Zur Verfassungsmäßigkeit der Nachzahlungszinsen

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Bundesfinanzhof, Beschluss vom 25.4.18 – IX B 21/18

Steuernachzahlungen sind als solches schon ärgerlich. Doch damit nicht genug. Das Steuerrecht kennt viele Möglichkeiten, wie der Fiskus zu Geld gelangt. Wer eine Steuerschuld nicht fristgemäß begleicht, muss damit rechnen, dass ihm Nachzahlungszinsen auferlegt werden. Dadurch können sich mitunter die zu zahlenden Beträge deutlich erhöhen.

In § 233a AO heißt es: „Führt die Festsetzung der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- oder Gewerbesteuer zu einem Unterschiedsbetrag, ist dieser zu verzinsen“. Dieser Unterschiedsbetrag wird vom Gesetzgeber in Absatz 3 des § 233a AO definiert. Die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen macht den Unterschiedsbetrag aus.

Damit besteht für das Finanzamt die grundsätzliche Pflicht, Nachzahlungszinsen zu verlangen. Diese sind als solche, mögen sie auch den Zorn des Einzelnen auf sich ziehen, aus verfassungsmäßiger Sicht nicht zu beanstanden. Die Brisanz entsteht durch § 238 AO. Vom Tag des Zinsbeginns an sind für jeden vollen Monat 1,5 % Zinsen zu entrichten – ein bei aktueller Marktlage auf das Jahr gesehen utopisch hoher Wert. Dies hat indessen auch der Bundesfinanzhof erkannt. Das vorliegende Verfahren befasste sich allerdings lediglich mit einer Aussetzung der Vollziehung, sodass nicht die tatsächliche Rechtmäßigkeit bewertet wurde, sondern der Verwaltungsakt, der die Verzinsung festlegte, auf ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit hin untersucht wurde. Solche können laut Bundesfinanzhof vorliegen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Darüber hinaus sollen auch verfassungsrechtliche Zweifel an der Gültigkeit einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrundeliegenden Norm sein können. Eben jene legte der Bundesfinanzhof dar. Unter Bezug auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 GG verwies dieser auf den Realitätsbezug, den ein Zinssatz bieten muss. Da aber seit Jahren ein Niedrigzinsniveau herrscht, der Gesetzgeber gleichzeitig seit 1961 keine Änderung der Verzinsungshöhe des § 238 AO vorgenommen hat, fehle es genau an diesem. Eine Rechtfertigung des Wertes von 1,5 % pro Monat machte der Bundesfinanzhof zu Recht nicht aus.

Von einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht im Sinne des Art. 100 GG konnte das Gericht ungeachtet dessen absehen, da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelte. Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diesen Beschluss in den nächsten Monaten reagiert oder ob der Gesetzgeber eine Nachbesserung vornimmt. Andernfalls dürfte wohl der Gang nach Karlsruhe von Betroffenen zu erwarten sein.


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