Möglichkeiten der Regelung der Rechte und Verpflichtungen während der Ehe und der Scheidungsfolgen durch Ehevertrag

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Obwohl die Eheschließung mit weitreichenden rechtlichen Folgen verbunden ist, zeigt die Praxis, dass Ehegatten überwiegend keinen Ehevertrag abschließen. Der Grund dafür ist zum einen, dass den Ehegatten bei Eheschließung die vermögens- und unterhaltsrechtlichen Folgen der Ehe, aber auch die rechtlichen Möglichkeiten, diese Fragen vertraglich zu regeln, nur unzureichend bekannt sind und zum anderen, dass der Wunsch auf Abschluss einer solchen Vereinbarung vom anderen Ehegatten oft als Misstrauen ausgelegt wird.

Ein Ehevertrag bietet die Möglichkeit, im Vorhinein wesentliche Fragen der Aufteilung, des Unterhaltes sowie des Erbrechtes zu regeln, wodurch nachträgliche Überraschungen, aber vor allem langwierige und kostenaufwändige Ehe-, Unterhalts- und Aufteilungsverfahren vermieden werden können.


Wann kann ein Ehevertrag geschlossen werden

Der Ehevertrag kann sowohl vor Eingehen der Ehe für den Fall der Eheschließung als auch während der Ehe und zwar auch im Falle deren Zerrüttung abgeschlossen werden. In letzterem Fall wird dadurch eine gerichtliche Aufteilung vorweggenommen.

Da keine Verpflichtung zum Abschluss eines Ehevertrages besteht, ist ein Abschluss vor der Eheschließung zu empfehlen.


Welche Formvorschriften sind zu beachten

Die einzuhaltende Form eines Ehevertrages hängt zum einen davon ab, welche Ansprüche geregelt werden und wann der Vertrag geschlossen wird.

Gem. § 97 Abs. 1 EheG bedürfen Vereinbarungen, die im Voraus die Aufteilung ehelicher Ersparnisse oder die Aufteilung der Ehewohnung regeln, zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsaktes. Vereinbarungen die im Voraus die Aufteilung des übrigen ehelichen Gebrauchsvermögens regeln, bedürfen der Schriftform.

Bei Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe geschlossen werden, gelten diese Formerfordernisse nicht (§ 97 Abs. 5 EheG). Die Rechtsprechung stellt dabei vor allem auf den inhaltlichen und nicht auf den zeitlichen Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren ab (OGH 5 Ob 108/13p). Da die Frage, wann ein solcher Zusammenhang vorliegt, oft nicht klar beurteilt werden kann, sollte im Zweifel die Form des Notariatsaktes gewählt werden.    

Schließen die Ehegatten eine Vereinbarung im Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Ehescheidung, die im Falle der Scheidung gelten soll, ergibt die Vertragsauslegung in der Regel, dass im Falle des Scheiterns der Scheidung die Vereinbarung mangels Bedingungseintrittes keine Rechtsfolgen nach sich zieht             (OGH 1 Ob 178/07v).

Ein Pflichtteilsverzicht im Zusammenhang mit einem Ehevertrag bedarf ebenfalls der Notariatsaktsform (§ 551 ABGB).

Unterhaltsvereinbarungen einschließlich Unterhaltsverzichte können dann, wenn sie nicht als Schenkung ohne wirkliche Übergabe zu sehen sind, auch ohne Form des Notariatsaktes abgeschlossen werden.


Wann ist der Abschluss eines Ehevertrages sinnvoll


Rechtswahl

Bei Ehen von Ehegatten mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit ist das anwendbare Recht je nach Materie (Ehe, Unterhalt, Aufteilung) sehr zersplittert in verschiedenen Rechtsvorschriften (Rom III-VO, HUP, EuEheGüVO, IPRG) geregelt. Zudem kann sich das anwendbare Recht während der Ehe durch Änderung der Anknüpfung, insbesondere des gemeinsamen Aufenthaltes ändern.

Ein Ehevertrag bietet die Möglichkeit für alle Materien das anwendbare Recht einheitlich und gleichbleibend zu vereinbaren, wobei nur bestimmte Rechtsordnungen gewählt werden können, insbesondere jene der Staatsangehörigkeit eines der Ehegatten oder des gemeinsamen Aufenthaltes. Durch diese Rechtswahl wird Rechtssicherheit geschaffen.


Abweichende Regelung der Aufteilung

Das Gesetz sieht im Wesentlichen den Güterstand der Gütertrennung und eine Aufteilung des Zugewinnes vor. Es sind das Gebrauchsvermögen, das während aufrechter ehelicher Gemeinschaft dem Gebrauch beider Ehegatten gedient hat, einschließlich Hausrat und Ehewohnung sowie die ehelichen Ersparnisse und Wertanlagen, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben, zu teilen (§ 81 EheG).

