Beschluss einen wichtigen Beitrag geleistet.“


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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