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Vorratsdatenspeicherung contra Whistleblowing? - Teil 2

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Meldepflicht nach dem StGB

Eine Anzeigepflicht von Straftaten kennt zum einen das Strafgesetzbuch. In § 138 StGB finden sich in den Nr. 1 bis Nr. 8 sogenannte Katalogtatbestände, die stets besonders gewichtige bzw. gemeingefährliche Rechtsverletzungen oder Straftaten enthalten. Tatbestandlich ist es unter anderem erforderlich, dass die Person glaubhaft von einer der dort genannten Straftaten oder Ausführung einer solchen Straftat Kenntnis erhalten hat. Sofern dies der Fall wäre, bestünde in Bezug auf diesen Straftatbestand eine Pflicht zum Whistleblowing. Allgemein kann eine Handlungspflicht immer nur dann bestehen, wenn das Unterlassen einer gebotenen und möglichen Handlung angezeigt ist. Als Beispiel hierfür ist stets die sogenannte unterlassene Hilfeleistung nach § 323c StGB zu nennen, bzw., wenn, aufgrund des Bestehens einer Garantenstellung im Sinne des § 13 StGB, eine Rechtspflicht zur Abwendung des tatbestandlichen Erfolges besteht.

Meldepflicht nach dem Geldwäschegesetz und dem Wertpapier­han­delsgesetz

Eine Pflicht zum Whistleblowing kann sich darüber hinaus aus dem Geldwäschegesetz (GwG) oder auch aus dem Wertpapierhandelsgesetz (WphG) ergeben. Insoweit ist es zum einen erforderlich, auf die Regelung des § 11 GwG sowie auf die Regelung des § 10 WphG näher einzugehen.

In diesem Zusammenhang hat der zu einer Meldung Verpflichtete, durch die Erstellung von Arbeits- und Organisationsanweisungen intern sicherzustellen, dass in prüfungstechnisch nachvollziehbarer Art und Weise eventuelle Missstände zur Beurteilung und Entscheidung vorgelegt und dort auch dokumentiert werden.

Dies gilt auch für alle internen Verdachtsfälle, unabhängig von der Tatsache, ob es sich hierbei um angetragene, aber abgelehnte Transaktionen und Geschäftsbeziehungen von den Mitarbeitern, dem Geldwäschebeauftragten oder der Geschäftsleitung des zur Meldung Verpflichteten handelt, Empfänger einer Verdachtsmeldung nach § 11 Abs. 1 GwG sind die beim Bundeskriminalamt angesiedelte Zentralstelle für Verdachtsmeldungen (FIU) sowie die örtlich zuständige Strafverfolgungsbehörde.

Meldepflicht nach dem Kreditwesengesetz

Seit dem 1. Januar 2014 sind infolge strengerer aufsichtsrechtlicher Regelungen die Kreditinstitute in der Bundesrepublik Deutschland zur Einrichtung eines rechtskonformen Hinweisgebersystems verpflichtet. Rechtsgrundlage für diese Pflicht zur Meldung ist § 25a Abs. 1 S. 6 Nr. 3 Kreditwesengesetz (KWG).

Meldepflicht nach dem Arbeitsschutzgesetz

Eine weitere Meldepflicht kennt darüber hinaus das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Demgemäß wird dem Beschäftigten durch § 2 Abs. 2 ArbSchG sowie durch § 16 Abs. 1 ArbSchG die Pflicht auferlegt, wahlweise dem Arbeitgeber, oder dem zuständigen Vorgesetzten, jede von dem Beschäftigten festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten, sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt, unverzüglich zu melden.

Fazit zu den gesetzlich kodifizierten Meldepflichten

Letztendlich lässt sich festhalten, dass, soweit eine Rechtspflicht zum Whistleblowing besteht, dieses Verhalten selbstverständlich zulässig ist. Weiterhin darf dem Whistleblower, der seiner Rechtspflicht gerade genügt hat, dieses Verhalten grundsätzlich nicht zu seinem Nachteil gereicht werden.

