Wegfall des Eigenbedarfs – Austausch des Eigenbedarfsinteresses – vorübergehender Eigenbedarf

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Eine Eigenbedarfskündigung des Wohnungsmietverhältnisses ist möglich, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst oder für seine Angehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). 

Ein Sonderproblem im Rahmen einer Eigenbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist der nachträgliche Wegfall des Eigenbedarfsgrundes. 

Fraglich ist hier, ab wann eine Kündigung durch den Wegfall des Eigenbedarfsgrundes unwirksam wird. Dabei ist zunächst umstritten, auf welchen Zeitpunkt des Wegfalls es ankommt. 

Entfällt der Eigenbedarfsgrund vor Ausspruch der Kündigung, so ist die Kündigung unumstritten als unwirksam anzusehen. Fällt der Grund jedoch erst nach Ausspruch der Kündigung weg, so ist zu differenzieren: Ist der Grund der Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist entfallen, so ist nach Ansicht der neueren Rechtsprechung die Kündigung als wirksam anzusehen (BGH, 09.11.2005, Az.: VIII ZR 339/04). Nach einer anderen Ansicht kommt es auf den letzten Termin der mündlichen Verhandlung in einem Räumungsprozess an (OLG Karlsruhe, 22.04.1993, Az.: 11 U 60/92). Ebenso wird vertreten, dass es auf den Ablauf einer gerichtlich gewährten Räumungsfrist ankommt. Eine weitere Ansicht stellt auf den Zeitpunkt des Auszugs des Mieters ab (Blank, NJW 2006, 739). 

Sobald dem Vermieter der Wegfall des Eigenbedarfsgrundes bekannt ist, hat er den gekündigten Mieter darüber zu informieren. Zudem kann der Vermieter dem Mieter den sofortigen Rückzug der Kündigung anbieten, was in den meisten Fällen das Problem löst. Fällt der Eigenbedarfsgrund vor der Kündigungsfrist weg, so sollte der Vermieter dem gekündigten Mieter ggf. eine alternative Wohnung anbieten. Dies sollte der Vermieter auch dann tun, wenn der Mieter schon eine neue Wohnung gefunden hat. Ein Festhalten an der Kündigung kann u.U. rechtsmissbräuchlich sein. Ein Wegfall des Eigenbedarfs kann auch dann eintreten, wenn eine vergleichbare, und den Anforderungen des Vermieters entsprechende Wohnung demnächst frei wird. 

Fraglich ist ebenso, ob der Vermieter später den ursprünglichen Eigenbedarfsgrund noch austauschen kann, um so die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung zu erhalten. Ist der Überlassungs- bzw. Nutzungswille einmal entfallen, so kann der Vermieter nicht erneut einen solchen Willen fassen. Jedoch könnte es grundsätzlich möglich sein, dass ein weggefallener Kündigungsgrund gemäß § 573 Abs. 3 Satz 2 BGB durch einen anderen ersetzt wird, dies ist jedoch im Einzelfall umstritten (z. B. der Vermieter wollte die Wohnung ursprünglich selbst bewohnen, überlässt jedoch aufgrund der geänderten Sachlage die Wohnung einem Angehörigen, der diese benötigt). 

Ebenfalls strittig ist, wenn der Eigenbedarf von vornherein nur vorübergehend sein soll. Besteht der Eigenbedarfsgrund nur für eine Dauer von wenigen Monaten, so ist dieser wohl als unzulässig anzusehen und die Eigenbedarfskündigung unwirksam. Es wurde von der Rechtsprechung auch eine Eigenbedarfsdauer von 2 Jahren als zu kurz erachtet (AG Köln, 19.09.1991, Az.: 215 C 229/91). Freilich handelt es sich hier immer um eine Wertungsfrage. So wurde der Eigenbedarf für einen Sohn des Vermieters für den Zeitraum des Studiums von lediglich 1 ½ Jahren als rechtmäßig erachtet (BGH, 04.03.2015, Az.: VIII ZR 166/14)

Die Beweislast, ob ein Eigenbedarfsgrund tatsächlich vorliegt, trägt der Vermieter. Mit dem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. März 2017, Az.: VIII ZR 44/16, wurden die Anforderungen an die Beweislast des Vermieters weiter verschärft. Gerade beim nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfsinteresses trifft den Vermieter eine besondere Darlegungslast, um die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung zu erhalten. 

In diesem Fall kündigte der Vermieter und gab vor, dass er einen neuen Hausmeister für seinen Wohnkomplex benötigte. Die Wohnung müsse dabei als Hausmeisterwohnung dienen. Dies stellt eine besondere Form des Eigenbedarfs dar, den sogenannten Betriebsbedarf (Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 573 BGB, Rn. 190 ff.). Um einen solchen Anspruch der Kündigung wegen Betriebsbedarfs durchzusetzen, muss jedoch die Erforderlichkeit explizit dargelegt werden können. Der Hauswart muss ggf. für die Bewirtschaftung der Mietsache notwendig sein oder es muss unausweichlich die besondere Nähe des Hausmeisters zum Komplex gegeben sein. Im diesem Fall zog jedoch letztlich eine Familie in die Wohnung der gekündigten Mieter ein. Der Vermieter begründete dann, dass der Hausmeister die Wohnung später abgelehnt hatte, da er aufgrund seiner Kniebeschwerden nicht in die Wohnung im 3. OG einziehen könne. Somit sei der Eigenbedarfsgrund später weggefallen. Dies hielt der BGH für unschlüssig; außerdem gab es keine Verständigung mit dem Hausmeister zum Mietbeginn oder zur Miethöhe, was nach Ansicht des BGH die Vermutung eines vorgetäuschten Eigenbedarfs erhärtete. Im Prozess klagten die gekündigten und ausgezogenen Mieter dann auf Schadensersatz von knapp 26.000 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten. Das endgültige Urteil und die endgültigen Entscheidungsgründe bleiben abzuwarten. 

Mitgeteilt von 

Kranich/Pohland

Rechtsanwaltskanzlei Kranich, Berlin


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