Fernunterrichtsschutzgesetz greift auch für Unternehmer: Sensationsurteil im Online-Coaching!

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Anstatt von einer geschädigten Verbraucherin ausstehendes Honorar vor Gericht zu erhalten, muss eine Online-Coaching-Anbieterin selbst auf dem Wege der Widerklage tief in die Tasche greifen. Das Besondere ist, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nicht nur für Verbraucher, sondern auch für Unternehmer gilt.

Online-Coaching hat sich in den vergangenen Jahren als neue Methode der persönlichen und beruflichen Entwicklung etabliert. Diese Art des Coachings nutzt digitale Technologien, um Coaching-Sessions über das Internet anzubieten, wodurch Klienten und Coaches unabhängig von ihrem geografischen Standort miteinander interagieren können. Der Zugang zu einer Vielzahl von Coaching-Services, von Lebensberatung über Karriereentwicklung bis hin zu spezialisierten Unternehmensberatungen, ist somit deutlich erleichtert worden.

Das Problem: Viele Online-Coaching-Anbieterinnen fallen mit hohen Gebühren und wenig Leistung auf, weshalb immer häufiger Vertragsstreitigkeiten vor Gericht landen, wie kürzlich vor dem Landgericht Mönchengladbach (Urteil vom 13. März 2024, Az.: 2 O 217/21). Dabei ist dieser Fall etwas Besonderes. In diesem Rechtsstreit fordert die Klägerin, eine Anbieterin von Online-Coachings und -Unternehmensberatungen, von der Beklagten, einer Immobilienmaklerin mit einer GmbH, ausstehende Zahlungen für ein Geschäftsführer-Training, das fernmündlich vereinbart wurde. Dieses Training umfasste einen Zugang zu einem umfangreichen Online-Lernprogramm, Online-Gruppen-Coaching, Live-Coaching-Webinare, einen Premium-VIP-Support sowie weitere Unterstützungsangebote über verschiedene digitale Kanäle. Die Beklagte zahlte insgesamt sieben Monatsraten, verweigerte jedoch weitere Zahlungen und sperrte daraufhin den Zugang zum Onlineportal. Daraufhin kündigte sie den Vertrag.

Nach dem Urteil des Landgerichts Mönchengladbach erhält die ursprüngliche Beklagte als geschädigte Unternehmerin nun 33.320 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 8. Dezember 2023 von der Online-Coaching-Anbieterin zurück. „Die Klägerin argumentierte, dass die geforderte Vergütung für die bereitgestellten Dienstleistungen marktüblich und angemessen sei. Sie forderte die ausstehende Vergütung sowie Verzugszinsen. Die beklagte Unternehmerin, die den Vertrag mit ihrer GmbH abgeschlossen hatte, hingegen beantragte die Abweisung der Klage und fordert widerklagend die Rückzahlung der bereits geleisteten Zahlungen zuzüglich Zinsen, da sie behauptete, durch das Coaching keinen geschäftlichen Nutzen erzielt zu haben. Sie argumentierte, dass die Dienstleistung überteuert sei und für ihr Geschäft nicht umsetzbar gewesen war. Zudem wurde ihr vor Vertragsabschluss versichert, dass das Programm auch für Immobilienmakler erfolgreich sei, was ein entscheidender Faktor für den Vertragsabschluss gewesen sei“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung hat das wichtige Urteil im Online-Coaching-Skandal auf dem Weg der Widerklage vor dem Landgericht Mönchengladbacher erstritten.

Für Dr. Gerrit W. Hartung ist dieses Urteil bahnbrechend für weitere verbraucherfreundliche Klagen im Online-Coaching. „Es ist eine Sensation, dass wir für die Unternehmerin auf dem Weg der Widerklage ihr gesamtes gezahltes Honorar zuzüglich Zinsen zurückholen konnten. Es zeigt sich somit, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz FernUSG nicht nur für Verbraucher sondern auch für Unternehmer gilt. Das weist Anbieterinnen ohne Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz deutlich in ihre Schranken, auch im Bezug auf Verträge zwischen Unternehmen.“ 

„Das Gericht geht aber davon aus, dass das Fernunterrichtsschutzgesetzes auch für Unternehmerverträge Anwendung findet“, heißt es im Urteil. Das FernUSG verwende den Begriff des Verbrauchers nicht, und das Verständnis der Praxis spreche für die Anwendung des Gesetzes auf Unternehmer. Aus diesen und anderen Gründe spreche vieles dafür, dass der Anwendungsbereich des FernUSG nicht auf Verbraucher im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches beschränkt sei. Die „verbraucherschützende“ gesetzgeberische Zielsetzung des FernUSG datiert auf 1975 und damit vor der Einführung des modernen Verbraucherschutzrechts. So gesehen kann der „Verbraucher“, den das FernUSG schützen will, nicht gleichzusetzen sein mit dem Verbraucher des BGB.

Die Klage des Anbieters auf Zahlung des offenen Honorars war laut Gericht unbegründet, weil der streitgegenständliche Vertrag gemäß § 134 BGB in Verbindung mit Regelungen des FernUSG nichtig war. Im Bürgerlichen Gesetzbuch heißt es „Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt“, während das FernUSG formuliert: „Ein Fernunterrichtsvertrag, der von einem Veranstalter ohne die nach § 12 Abs. 1 erforderliche Zulassung des Fernlehrgangs geschlossen wird, ist nichtig“, denn „Fernlehrgänge bedürfen der Zulassung. Das gleiche gilt für wesentliche Änderungen zugelassener Fernlehrgänge. Keiner Zulassung bedürfen Fernlehrgänge, die nach Inhalt und Ziel ausschließlich der Freizeitgestaltung oder der Unterhaltung dienen.“

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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