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Weniger Unterhalt wegen hoher Umgangskosten?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Eltern sind zum Umgang mit ihren Kindern nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, vgl. § 1684 I Hs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Art. 6 II 1 Grundgesetz (GG). Ist der Expartner nach der Trennung zusammen mit dem Nachwuchs weit weggezogen, ist es aber gar nicht so leicht, den Umgang aufrechtzuerhalten. So mancher Unterhaltspflichtige glaubt nämlich, kein Geld für die anfallenden Fahrten zu haben. Doch kann aufgrund erhöhter Umgangskosten der zu zahlende Unterhalt verringert werden?

Grundproblem

Der unterhaltspflichtige Elternteil ist generell dazu verpflichtet, die Umgangskosten selbst zu tragen. Sie sind in der Regel im sog. Selbstbehalt – also dem Betrag, der einem Unterhaltspflichtigen zum Bestreiten des eigenen Lebensunterhalts bleiben muss – bereits enthalten und dürfen den zu zahlenden Unterhalt nicht mindern.

Anderes kann aber gelten, wenn der Unterhaltspflichtige ungewöhnlich hohe Umgangskosten hat. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der betreffende Elternteil bei voller Unterhaltspflicht sein Umgangsrecht nicht mehr geltend machen kann, weil ihm schlicht das Geld dafür fehlt. In einem solchen Einzelfall können die Kosten vom Nettoeinkommen abgezogen bzw. kann der Selbstbehalt erhöht werden.

Allerdings müssen die außergewöhnlich hohen Umgangskosten auch tatsächlich entstanden sowie erforderlich sein; ferner muss der Umgang mit dem Kind regelmäßig stattfinden.

Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel?

Mittlerweile kommt es immer häufiger vor, dass der betreuende Elternteil mit dem Kind weit wegzieht. Der Umgangsberechtigte muss daher oft einige hundert Kilometer zurücklegen, um sein Kind zu sehen bzw. es abzuholen. Dementsprechend muss er allein bei jedem Umgangskontakt dieselbe Strecke viermal zurücklegen, wenn er seinen Nachwuchs für ein paar Tage zu sich holt und ihn im Anschluss daran wieder nach Hause bringt.

Dabei entstehen zumeist sehr hohe Fahrtkosten – vor allem, wenn dabei der eigene Pkw genutzt wird. Das Thüringer Oberlandesgericht (OLG) stellte hier jedoch klar, dass sich Fahrtkosten sparen lassen, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil die Umgangskontakte nicht mithilfe seines Autos wahrnimmt, sondern öffentliche Verkehrsmittel nutzt. Schließlich ist er – wenn sein Kind noch minderjährig ist – gesteigert unterhaltspflichtig. Das bedeutet, er muss alles ihm Mögliche tun, um wenigstens den Mindestunterhalt zu sichern. Dazu gehört auch, die Umgangskosten so gering wie möglich zu halten und im Notfall die eigenen Bedürfnisse einzuschränken.

Im Übrigen könnte der umgangsberechtigte Elternteil schon während der Bahnfahrt Zeit mit seinem Kind verbringen und unter anderem mit ihm spielen – das wäre nicht möglich, wenn er selbst hinter dem Steuer sitzen und sich auf den Straßenverkehr konzentrieren müsste.

(K)Ein eigenes Zimmer für das Kind?

Oft mieten umgangsberechtigte Elternteile eine größere Wohnung an. Schließlich soll ihr Nachwuchs ein eigenes Zimmer haben, wenn er zu Besuch kommt. Eine größere Wohnung kostet generell aber auch mehr Geld – die Ausgaben schnellen in die Höhe.

Hier muss je nach Einzelfall entschieden werden, ob das Kind während der Umgangskontakte auch beim unterhaltspflichtigen Elternteil ein eigenes Zimmer benötigt. Schläft das Kind etwa jedes zweite Wochenende, während Schulferien und ab und zu auch wochentags bei ihm, kann die Anmietung einer größeren Wohnung durchaus angemessen sein. Das gilt jedoch nach Ansicht des Thüringer OLG nicht, wenn das Kind nur viermal im Jahr für ein paar Tage vorbeikommt. Hier wäre es sinnvoller, stattdessen eine kleinere Wohnung anzumieten. Das so gesparte Geld könnte nämlich die Umgangskosten senken und z. B. für Unterhaltszahlungen verwendet werden.

Fazit: Unterhaltspflichtige Elternteile müssen Kosten, die beim Umgang mit ihrem Nachwuchs entstehen, selbst tragen. Sie können deswegen auch nicht den Unterhalt mindern. Allerdings kann ihr Nettoeinkommen herabgesetzt bzw. der Selbstbehalt erhöht werden, wenn sie ungewöhnlich hohe Umgangskosten treffen.

(Thüringer OLG, Beschluss v. 18.05.2016, Az.: 1 UF 142/16)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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