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Verdachtskündigung: Was tun, wenn Sie auf Verdacht gekündigt werden?

  • 7 Minuten Lesezeit
Verdachtskündigung: Was tun, wenn Sie auf Verdacht gekündigt werden?

Tipps für Arbeitnehmer: So verhalten Sie sich bei einer Verdachtskündigung!

  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen! Der Arbeitgeber versucht möglicherweise, Sie zum Unterschreiben eines Aufhebungsvertrags zu drängen. Verweigern Sie die Unterschrift und lassen Sie sich von einem Anwalt beraten. 

  • Bewahren Sie Ruhe!  Eine Verdachtskündigung ist eine emotionale Situation. Versuchen Sie, Ruhe zu bewahren und nicht zu emotional zu reagieren. 

  • Sammeln Sie Beweise! Wenn Sie Beweise für Ihre Unschuld haben, sollten Sie diese sammeln. Dazu gehören beispielsweise Zeugenaussagen, Unterlagen oder andere Aufzeichnungen. 

  • Kontaktieren Sie einen Anwalt! Ein Anwalt kann Ihnen helfen, Ihre Rechte zu wahren und eine möglichst gute Lösung für Sie zu erreichen. Finden Sie jetzt den passenden Anwalt für Arbeitsrecht

Was ist eine Verdachtskündigung?

Eine Verdachtskündigung ist eine Kündigung, die auf den dringenden Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung des Arbeitnehmers gestützt wird. Die Kündigung ist also nicht auf einen nachgewiesenen, sondern nur auf einen vermuteten Pflichtverstoß gestützt. Oft handelt es sich dabei um den Vorwurf eines strafbaren Verhaltens.  

Auslöser von Verdachtskündigungen 

  • Verdacht auf Diebstahl: Der Arbeitgeber stellt fest, dass Waren aus dem Lager fehlen. Er konfrontiert den dort tätigen Arbeitnehmer mit dem Diebstahlsverdacht und erhält von ihm keine plausible Erklärung. 

  • Verdacht auf Unterschlagung: Das dem Arbeitnehmer anvertraute Firmen-Notebook wird im Internet zum Kauf angeboten. Anzeichen deuten auf den Arbeitnehmer als Verkäufer hin. 

  • Verdacht auf Arbeitszeitbetrug: Der Arbeitgeber stellt fest, dass der Arbeitnehmer regelmäßig zu spät zur Arbeit kommt oder zu früh nach Hause geht. Der Arbeitgeber erfährt, dass der Arbeitnehmer trotz Krankschreibung schwere Arbeiten auf einer Baustelle verrichtet. 

  • Verdacht auf Spesenbetrug: Der Arbeitnehmer reicht Spesenabrechnungen für Fahrten ein, die er nicht unternommen hat.

  • Verdacht auf Sachbeschädigung: Der Arbeitgeber stellt fest, dass ein Firmenwagen absichtlich beschädigt wurde. Kurz zuvor wurde der Arbeitnehmer in dessen Nähe gesehen. 

  • Verdacht auf Untreue: Der Arbeitgeber stellt fest, dass ein Arbeitnehmer mit der ihm anvertrauten Firmenkreditkarte unerlaubt eingekauft hat.

Eine Verdachtskündigung erfolgt überwiegend als außerordentliche Kündigung, weil ein schwerwiegender Vertrauensbruch im Raum steht. Hilfsweise erklären Arbeitgeber oft zugleich eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Unsicherheit über die Wirksamkeit der Verdachtskündigung.

Voraussetzungen für eine wirksame Verdachtskündigung

Der Verdacht muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen

Das bedeutet, dass bloße Mutmaßungen oder Gerüchte nicht ausreichen. Vielmehr müssen Tatsachen und Indizien dafürsprechen. Konkrete Umstände können beispielsweise sein: 

  • Zeugenaussagen 
  • Videoaufnahmen 
  • Sachbeweise 
  • Anhaltspunkte aus der Buchhaltung

Es muss sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung handeln 

Als gewichtig genug gilt in der Regel folgendes Fehlverhalten: 

  • Diebstahl 
  • Unterschlagung 
  • Arbeitszeitbetrug 
  • Spesenbetrug 
  • Geheimnisverrat 
  • Sachbeschädigung 
  • Untreue 
  • sexuelle Belästigung

Der Verdacht muss dringend sein 

Das verlangt, dass mehr Gründe für den Verdacht sprechen als gegen ihn. Es muss eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung begangen hat.  