Sicherlich ist es in diesem Zusammenhang selbstverständlich, dass, sofern der Whistleblower leichtfertig unwahre Hinweise meldet, diese als Verleumdung und/oder als falsche Verdächtigungen gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen auslösen werden. Das Gleiche gilt auch dann, wenn der Hinweis beispielsweise gezielt ehrverletzende Äußerungen gegen eine andere Person enthält.

Selbstverständlich ist weiterhin, dass, sofern eine Pflicht zum Whistleblowing besteht, die Missachtung dieser Pflicht stets mit strafrechtlichen Konsequenzen für den pflichtwidrig Handelnden verbunden sein kann.

Ungeachtet dieses Fazits ist es für den Whistleblower ratsam, die ihm zur Kenntnis gelangten Missstände zunächst intern zu monieren, bevor er die Öffentlichkeit sucht. Schwierig dürfte in diesem Zusammenhang sein, die Anonymität des Whistleblowers zu gewährleisten, sei es, wenn der Hinweis in einem Unternehmen, einer Behörde oder sogar innerhalb einer Regierung abgegeben werden soll. Insoweit besteht derzeit lediglich für Kreditinstitute nach dem KWG eine Verpflichtung, Whistleblowingsysteme vorzuhalten. Wie diese tatsächlich und rechtlich letztendlich ausgestaltet sein müssen, wird an dieser Stelle nicht weiter behandelt und soll Thema eines weiteren Artikels sein.

Sind Whistleblower selbst nicht auch Straftäter?

Nach den vorgenannten Darstellungen stellt sich die Frage, was ist für den Fall, dass keine Pflicht zum Whistleblowing besteht, die eine Veröffentlichung von Informationen durch den Whistleblower rechtfertigt und der Whistleblower nun dennoch mit seinen Informationen in die Öffentlichkeit tritt. Macht sich der Whistleblower nun wegen des Verrats von Geheimnissen strafbar?

Dies kann sicherlich an dieser Stelle ohne eine Prüfung des konkreten Einzelfalles nicht pauschal beantwortet werden.

Grundsätzlich lässt sich an dieser Stelle jedoch festhalten, dass das deutsche Strafrecht eine Vielzahl von Geheimnissen im Rahmen des Haupt- und Nebenstrafrechts schützt. Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang beispielhaft auf die Strafbarkeit der Preisgabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), auf die Straftatbestände der §§ 201 ff. StGB, sowie ebenfalls auf den Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB. Eine Strafbarkeit nach § 266 StGB kommt immer dann in Betracht, wenn mit der Weitergabe der zur Kenntnis gelangten Informationen zugleich die Verletzung einer sogenannten Vermögensbetreuungspflicht einhergeht.

Von untergeordneter Rolle sind in der Regel die Tatbestände der §§ 201 ff. StGB, da diese lediglich zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Whistleblowers führen, wenn dieser unbefugt Geheimnisse weitergibt.

Betrachtet man in diesem Zusammenhang nun zunächst die Konstellationen, dass das Whistleblowing intern stattfindet, wird eine Strafbarkeit des Whistleblowers jedenfalls meistens daran scheitern, dass der Adressat des Whistleblowing selbst auf die Geheimnisse Zugriff hat und ihm diese selbst bekannt sind, bzw. er sich darüber Kenntnis zu verschaffen vermag.

Sofern das Whistleblowing, wie bereits dargestellt, nun an externe Stellen stattfindet, wenn es also beispielsweise aus einer Pflicht zur Meldung resultiert, wird eine Strafbarkeit in der Regel daran scheitern, dass die Weitergabe des Geheimnisses nicht unbefugt erfolgt ist.

Des Weiteren ist es meines Erachtens nach auch denkbar, dass das Whistleblowing durch einen Rechtfertigungsgrund keine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach sich zieht. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Rechtswidrigkeit des Whistleblowing durch § 34 StGB entfällt. Handelt der Whistleblower nun zur Abwehr einer gegenwärtigen und nicht anders abwendbaren Gefahr für ein besonders hohes Rechtsgut und ist das Whistleblowing darüber hinaus auch notwendig zur Gefahrabwehr, wird eine strafrechtliche Verantwortung ausscheiden.

Lesen Sie hier Teil 1 zum Thema: Vorratsdatenspeicherung contra Whistleblowing? - Teil 1

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