Wer das „Vermögen allein übernehmen“ soll, ist Alleinerbe

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Mit Beschluss vom 14.08.2015 – 6 W 40/15 – hat das Kammergericht die Einziehung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge und die testamentarische Alleinerbenstellung des ältesten Sohnes des Erblassers in folgendem Fall bestätigt:


Der Erblasser hinterließ ein wie folgt lautendes Testament: „Ich verfüge, dass mein ältester Sohn allein mein Vermögen übernimmt, das sowohl sämtliche Immobilien, wie auch sämtliche finanziellen wie auch meine zu Papier gebrachten geistigen Leistungen umfassen soll.“ Weiter sollte es dem „freien Willen meines Sohnes und dem Gebot unseres Herrn überlassen“ sein, welche Entscheidungen der Sohn für seine Geschwister und die Mutter trifft. Aufgrund dessen wurde zunächst nur ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Abfolge erlassen. Das Kammergericht bestätigte hingegen die testamentarische Alleinerbenstellung des Sohnes wegen eines entsprechenden sowie wirksamen Testamentes.


Durch die unterstrichene Passage “allein mein Vermögen übernimmt“ habe der Erblasser eine der sprachlichen Fassung wie „bekommen“ oder „erhalten“ gleichstehende Formulierung der letztwilligen Verfügung gewählt, die für eine Erbeinsetzung spreche, da der Sohn hiernach anstelle des Erblassers dessen unmittelbarer Rechtsnachfolger in das Erblasservermögen werden solle. Demgegenüber habe der Erblasser auch nicht etwa eine  Formulierung verwendet, nach welcher der Sohn den Nachlass lediglich „regeln“ solle. Das Testament war auch nicht etwa dadurch unwirksam, dass es „dem freien Willen des Sohnes und dem Gebot des Herrn“ überließ, welche Entscheidungen der Sohn für die weiteren Familienangehörigen treffen möge. Gem. § 2065 Abs. 2 BGB kann zwar der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstands der Zuwendung nicht einem anderen überlassen. Mit der gewählten Formulierung habe indes der Erblasser gerade betont, dass der älteste Sohn als Alleinerbe in die vormals dem Vater zukommende Entscheidungsstellung einrücken und damit sein Rechtsnachfolger werden solle. Schließlich ist gem. § 2084 BGB bei verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten einer letztwilligen Verfügung im Zweifel diejenige vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann – dies ist mit der Annahme der Alleinerbenstellung des genannten Sohnes der Fall.



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