VW Bulli T6 im Abgasskandal betroffen

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Deswegen stehen die Chancen auf Schadensersatz gut 

Als sich die Hinweise auf systematischen Betrug am Kunden 2015 aufgrund der illegalen Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen verdichteten, war zunächst der T5 Traditionsbulli von VW, dann aber auch sein Nachfolger, das Modell T6 betroffen. Im Mittelpunkt des Dieselskandals stand auch zunächst der im T5 verbaute Motor EA189. VW versuchte Gerichtsverfahren hinsichtlich der T6 Bulli-Modelle zu vermeiden, indem es auf der eigenen Homepage Gründe für die angebliche Aussichtslosigkeit einer Klage bezüglich der mit dem EA288 Motor versehenen Bullis aufführte.  

 Der Argumentation von VW ist aber das OLG Naumburg mit Urteil vom 9.4.2021 –  

8 U 68/20 entgegengetreten. Der VW Behauptung, dass die Motorsteuerung nicht zu beanstanden sei und daher den Käufern weder Rückgaberecht noch Schadensanspruch zustünden, erteilte der erkennende Senat eine Absage. Selbst die zugunsten von VW getroffene Beurteilung des Kraftfahrtbundesamts (KBA), dass der EA288 Motor keine illegale Abschalteinrichtung enthalte, wurde zugunsten der geprellten Käufer von T6 Bullis als unhaltbar bezeichnet. Mit diesem Urteil und der BGH Ansicht bezüglich Sittenwidrigkeit und Vorsätzlichkeit der VW Verantwortlichen sind die Chancen auf einen erfolgreichen Schadensersatzprozess wegen eines mangelhaften T6 Bulli bedeutend gestiegen. 

Diese VW T6 Modelle sind betroffen 

Für Sie als Eigentümer eines VW T6 ist es relevant zu erfahren, welche Modelle genau betroffen sind. Nach aktuellem Stand können wir von KRAUS GHENDLER RUVINSKIJ jedenfalls sagen, dass folgende T6 Bulli Fahrzeuge besonders im Blickpunkt stehen 

1. 150 PS, Handschaltung und Vorderradantrieb 

2. 150 PS, Automatik und Vorderradantrieb 

3. 204 PS, Automatik und 4Motion/Allradantrieb 

4. 204 PS, Handschaltung und Vorderradantrieb 

Bei den genannten Modellen bestehen Chancen auf Schadensersatz, ohne dass es hierfür in jedem Falle eines vorherigen öffentlichen Rückrufs durch das KBA bedarf.  

Schadensersatzklagen auch ohne öffentlichen Rückruf erfolgreich 

Hat das Kraftfahrtbundesamt einen öffentlichen Rückruf bezüglich eines spezifischen T6 Modells erklärt, stehen die Chancen besonders gut, einen Schadensersatzprozess zu gewinnen. So haben betrogene Käufer bereits vor zahlreichen Landgerichten gewonnen (LG Aachen, Urt. v. 29.4.2021 – Az.: 10 O 486/20; LG München I, Urt. v. 31.3.2020 – Az.: 3 O 13321/19; LG Heilbronn, Urt. v. 29.5.2020 – Az.: Bi 6 O 257/19;). Es wurden Prozesse bezüglich der Modelle Bulli, Multivan, Transporter und des Modells Wohnmobil California Ocean zugunsten der Käufer entschieden (vgl. u.a. LG Stuttgart, Urt. v. 20 O 624/20). In zwei anderen Verfahren haben jeweils das LG Berlin (Urt. v. 12.3.2021 – Az.: 3 O 177/20) und das LG Gießen (Urt. v. 25.3.2021 – Az.: 5 O 450/20) VW zur Rücknahme des T6 verurteilt.  

Aber es braucht für einen erfolgreichen Schadensersatzprozess gegen VW keines vorherigen Rückrufs durch das KBA. Denn auch ein von VW eingebautes Thermisches Fenster wurde von Gerichten als illegale Abschalteinrichtung gewertet. Auch ohne öffentlichen Rückruf gestanden etwa das und das LG Hagen (Urt. v. 11.8.2020 – Az.: 3 O 134/19) den klagenden Käufern Schadensersatz zu.  

Viele Besitzer eines Fahrzeugs mit einem EA288 Motor haben kürzlich eine Aufforderung erhalten, ihr Fahrzeug zu einer "Überprüfung" in die Werkstatt zu bringen. Laut dem Schreiben kommt es zu Problemen bei der Fehlererkennung im SCR-System, das der Abgasreinigung dient. Genau dieses System steht im Mittelpunkt der Diskussion um die illegale Manipulation von Abgaswerten beim VW-Motor EA288. Alles deutet also darauf hin, dass der Dieselskandal nicht beim Motor EA189 aufhört, sondern auch dessen Nachfolger betrifft. 

Der Rückruf kommt nicht unmittelbar von VW, sondern vom jeweiligen Händler. Weil es sich auch nicht um einen durch das Kraftfahrtbundesamt angeordneten Rückruf handelt, spricht vieles dafür, dass der VW-Konzern damit klammheimlich diese illegalen Vorrichtungen aus der Welt schaffen möchte, bevor eine erneute Klageflut losbricht.   

Im Anschluss an ein Software-Update berichteten viele Autobesitzer des ebenfalls manipulierten Vorgängermotors EA189 von einem erhöhten Kraftstoffverbrauch sowie Motorstörungen. Um den Zusammenhang mit dem Update zu beweisen und eine kostenlose Reparatur zu erhalten, müssen Betroffene jedoch ein Gerichtsverfahren einleiten und einen teuren gerichtlichen Sachverständigen beauftragen. 

Daher sollten Eigentümer einem Software-Update nur dann zustimmen, wenn sie dazu aufgrund eines amtlichen Rückrufs durch das KBA verpflichtet werden. Der Durchführung eines freiwilligen Software-Updates im Rahmen der "Werkstattaktion 23CY" sollte man keinesfalls zustimmen, selbst wenn dies etwa durch Werkstattprämien schmackhaft gemacht würde. 



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