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Von Zankäpfeln und anderen Entzwei(g)ungen: Streit am Gartenzaun

  • 5 Minuten Lesezeit
Miriam Heilig anwalt.de-Redaktion

Man kann sich seine Nachbarn nicht aussuchen - leider, werden viele sagen. Denn wenn einem „Nebenlieger” die Lebensweise des anderen nicht gefällt, ist wegen Lärm- oder Geruchsbelästigung, Beleidigung, wegen der Bäume des Nachbarn oder dessen tierischer Mitbewohner schnell ein Streit vom Gartenzaun gebrochen. Die Geduldsstricke reißen, die Fronten verhärten sich und plötzlich wird aus dem kleinen Streit ein regelrechter Nachbarschaftskrieg. Die Kenntnis der rechtlichen Situation ist in einem solchen Fall nicht nur ausgesprochen nützlich, sondern auch unentbehrlich. Die Redaktion von anwalt.de informiert über das, was man wissen sollte, bevor man sich mit dem Nachbarn in die Haare bekommt.

[image]Wenn Äste und Wurzeln keine Grenzen kennen...

Bäume machen nicht an der Grundstücksgrenze halt, sondern folgen ausschließlich dem Gesetz der Natur. So wachsen Bepflanzungen oftmals beständig weiter und ragen irgendwann auf das Nachbargrundstück. Doch der Nachbar muss keinesfalls hinnehmen, dass der Überwuchs seinem Grundstück Licht entzieht oder dass es stetig mit herabfallenden Äpfeln, Tannenzapfen, Ästen oder Laub versorgt wird. Denn der Nachbar muss einen Überhang nur dann dulden, wenn sein Grundstück dadurch nicht übermäßig beeinträchtigt wird (LG Coburg, Beschluss v. 28.07.2008, Az.: 33 S 26/08).

Genauso verhält es sich bei über die Grundstücksgrenze ragenden Baumwurzeln: Wird Nachbars Rasen durch Baumwurzeln in erhöhtem Maße durchwuchert, sodass eine sachgerechte Pflege und ungestörtes Wachstum des Rasens nicht mehr möglich ist, kann der Nachbar die Beseitigung der Wurzeln bzw. das Absägen des Baumes verlangen. Insbesondere bei alten Bäumen kann dem Beseitigungsanspruch nicht die Höhe der dafür entstehenden Kosten entgegengehalten werden, denn bei diesen muss sowieso mit einer Fällung gerechnet werden (AG München, Urteil v. 12.02.2010, Az.: 121 C 15076/09).

Schlechte Karten hat Herr Nachbar allerdings, wenn es sich bei der störenden Bepflanzung um einen geschützten Baum (z. B. durch eine Baumsatzung) handelt. Hier können für Beschädigungen bzw. deren Beseitigung durch den Nachbarn keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. (LG Frankfurt a. Main, Urteil v. 10.05.2000, Az.: 2-15 S 164/99)

Weiterhin kann man keine Schadensersatzansprüche geltend machen, sofern der Nachbar den sogenannten Grenzbaum (gem. § 923 BGB) eigenmächtig absägt. Zwar ist dies eine Verletzung des Miteigentums des Nachbarn, doch entsteht diesem hierdurch kein einklagbarer Schaden, denn der Baum muss sowieso entfernt werden, wenn einer der Nachbarn dessen Beseitigung verlangt.

Lärm- und Geruchsbelästigung

Vor allem in Mietshäusern beklagen sich Nachbarn oft über Lärmbelästigungen. Doch Geräusche wie gelegentliches Trampeln von Kindern, nächtliches Babygeschrei, das Herumlaufen in Straßenschuhen oder auch das Musizieren gehören zum normalen Leben und erfordern somit keine zusätzlichen Schallschutzmaßnahmen. Insbesondere dürfen die Wohnungsbesitzer den Bodenbelag selbst bestimmen, selbst wenn die neu verlegten Holzdielen zu einer größeren Geräuschentwicklung führen als der alte Teppichboden (OLG Düsseldorf, Urteil v. 29.01.1997, Az.: 9 U 218/96).

Auch wenn sich Nichtraucher durch den Qualm der Nachbarn belästigt fühlen: Rauchen gehört zur vertragsgemäßen Nutzung der Wohnung, ebenso wie das Lüften. Ein geruchsbelästigter Nachbar kann also beispielsweise vom Vermieter der Erdgeschosswohnung nicht verlangen, das Rauchen in dieser Wohnung zu untersagen, nur weil Ersterer bei Lüftung der Erdgeschosswohnung durch den Zigarettenrauch des Mieters besonders stark belästigt wird (LG Berlin, Urteil v. 03.03.2009, Az.: 63 S 470/08).