Ausgenommen von der Aufteilung sind Sachen, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht, von Todes wegen erworben oder ihm ein Dritter geschenkt hat, welche dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten allein oder der Ausübung seines Berufes dienen, die zu einem Unternehmen gehören oder Anteile an einem Unternehmen sind, außer es handelt sich um bloße Wertanlagen. Eine Gegenausnahme bildet unter bestimmten, sehr eingeschränkten Voraussetzungen, die Ehewohnung     (§ 82 Abs. 2 EheG).


In einem Ehevertrag kann von diesen Aufteilungsregelungen abgewichen werden, beispielsweise dadurch, dass Aufteilungsansprüche hinsichtlich des Zugewinnes beschränkt werden oder darauf verzichtet wird. Ebenso kann eine abweichende Aufteilungsquote vereinbart werden. Im Zweifel wird von der Rechtsprechung eine hälftige Aufteilung der Aufteilungsmasse vorgenommen. Ausnahmen davon erfolgen dann, wenn der Beitrag eines Ehegatten erheblich überwiegt.

Ebenso kann abweichend vom Güterstand der Gütertrennung der Güterstand der Gütergemeinschaft in unterschiedlichen Ausformungen begründet werden, was in der Praxis eher selten vereinbart wird und vor allem auch aufgrund damit verbundener Vergemeinschaftung von Vermögen und haftungsrechtlicher Folgen eingehender Beratung bedarf.


Eingeschränkt wird die vertragliche Gestaltungsfreiheit dadurch, dass das Gericht von einer Regelung abweichen kann, wenn dadurch, verkürzt formuliert, ein Ehegatte unbillig benachteiligt wird (§ 97 Abs. 2 und 3 EheG).


Feststellung eingebrachter Vermögenswerte im Vertrag

Ein erheblicher Prozessaufwand gerichtlicher Aufteilungsverfahren entsteht erfahrungsgemäß durch die Klärung des Umfanges eingebrachten Vermögens, welches von der Aufteilung ausgenommen ist (§ 82 Abs. 1 Zif 1 EheG). Bei Aufteilung des Vermögens langjähriger Ehen fehlen oft Nachweise darüber, welche aufzuteilenden Werte bei Eheschließung bereits vorhanden waren und somit nicht der Aufteilung unterliegen. Bankauskünfte sind zum Teil wegen Ablaufes der Aufbewahrungspflichten nicht mehr zu erlangen. Eingebrachtes Vermögen ist vom Einbringenden zu behaupten und zu beweisen (OGH 1Ob 66/22w). Gelingt der Nachweis nicht, ist das Vermögen der Aufteilung unterlegen. Eine Feststellung der eingebrachten Vermögenswerte in einem Ehevertrag kann die nachträgliche Beweisführung wesentlich vereinfachen und abkürzen.

   

Vereinbarung über Unterhalt

Ehegatten sind wechselseitig zu Unterhalt verpflichtet (§ 94 ABGB). Nach der Ehescheidung besteht eine Unterhaltsverpflichtung dem Grunde nach vor allem für jenen Ehegatten, welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Unterhalt bei gleichteiligem Verschulden gebührt nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen. Die Verschuldensabhängigkeit der Unterhaltsverpflichtung begegnet aus verschiedenen Gründen zunehmender Kritik.

Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung wird durch nach der Rechtsprechung mit einem Prozentsatz des Nettoeinkommens des Unterhaltsverpflichteten ermittelt, dessen Höhe von weiteren Sorgepflichten und dem Eigeneinkommen des Berechtigten abhängt. Eine betragliche Deckelung des Unterhaltes wird nach der Rechtsprechung anders als beim Kindesunterhalt nicht vorgenommen (OGH 9 Ob 14/13v). Dies kann zu sehr hohen Zahlungsverpflichtungen führen.


Mit einem Ehevertrag kann der Unterhalt betraglich oder zeitlich beschränkt oder darauf gänzlich verzichtet werden.

Auf den Unterhaltsanspruch während aufrechter Ehe kann im Vorhinein nicht verzichtet werden (§ 94 Abs 3 ABGB). Dies schließt jedoch einen Verzicht auf künftige einzelne Unterhaltsleistungen oder Teile von Unterhaltleistungen auch während der Ehe, insbesondere eine betragliche Begrenzung des Unterhaltsanspruches nicht aus, wenn der notwendige Unterhalt dennoch gesichert ist und die Regelung nicht sittenwidrig ist.

Für den Fall der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft oder der Ehescheidung kann auf Unterhalt auch im Vorhinein verzichtet oder eine betragliche oder zeitliche  Beschränkung (beispielsweise während der Kinderbetreuung) vereinbart werden, dies auch unabhängig vom Verschulden an der Zerrüttung der Ehe. Es kann auch eine einmalige Unterhaltsabfindungsleistung vereinbart werden. Dadurch können aufwändige und unangenehme Verfahren über das Verschulden an der Zerrüttung der Ehe vermieden werden, da das Verschulden vor allem für die Frage der Unterhaltsverpflichtung bedeutend ist.

