Vorgabe der Krankenkasse einer 14-Tages Frist für Krankmeldung rechtswidrig

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Grundkonstellation:

Der Anspruch auf Krankengeld ist gemäß § 44 Abs. 1 SGB V an das Bestehen einer Krankheit, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, geknüpft. Allgemein sollte mit dem Erfordernis vorgeschalteter ärztlich festzustellender Arbeitsunfähigkeit beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitrugen.

Für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist grundsätzlich der versicherungsrechtliche Status des Betroffenen im Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung relevant. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V von dem Tag an, der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB V erhalten Versicherte diese Entgeltersatzleistung ohne zeitliche Begrenzung, wegen derselben Krankheit für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren.

Nun setzt auch nach der Rechtsprechung des BSG der ununterbrochene Krankengeldbezug und seine mitgliedschaftserhaltene Wirkung voraus, dass der weiterhin arbeitsunfähige Patient sich spätestens am letzten Tag des zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes bei seinem Arzt vorstellt und diese fortlaufend bescheinigen lässt. Entsteht nur ein Tag „Lücke", ändert sich regelmäßig der Versichertenstatus z. B. auf. Familienversicherung oder Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, welche nach dem Willen des Gesetzgebers keinen Krankengeldanspruch beinhaltet. Die fatale Folge: Ausschluss des Krankengeldbezuges für die gesamte verbleibende Arbeitsunfähigkeit. Diese Wirkung kommt naturgemäß dem Leistungsträger, d. h. der Krankenversicherung, zugute, da fortan Zahlungen ausbleiben.

Als Regelfall geht das Gesetz davon aus, dass der krankheitsbedingt beeinträchtigte Versicherte selbst die notwendigen Schritte unternimmt, um die mögliche Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen und seine Ansprüche zu wahren. Die genannten Vorgaben sind allerdings von den Versicherungen nicht beliebig erweiterbar und dann gefällig mit den schwerwiegenden Rechtfolgen zu belegen.

Die in Niedersachsen aufgetretene Vorgabe, spätestens am 14. Tag nach dem Ausstellungsdatum des letzten Zahlscheines erneut die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen zu lassen, entspricht jedenfalls nach inzwischen als gefestigt anzusehender Rechtsprechung nicht dem Gesetz.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat klargestellt, dass eine derartige Obliegenheit mangels Rechtsgrundlage nicht besteht. Es wurde mit aller Deutlichkeit hervorgehoben, dass z. B. Feststellung eine „bis auf weiteres" und die dann erneute Einbestellung zu einem nächsten Praxisbesuch an einem konkreten Termin, in ausreichendem Maße und unzweifelhaft die Voraussetzungen der Arbeitsunfähigkeit beinhalten.

Ein weiterer Senat des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen hat unlängst diese Ansicht bestätigt und die Argumentation vertieft. In einem Beschluss vom 27.07.2010 zu der gegenständlichen Thematik stellte dieser überzeugend fest, dass das SGB V keine Ermächtigungsgrundlage enthält, die es den gesetzlichen Krankenversicherungen gestatten würde, die Zahlung von Krankengeld von weiteren Bedingungen abhängig zu machen. Für die von der Krankenkasse vertretene Auffassung, sie sei berechtigt, die Zahlung von Krankengeld über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus davon abhängig zu machen, dass der Versicherte ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalles bei einer über 14 Tage hinausgehenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes spätestens am 14. Tag diesen aufsuchen und sich eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe ausstellen zu lassen, ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich.

Sollte es bei der Krankenversicherung einer Verwaltungsrichtlinie geben, die die (weitere) Zahlung von Krankengeld davon abhängig macht, dass der Versicherte spätestens im Rhythmus von 14 Tagen einen Arzt aufsucht und sich eine weitere Arbeitsunfähigkeit bescheinigen lässt, könnte diese Verwaltungsrichtlinie keine Außenwirkung entfalten. Auch in Hauptsacheverfahren wurde diese Tendenz mittlerweile bestätigt und konstatiert, dass die Versicherungen keine normative Befugnis für sich in Anspruch nehmen könnten, die Obliegenheit einer 14-tägigen Meldung des Versicherten zu begründen. Vielmehr dürfte es der Krankenkasse unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit der Verwaltung verwehrt sein, ohne Ermächtigungsgrundlage in die Rechte des Versicherten einzugreifen.

Versicherte, deren Einstellung oder Versagung des Krankengeldes auf dieser Argumentation und eigenmächtigen Vorgabe der Krankenkasse beruht, sollten daher zur Durchsetzung ihrer Ansprüche erforderlichenfalls den Rechtsweg suchen. Schließlich handelt es sich bei Krankgeld um die weitgehend höchste Entgeltersatzleistung bei lang anhaltender Arbeitsunfähigkeit.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Christian Bögner

Beiträge zum Thema