Wer haftet, wenn der Flug aufgrund einer Zugverspätung verpasst wird?

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Die Züge der Deutschen Bahn AG sind nicht immer pünktlich, besonders ärgerlich wird es dann, wenn man aufgrund einer Zugverspätung einen gebuchten Flug verpasst. Hier stellt sich für viele Reisende die Frage, wer für den Schaden, beispielsweise den Zusatzkosten für die neue Buchung und/oder eventuelle Übernachtungskosten aufkommen muss.

Normalerweise keine Haftung von Bahn und Reiseveranstalter

Grundsätzlich scheidet die Bahngesellschaft als Anspruchsgegner aus, ebenso wird grundsätzlich auch der Reiseveranstalter nicht für den entstehenden Schaden aufkommen müssen. Letzteres gilt aber nicht, wenn der Reiseveranstalter sowohl die Zugfahrt zum Flughafen als auch den Flug als „all-inclusive-Paket“ im Rahmen eines „Rail & Fly Tickets“ angeboten hat und der Flug aufgrund einer Bahnverspätung verpasst worden ist.

Ausnahme: All-Inclusive-Flugpauschalreisen

Der Bundesgerichtshof hat einen Fall entschieden, in dem der Kläger von dem beklagten Reiseveranstalter die Erstattung von Zusatzkosten und Aufwendungen verlangt hat, die ihm wegen eines verpassten Fluges entstanden sind. Der Kläger hatte bei dem Reiseveranstalter eine All-Inclusive-Flugpauschalreise von Düsseldorf in der Dominikanischen Republik gebucht. Für die Anreise zum Flughafen hatte der Kläger das „MEIER'S WELTREISEN Rail & Fly Ticket“ gebucht. Zu diesem Ticket wurde in der Katalogbeschreibung und in einem dem Kläger ausgehändigten Informationsblatt ausgeführt:

„Kein Stress und kein Stau mit dem ‚MEIER‘S WELTREISEN Rail & Fly Ticket‘. Bei jeder Flugbuchung aus diesem Katalog ist das ‚MEIER‘S WELTREISEN Rail & Fly Ticket‘ 2. Klasse der Deutschen Bahn AG zum Flughafen bereits im Preis enthalten! ... Bitte wählen Sie Ihre Verbindung möglichst so, dass Sie den Abflughafen spätestens zwei Stunden vor Abflug erreichen...“.

Der Kläger wählte einen Zug aus, der planmäßig um 9:08 Uhr am Flughafen Düsseldorf ankommen sollte. Tatsächlich verspätete sich der Zug, der Kläger kam erst um 11.45 Uhr am Flughafen an und verpasste den Hinflug der gebuchten Reise. Nach Rücksprache mit dem Reiseveranstalter reiste er mit der Bahn nach München und flog von dort aus am nächsten Tag in die Dominikanische Republik.

BGH: Reiseveranstalter muss Zusatzkosten für geänderte Anreise übernehmen und Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Taxi ersetzen

Der Bundesgerichtshof hat der Klage auf Rückerstattung der Zusatzkosten für die geänderte Anreise sowie Ersatz der hierdurch entstandenen Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Taxi stattgegeben.

Nach Auffassung des BGH habe der Reiseveranstalter aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Reisenden mit seinem Gesamtverhalten den Eindruck vermittelt, dass er den Bahntransfer als eigene Leistung anbiete und für den Erfolg einstehen wolle. Die Bezeichnung des Tickets, die Bewerbung als „bequemen Anreiseservice von MEIER'S WELTREISEN“ und der Umstand, dass der Transfer im Gesamtreisepreis enthalten sei, würden für eine Eigenleistung sprechen. Dass die Auswahl der Bahnverbindung zum Flughafen dem Reisenden überlassen worden sei, führt jedenfalls dann nicht zu einer anderen Beurteilung, wenn der Reiseveranstalter – wie hier – den Transfer ausdrücklich als eigene Leistung bewirbt, die Vorzüge gegenüber anderen Anreisemöglichkeiten hervorhebt und detaillierte Hinweise zur Auswahl der Bahnverbindung gibt. Da der Kläger seine Anreise mit dem Zug hinreichend sorgfältig geplant hatte, musste der Reiseveranstalter für die Mehrkosten im Wege der Abhilfe nach § 651c BGB der wegen des verspäteten Bahntransfers geänderten Anreise zum Reiseziel aufkommen. (BGH-Urteil vom 28. Oktober 2010 - Xa ZR 46/10)

Rechtsanwältin Olivia Holik

Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Rechtsanwaltkanzlei Holik


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