Eine Grenze finden solche Vereinbarungen jedoch im Falle der Sittenwidrigkeit, welche insbesondere dann vorliegt, wenn mit dem Verzicht Verpflichtungen übernommen werden, die die wirtschaftliche Existenz des Unterhaltsberechtigten bedrohen (OGH 6 Ob 212/08w), wenn der erwerbsunfähige Gatte auf Unterhalt verzichtet oder der Verzicht in der Absicht geschlossen wird, den Unterhalt auf Dritte, wie zB. Verwandte, öffentliche Fürsorge etc. abzuwälzen.


Erbrechtliche Regelungen

Die Ehe begründet zwischen den Ehegatten sowohl ein gesetzliches Erbrecht als auch ein wechselseitiges Pflichtteilsrecht. In einem Ehevertrag kann auf diese Rechte verzichtet werden. Mit einem Pflichtteilsverzicht kann die Testierfreiheit des Erblassers erhöht werden.


Unternehmen

Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, unterliegen nicht der Aufteilung                         (§ 82 Abs 1 Z 3 EheG). Dennoch ist die Abgrenzung, wann ein nicht aufzuteilendes Unternehmen oder eheliche Ersparnisse vorliegen oft nicht einfach zu ziehen. Zu beachten ist insbesondere, dass bloße vermögensverwaltende Tätigkeiten, wie zB die Vermietung von Liegenschaften nach neuerer Rechtsprechung nicht schon dann als Unternehmen eingestuft werden, wenn diese in größerem Umfang betrieben werden und ein größerer Organisationsbedarf erforderlich ist (OGH 1 Ob 112/18d). Es müssen dafür andere Kriterien hinzutreten, wie zB, dass die Vermietung Teil des aktiven Erwerbslebens ist und damit eine am Markt ausgerichtete wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet wird etc. Gerade zur Vermeidung solcher Abgrenzungsschwierigkeiten ist eine klarstellende Regelung in einem Ehevertrag empfehlenswert.


Welche Vereinbarungen können im Ehevertrag nicht wirksam getroffen werden

Die Art der Gestaltung der Ehe kann im Vorhinein nicht verbindlich geregelt werden, dies gilt beispielsweise für das Abbedingen der Verpflichtung zur ehelichen Treue, eine bestimmte Verpflichtung zum sexuellen Verkehr etc.

Ebenso können keine verbindlichen Regelungen über das Obsorgerecht der Kinder oder die Unterhaltspflichten der Kinder getroffen werden. Auch eine Vereinbarung, in welche sich ein Elternteil verpflichtet, für den Unterhalt des Kindes allein oder überwiegend aufzukommen und den anderen im Fall der Inanspruchnahme mit der Unterhaltspflicht schad- und klaglos zu halten sind nur wirksam, wenn sie im Rahmen einer umfassenden Regelung der Folgen einer Scheidung wirksam vor Gericht geschlossen werden (§ 231 Abs 4 ABGB).


Rechtliche Beratung

Ein Ehevertrag sollte grundsätzlich nur nach eingehender rechtlicher Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Notar geschlossen werden. Es ist insbesondere zu vermeiden, dass der angestrebte Zweck der Rechtssicherheit durch unklare Formulierungen unterlaufen wird. Die Verwendung von Vertragsmustern ist nicht ratsam, da damit den individuellen Interessen in der Regel nicht Rechnung getragen wird.

Eine rechtliche Beratung ist auch deshalb wichtig, da damit die Anfechtbarkeit einer Vereinbarung erschwert wird (§ 97 Abs 4 EheG).


Kosten und Gebühren des Ehevertrages

Die Höhe der Kosten des Ehevertrages sind vor allem davon abhängig, welche Vermögenswerte damit geregelt werden und welcher Beratungsaufwand anfällt. Es empfiehlt sich diesbezüglich vorab eine Vereinbarung mit dem Vertragsverfasser zu treffen.

Ein Ehevertrag kann auch erhebliche Rechtsgeschäftsgebühren auslösen, wenn dieser von der Abgabenbehörde als gebührenpflichtiger Vergleich gemäß 33 TP 20 Abs 1 GebG beurteilt wird (siehe u.a. VwGH 2000/16/0032 und die dort zit weitere Rsp). Bei Vorausvereinbarungen tendiert die neuere Rechtsprechung dazu (VwGH Ra 2016/16/0110), keine Gebührenpflicht anzunehmen. Bei Trennungsvereinbarungen dürfte dies jedoch nach wie vor anders sein, da damit in der Regel strittige Ansprüche geregelt werden sollen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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