Um zu beurteilen, ob der Verdacht überwiegend wahrscheinlich erscheint, wird das Gericht im Falle einer Kündigungsschutzklage alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und ihre Plausibilität mit Blick auf den Verdacht prüfen. Dabei kann es sich beispielsweise um folgende Faktoren handeln: 

  • Qualität und Quantität der objektiven Umstände 
  • Schwere des vorgeworfenen Verstoßes 
  • bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers

Der Verdacht muss vor Erklärung der Kündigung vorliegen und bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung einer Kündigungsschutzklage bestehen. 

Das Fehlverhalten muss das Vertrauen in den Mitarbeiter erschüttern 

Infolge des Fehlverhaltens darf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar sein. Die Erschütterung des Vertrauens wird im Einzelfall beurteilt. Dabei kann es sich beispielsweise um folgende Faktoren handeln: 

  • Schwere des mutmaßlichen Fehlverhaltens 
  • Wiederholungsgefahr 
  • Position des Arbeitnehmers im Unternehmen

Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben 

Das bedeutet, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den Sachverhalt aufzuklären, bevor er die Kündigung ausspricht. Zu den erforderlichen Schritten gehören: 

  • Anhörung des Arbeitnehmers 
  • Gelegenheit des Arbeitnehmers zur Stellungnahme

Anhörung und Stellungnahme des Arbeitnehmers: Frist und Ablauf

Die Anhörung des Arbeitnehmers bei einer Verdachtskündigung muss in der Regel innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt erfolgen, an dem der Arbeitgeber von den konkreten Verdachtsmomenten Kenntnis erlangt hat. Ausnahmefälle – wie etwa eine krankheitsbedingte Abwesenheit des Arbeitnehmers – erlauben eine längere Frist. 

Die Anhörungsfrist beginnt mit dem Tag, ab dem der Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte für einen schwerwiegenden Pflichtverstoß des Arbeitnehmers kennt. Auch ohne konkreten Verdacht sollte die Anhörung bei bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten innerhalb von 14 Tagen erfolgen. 

Rechte und Pflichten im Rahmen der Anhörung 

Die Anhörung muss schriftlich oder mündlich erfolgen. Meist erfolgt sie durch Einladung zu einem Personalgespräch im Unternehmen. Die Anhörung kann auch in Form eines Telefongesprächs erfolgen, wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist. 

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer so ausführlich wie möglich über die Gründe für die beabsichtigte Kündigung informieren. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer alle relevanten Informationen zur Verfügung stellen, damit der Arbeitnehmer sich richtig zu den Vorwürfen äußern kann. Er muss dem Arbeitnehmer insbesondere die den Verdacht begründenden Umstände umfassend mitteilen. Über den Grund der Besprechung und damit auch über die Vorwürfe muss der Arbeitnehmer jedoch nicht bereits vor seiner Anhörung informiert werden. 

Der Arbeitnehmer hat das Recht zu schweigen. Der Arbeitgeber darf nicht den Eindruck vermitteln, dass der Arbeitnehmer sich äußern muss. 

Der Arbeitnehmer hat aber auch ein Recht darauf, sich zu den Vorwürfen äußern zu können. Der Arbeitnehmer muss deshalb die Möglichkeit erhalten, Stellung zu nehmen und insbesondere Beweismittel vorzulegen. Dazu gehört auch das Benennen von Zeugen. Für die Stellungnahme muss der Arbeitgeber eine angemessene Frist einräumen. 

Der Arbeitgeber sollte den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass er das Recht hat, sich von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Folgen einer fehlerhaften Anhörung: Wenn der Arbeitgeber die Anhörung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat, ist die Verdachtskündigung in der Regel unwirksam. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer gute Chancen, die Kündigung vor dem Arbeitsgericht zu Fall zu bringen.

