Weisungsrecht der Gesellschafter und Vorlagepflicht der Geschäftsführer

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I. Weisungsgebundenheit in der GmbH

Ander als der Vorstand einer Aktiengesellschaft, der die Geschäfte der Gesellschaft "unter eigener Verantwortung" leitet (vgl. § 76 Abs. 1 AktG), ist die Geschäftsführung einer GmbH in ihrer Leitungsautonomie beschränkt, insbesondere darf die Gesellschafterversammlung der Geschäftsführung verbindliche Weisungen erteilen (vgl. § 37 Abs. 1 GmbHG) und sie ist in bestimmten Situationen verpflichtet, eine Maßnahme der Gesellschafterversammlung zur Entscheidung vorzulegen.

Dagegen sind die Gesellschafter einer GmbH nicht befugt, den sonstigen Mitarbeitern der GmbH irgendwelche Weisungen zu erteilen. Gegenüber den sonstigen Mitarbeitern übt die Geschäftsführung das Direktionsrecht aus.

II. Das Weisungsrecht der Gesellschafter

1. Ausübung des Weisungsrechts

Die Gesellschafterversammlung übt ihr Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung durch Beschluss aus. Soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorschreibt, wird ein Weisungsbeschluss mit einfacher Mehrheit gefasst. Weisungsbeschlüsse können grundsätzlich formfrei gefasst werden; hat die GmbH jedoch nur einen Gesellschafter, so ist die Dokumentationspflicht nach § 48 Abs. 3 GmbHG zu beachten. In der Praxis ist es ratsam, Weisungsbeschlüsse schriftlich zu protokollieren.

Die Gesellschafterversammlung kann auch generelle  Weisungen für eine Vielzahl von Fällen in einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung festlegen, z.B. Berichtspflichten und zustimmungsbedürftige Geschäfte (siehe hierzu diesen Rechtstipp).

Die Gesellschafterversammlung kann ihr Weisungsrecht grundsätzlich auf andere Gesellschaftsorgane (z.B. einen Beirat) delegieren. Besonderheiten in Unternehmensgruppen bestehen bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags (vgl. § 308 AktG) und Aufsetzung von sog. Matrixstrukturen.

2. Folgepflicht der Geschäftsführung

Die Geschäftsführung ist grundsätzlich verpflichtet, eine rechtmäßige Weisung zu befolgen und diese umzusetzen, auch wenn die Weisung der Geschäftsführung als unzweckmäßig erscheint.

Handelt die Geschäftsführung in Ausführung einer rechtmäßigen Weisung, so kann die Geschäftsführung grundsätzlich nicht für deren Folgen verantwortlich gemacht werden.

Eine Ausnahme gilt für rechtswidrige Weisungen. Die Geschäftsführung ist berechtigt und verpflichtet, rechtswidrigen Weisungen zu widersprechen. Eine Weisung kann z.B. deswegen rechtswidrig sein, weil sie gegen das GmbHG (siehe hierzu diesen Rechtstipp) verstößt, etwa gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften (§§ 30, 31 GmbHG).

Ist der Gesellschafterbeschluss, auf dem die rechtswidrige Weisung beruht, nichtig, so muss die Geschäftsführung der Weisung nicht folgen. Ist der Gesellschafterbeschluss nur anfechtbar, so muss die Geschäftsführung die rechtswidrige Weisung dennoch befolgen, wenn die Anfechtungsfrist abgelaufen ist. Vor Ablauf der Anfechtungsfrist bzw. Entscheidung über die Anfechtungsklage muss die Geschäftsführung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Anfechtungsprozesses selbst entscheiden, ob sie die Weisung befolgt oder nicht.

Hält die Geschäftsführung die Weisung zwar nicht für rechtswidrig, jedoch für unzweckmäßig, so ist die Geschäftsführung verpflichtet, ihre Bedenken gegenüber den Gesellschaftern zu äußern.

3. Sozialversicherungspflicht

Das Weisungsrecht ist zudem eng mit der Frage der Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers verknüpft. Dabei ist es stets eine Frage des Einzelfalls, ob für den Geschäftsführer eine Sozialversicherungspflicht besteht, wofür insbesondere die Höhe seiner Beteiligung und die konkrete Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags entscheidend sind. Als grobe Faustregel gilt: 

  1. Ein Geschäftsführer, der mit 50% oder mehr Prozent am Stammkapital beteiligt ist, ist nicht sozialversicherungspflichtig, wohingegen bei einer geringeren Beteiligung als 50% im Regelfall eine sozialversicherungspflichte Beschäftigung vorliegt. 
  2. Bei Geschäftsführern, die am Eigenkapital nicht beteiligt sind (sog. Fremdgeschäftsführer), besteht im Normalfall ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.

Wer eine verbindliche Antwort möchte, kann hierfür ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung durchführen.

III. Vorlagepflicht der Geschäftsführung

In bestimmten Situationen ist die Geschäftsführung verpflichtet, eine Maßnahme der Gesellschafterversammlung zur Entscheidung vorzulegen. Dies gilt insbesondere für außergewöhnliche oder risikoreiche Geschäfte

Zudem sieht das Gesetz in bestimmten Fällen eine Vorlagepflicht vor, z.B. § 49 Abs. 3 GmbHG bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals. 

Daneben kann sich die Vorlagepflicht auch aus dem Gesellschaftsvertrag, einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung oder dem Anstellungsvertrag des Geschäftsführers ergeben - sog. zustimmungsbedürftige Geschäfte.

Umgekehrt kann es für die Geschäftsführung sinnvoll sein, eine geplante Geschäftsführungsmaßnahme den Gesellschaftern unabhängig vom Bestehen einer Vorlagepflicht zur Zustimmung vorzulegen, um sich diesbezüglich abzusichern.

IV. Fazit

Die Geschäftsführung muss rechtmäßige Weisungen der Gesellschafterversammlung befolgen. Rechtswidrigen Weisungen muss sie widersprechen.

In bestimmten Situationen ist die Geschäftsführung verpflichtet bzw. kann im eigenen Interesse gehalten sein, der Gesellschafterversammlung eine Maßnahme zur Entscheidung vorzulegen.


Bitte melden Sie sich gerne, wenn Sie Fragen hierzu haben.

Mit besten Grüßen, RA Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): Freudenberg Law


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