Welche Möglichkeiten stehen Lebensversicherten nach einer enttäuschenden Kündigung noch offen?

  • 2 Minuten Lesezeit

Nicht jede Kündigung eines Renten- oder Lebensversicherungsvertrags bringt den Versicherten das erhoffte finanzielle Ergebnis. Dies hatten Versicherte in der Vergangenheit erfahren müssen. Jedoch wollten sich nicht alle Betroffenen mit diesem Resultat zufriedengeben. Auf der Suche nach Lösungen erklärten einige Versicherte, dass sie dem ursprünglichen Vertragsschluss widersprechen und dass ihnen mehr zustehe als der ausgezahlte Rückkaufwert. Die damit verbundenen Geldforderungen führten zu Rechtsstreitigkeiten mit den Versicherungsunternehmen. Da bei Renten- und Lebensversicherungsverträgen, die zwischen 1998 und 2007 abgeschlossen wurden, grundlegende Rechtsfrage zu klären waren, beschäftigte sich der Bundesgerichtshof in den vergangenen Wochen wiederholt mit dem Widerspruch bei Lebens- und Rentenversicherungen.

Denn in § 5a Versicherungsvertragsgesetz (alte Fassung bis 2007) war geregelt, dass ein Renten- oder Lebensversicherungsvertrag nur binnen eines Jahres nach dem Bezahlen der ersten Prämie widerrufen werden kann. Renten- und Lebensversicherte hatte jedoch noch deutlich später ihre gekündigten Versicherungsverträge widerrufen, da sie sich auf den Standpunkt stellten, dass diese Ausschlussregelung und das damals vorgeschriebene Policenmodell (Vertrag wird abgeschlossen, wenn der Versicherte nicht binnen 14 Tagen nach Erhalt der Vertragsunterlagen widerspricht) gegen europarechtliche Vorgaben verstoßen.

Ein grundlegendes Urteil zu den Grenzen des Widerspruchsrechts fällte der BGH im Juli 2014. Es ging um den Fall eines Klägers, der 1998 einen Versicherungsvertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung abschloss und dabei ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt wurde. Der BGH entschied, dass der spätere Widerspruch des Klägers gegen den Vertragsschluss nicht mehr wirksam sei, da die Widerspruchsfrist längst abgelaufen sei. Auch stelle das Policenmodell keinen Verstoß gegen europarechtlichen Vorgaben dar, sodass die Widerspruchsfrist auch deshalb nicht ausgedehnt werden könne (Urteil vom 16.07.2014 – IV ZR 73/13).

Widerspruch ist in manchen Fällen immer noch möglich

Zu einem ganz anderen Ergebnis gelangte der Bundesgerichtshof in Fall eines Rentenversicherten, der einem gekündigten Versicherungsvertrag ebenfalls nach einer enttäuschenden Kündigung widersprochen hatte. Im Unterschied zu dem im Juli 2014 entschiedenen Fall wurde der Kläger beim Abschluss des Rentenversicherungsvertrags jedoch nicht ordnungsgemäß auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen. Aufgrund dieses Details beurteilten der Bundesgerichtshof und auch der Gerichtshof der Europäischen Union die Rechtslage anders: Bei einer nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung sei die Ausschlussregelung des § 5a Versicherungsvertragsgesetz (alte Fassung) nicht mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar. Die Folge ist, dass auch noch nach Jahren ein Widerspruch gegen den ursprünglichen Vertragsschluss möglich ist (Urteil vom 07.05.2014, Aktenzeichen: IV ZR 76/11).

Die BGH-Urteile der vergangenen Wochen zeigen, dass es für Renten- und Lebensversicherte möglich ist, sich gegen das enttäuschende Ergebnis einer Kündigung zu wehren. Doch die Urteile verdeutlichen auch, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um auszuloten, ob und welche Rechte einem Versicherten zustehen. Denn bei der rechtlichen Beurteilung eines Falls kommt es mitunter auf Einzelheiten an. Wenn Versicherte wissen möchten, welche konkreten rechtlichen Möglichkeiten in ihrem Fall offenstehen, sollten sie sich angesichts der komplexen Rechtslage zuvor Rechtsrat einholen.

Dr. Stoll & Kollegen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Kanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll

Beiträge zum Thema