Der Betriebsrat bei der Verdachtskündigung

Der Betriebsrat muss wie bei jeder Kündigung auch bei einer Verdachtskündigung angehört werden. Diese Pflicht folgt aus § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Erfolgt keine Anhörung, ist die Kündigung angreifbar und kann durch das Arbeitsgericht für unwirksam erklärt werden. 

Im Rahmen der Anhörung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Gründe für die beabsichtigte Kündigung informieren. Die Informationen müssen so umfassend sein, dass der Betriebsrat sich daraus ein klares Bild darüber verschaffen kann, ob die Kündigung rechtmäßig ist. Mitzuteilen sind insbesondere der Vorwurf, die konkreten Verdachtsmomente, Schritte zur Aufklärung und deren Ergebnisse und Angaben zur Anhörung des Arbeitnehmers. Die Anhörung des Betriebsrats kann daher nicht vor der Anhörung des Arbeitnehmers erfolgen. Auch durch eine fehlende oder unzureichende Betriebsratsanhörung wird die Kündigung angreifbar. In der Regel führt dies dazu, dass das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklärt. 

Bei einer ordentlichen Anhörung hat der Betriebsrat die Möglichkeit, der Kündigung schriftlich zu widersprechen oder Bedenken zu äußern. Die Frist dafür beträgt bei einer außerordentlichen Kündigung nur drei Tage. Bei einer ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat dagegen eine Woche Zeit für den Widerspruch. Lässt der Betriebsrat die jeweils geltende Frist verstreichen, gilt dies als Zustimmung. 

Der Widerspruch führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der Arbeitnehmer hat aber das Recht auf Weiterbeschäftigung, bis über die Wirksamkeit der Kündigung rechtskräftig entschieden worden ist. 

Anforderungen an die außerordentliche Verdachtskündigung

Eine Verdachtskündigung erfolgt überwiegend als außerordentliche Kündigung. Für diese gelten weitere besondere Voraussetzungen. Die Nichteinhaltung kann ebenfalls zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Das gilt insbesondere, wenn die außerordentliche Kündigung zu spät erfolgt. Insofern muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen erfolgen, nachdem der Arbeitgeber Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erlangt. Informationen dazu und zu den weiteren Anforderungen nennt der Ratgeber Außerordentliche Kündigung: Wann ist sie wirksam?

Kündigungsschutzklage erforderlich

Trotz der zahlreichen Fehlerquellen einer Verdachtskündigung ist diese in den meisten Fällen nicht per se unwirksam. Arbeitnehmer müssen auch im Fall einer Verdachtskündigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.  

Wird keine Kündigungsschutzklage erhoben oder erfolgt sie zu spät, kann ein Arbeitnehmer gegen seine eigentlich unwirksame Kündigung kaum noch vorgehen. Ausnahmen und mehr finden Sie im Ratgeber zur Kündigungsschutzklage

Rechtsfolgen einer unwirksamen Verdachtskündigung

Wenn eine Verdachtskündigung unwirksam ist, hat dies zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch diese beendet wurde. Es besteht fort. Das hat Schadensersatzansprüche zur Folge. Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich nach den Umständen des Arbeitnehmers. Oft besteht Anspruch auf die zwischenzeitlich nicht gezahlte Vergütung. Auch weitere Leistungen wie Tantiemen, Urlaubsgeld und 13. Monatsgehalt sind nachzuzahlen, wenn der Arbeitnehmer diese eigentlich erhalten hätte. Hat der Arbeitnehmer eine neue Beschäftigung, verdient jedoch weniger, muss der Ex-Arbeitgeber dies ausgleichen. Kosten für den notwendigen Umzug zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung können weitere Ansprüche begründen. 

Möglich ist die Zahlung einer Abfindung, zu der es in Fällen der Verdachtskündigung regelmäßig kommt, weil eine Weiterbeschäftigung wegen des zerstörten Vertrauens zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht mehr infrage kommt. 

Hat der Arbeitgeber den erhobenen Verdacht unzureichend ermittelt oder diesen nicht auf objektive Tatsachen gestützt, kann das zudem Schmerzensgeldansprüche des Arbeitnehmers begründen. Ein Freispruch in einem aufgrund des Verdachts geführten Strafprozesses begründet dagegen für sich allein noch keine Schmerzensgeldansprüche.

Foto(s): ©Adobe Stock/Paolese

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