Stammt der störende Rauch von einem Holzofen, den der Nachbar für mollige Wärme in der kalten Jahreszeit in seinem Wohnzimmer installiert hat, ist die Geruchsbelästigung ebenfalls zumutbar. Werden die immissionsschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten und hat der Schornsteinfeger den Ofen des Nachbarn als mit den einschlägigen Vorschriften vereinbar erklärt, darf der Holzofen sogar bestimmungsgemäß täglich benutzt werden. Man muss also die Rauchbelästigung hinnehmen oder das eigene Heim mit Vorkehrungen ausstatten, die das Eindringen des Rauches verhindern. (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 24.03.2010, Az.: 1 A 10876/09.OVG)

Tierische Mitbewohner

Auch gefiederte Freunde oder vierbeinige Fellknäuel geben zuweilen Anlass zu Nachbarschaftsstreitereien. Während das Geschrei von Papageien den Nachbarn jedoch laut Urteil des Landgerichts Hannover nur für die Dauer von zwei Stunden pro Tag zumutbar ist (LG Hannover, Urteil v. 08.05.2009, Az.: 16 S 44/08), darf ein Hahn werktags auch in den Zeiten von 12:00 bis 15:00 Uhr sowie sonn- und feiertags auch von 08:00 bis 13:00 Uhr und von 15:00 bis 19.00 Uhr im Freien krähen. Allerdings muss er unter Rücksichtnahme auf genervte Nachbarn die Nächte und die Mittagsruhezeit in einem schallisolierten Stall verbringen (VG Freiburg, Beschluss v. 22.12.2008, Az.: 4 K 2341/08).

Nicht selten sind die Katzen des Nachbarn das Streitobjekt. Sie statten den umliegenden Grundstücken gern einen Besuch ab - sei es aus Neugier, zur Erkundung oder um sich verschiedener Dinge zu entledigen. Laut einem Urteil des Landgerichts Bonn ist zwar der - wenn auch ungewünschte - Besuch von Nachbars Katze im Wesentlichen hinzunehmen. Allerdings müssen die Tiere so gehalten werden, dass sie nicht in die Wohnung anderer Leute gelangen können und deren Terrasse nicht verschmutzen. Im Streitfall gelangten die Katzen eines Wohnungseigentümers im Dachgeschoss bei ihren Erkundungstouren regelmäßig über das Dach und die Fenstersimse auf die Terrasse und in die Wohnung eines benachbarten Ehepaares. Die Nachbarn waren - vor allem im Hinblick auf ihr Neugeborenes - jedoch wenig erfreut über die von den Samtpfoten mitgebrachten Geschenke, die sich als diverse Hinterlassenschaften und Erbrochenes entpuppten. Um die Angelegenheit zu klären, sahen sich die Parteien im Gerichtssaal wieder, mit folgendem Ergebnis: Die Nachbarn haben das bloße Betreten des Grundstücks, der Terrasse oder des Balkons durch die Vierbeiner zu dulden, denn die Beeinträchtigung des Besitzes ist in diesem Fall nur als geringfügig anzusehen. Allerdings muss es nicht hingenommen werden, dass die Katzen die fremde Wohnung betreten oder den Balkon bzw. die Terrasse verschmutzen. (LG Bonn, Urteil v. 06.10.2009, Az.: 8 S 142/09)

Hat der Nachbar einen Gartenteich angelegt, sind nicht selten quakende Bewohner der Streitmittelpunkt. Doch hier hat man keine Chance: Frösche sind nach Naturschutzrecht besonders geschützt, weshalb man als bequakter Nachbar nicht die Umsetzung der Frösche oder gar die Trockenlegung des Teiches verlangen kann (VG Berlin, Urteil v. 12.01.2005, Az.: VG 1 A 88.01; BGH, Urteil v. 20.11.1992, Az.: V ZR 82/91).

Gartenverschönerung

Auch wenn man das ästhetische Empfinden seines Nachbarn nicht teilt: Gartenzwerge sind erlaubt - auch in einer Wohnungseigentumsanlage. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um eine geringe Anzahl von „normalen” Gartenzwergen im eigenen Garten handelt, die weder aufgrund ihrer Größe noch aufgrund ihrer Beschaffenheit oder ihres Aussehens besonders auffallen und zudem von öffentlichen Wegen aus nicht erkennbar sind. Eine Störung des Gesamtbildes der Wohnungseigentumsanlage ist sodann auszuschließen, genauso wie eine Wertminderung einzelner Wohnungen. (AG Recklinghausen, Beschluss v. 18.10.1995, Az.: 9 II 65/95)

Besondere Vorsicht sollten allerdings Nachbarn mit ausgefallenem Geschmack walten lassen. Denn handelt es sich bei den Gartenverschönerungen um sogenannte „Frustzwerge” mit herausgestreckter Zunge, einem erhobenen Mittelfinger oder heruntergelassenen Hosen, werden diese - vor allem bei einem sowieso schon angespannten Nachbarschaftsverhältnis - leicht als Beleidigung aufgefasst und können schnell zu einem Rechtsstreit führen.

In diesem Sinne lässt sich schmunzelnd anraten: Liebe deinen Nachbarn, reiß aber den Zaun nicht ein!

(HEI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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