Vorladung, Anklage wegen Gefährdung des Straßenverkehrs durch Trunkenheit im Verkehr

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„War ja nur ein Bier“ oder „Ich hab doch fast gar nichts getrunken!“

Wer an- oder betrunken ein Fahrzeug führt, macht sich schnell strafbar. Entsprechende Strafen sind nicht zu unterschätzen. Insbesondere kann man sich auch nicht darauf berufen, dass man vorher mal „hochgerechnet“ hat, wie viel Promille man ungefähr haben müsste. Auch wenn das Internet unzählige solcher Promille Rechner zur Verfügung stellt, schützen diese nicht vor einer Strafbarkeit. 

Unerheblich ist auch der Umstand, man hätte doch extra das Auto stehen gelassen und sei Rad gefahren. 

Es stellt sich die Frage: Was passiert, wenn ich erwischt werde? Und auch die Frage, können sich nur Autofahrer strafbar machen?  


Wie wird ein Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr durch Trunkenheit im Verkehr bestraft? 

Wer eine Gefährdung des Straßenverkehrs aufgrund von Alkoholeinfluss oder des Konsums berauschender Mittel bewirkt, kann gem. § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe erhalten

Zusätzlich ist zu beachten, dass als Auffangtatbestand für das Fahren unter Alkoholeinfluss noch § 316 StGB zur Verfügung steht, welcher eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vorsieht. 

Doch nicht nur eine Freiheits- oder Geldstrafe hat der- oder diejenige zu erwarten, die (an-/be-)trunken Auto fährt. Zusätzlich droht bei jedem Verstoß die Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 69 Abs. 1 StGB, welche mit einer anschließenden Sperrfrist gem. § 69a StGB einhergeht.  Die Sperrfrist untersagt es den Behörden, eine erneute Fahrerlaubnis bis Ablauf der Frist zu erteilen. Die Frist beträgt mindestens 6 Monate. Sollte der „Führerschein“ zuvor schon vorläufig gem. § 111a StPO entzogen worden sein, verringert sich dieser Zeitraum. 

Zusätzlich kann auch eine sogenannte und zumeist gefürchtete MPU (Medizinisch-psychologische Untersuchung) angeordnet werden. Dies bedeutet, dass Zweifel an der Fahreignung bestehen. Diese Untersuchung wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf Sie, sondern ist auch zeit- und kostenintensiv


Können sich nur Autofahrer wegen Alkohol am Steuer strafbar machen? 

Ich bin doch extra Fahrrad gefahren! – Spielt leider keine Rolle. 

Die Strafbarkeit des § 315c Abs. 1 StGB knüpft nicht an das Fahren eines Autos an, sondern bezieht sich auf das Führen von „Fahrzeugen“. 

Der Tatbestand unterscheidet sich insoweit von vielen anderen Strafnormen, dass es gerade nicht erforderlich ist ein Kraftfahrzeug zu führen. 

Erfasst wird daher grundsätzlich jedes zur Ortsveränderung bestimmte Fortbewegungsmittel für Personen oder Sachen unabhängig von einer Motorisierung. 

Zum Beispiel: LKWs, Mofas, auf Rädern bewegte Bagger, motorisierte Schneepflüge, Gokarts, Elektroroller, mitunter auch Krankenfahrstühle, aber auch Fahrräder.

Nicht erfasst werden jedoch solche, die nachweislich ein geringeres Gefährdungspotential haben und als besonderes Fortbewegungsmittel im Sinne des § 24 der Straßenverkehrsordnung gelten. 

Zum Beispiel: Kinderwagen, Rodelschlitten, Skateboards, Rollschuhe aber auch ein Krankenfahrstuhl solange dieser von einer weiteren Person geschoben wird.

Aber Achtung: Rollschuhe mögen nicht als Fahrzeug gelten – jedoch wurden Inline Skates bei fahrradgleichem Einsatz bereits von Gerichten als Fahrzeug klassifiziert.


Wann macht man sich wegen Gefährdung des Straßenverkehrs durch Trunkenheit im Verkehr strafbar?

Unter Strafe gem. § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB steht das Führen eines solchen Fahrzeuges während man fahruntauglich ist und dies zu einer Gefährdung des Straßenverkehrs sowie einer konkreten Gefahr für Leib, Leben oder eine Sache von bedeutendem Wert führt. 

Ein Fahrzeug führt dabei, wer das Fahrzeug – durch Betätigung seiner Antriebskräfte und Handhabung der notwenigen technischen Vorrichtungen – in Bewegung setzt und hält und das Fahrzeug zumindest zum Teil lenkt. 

Zum Beispiel: Fahren, aber auch Anschieben, Lenken eines ohne Motorkraft rollenden Fahrzeuges, Lenken und Bremsen eines abgeschleppten Fahrzeuges.

Nicht erfasst: mangelnde Sicherung des Fahrzeuges gegen Wegrollen nach dem Abstellen.

Das Fahrzeug muss sich dabei im öffentlichen Straßenverkehr befinden. Dies bedeutet ein Ausschluss einer Strafe nach dieser Norm, wenn das Fahrzeug sich im Bahn-, Schiffs- oder Luftverkehr sowie auf Skipisten befindet.

Der Schiffs-, Bahn- und Luftverkehr wird jedoch durch § 315 sowie §315a StGB geschützt und entsprechend bestimmte diese gefährdenden Verhaltensweisen strafbewehrt. So ist auch die Trunkenheit im Bahnverkehr, Schiffsverkehr und Luftverkehr nach § 315a StGB strafbar.

Der Straßenverkehr ist öffentlich, wenn die konkrete Örtlichkeit dem Allgemeinen Verkehr gewidmet ist, aber auch bei geduldeter tatsächlicher Inanspruchnahme durch die Allgemeinheit. 

Zum Beispiel: Straßen, allgemein zugängliche Parkplätze, Parkhäuser während der Betriebszeit, Hof einer Gaststätte

Nicht aber: wenn ein Parkplatz allein Übernachtungsgästen vorenthalten ist oder bei Zugangskontrolle nur für einzelne Personen


Generelle Gefährlichkeit der Fahruntauglichkeit schlägt in Beinaheunfall um

Das Führen in fahruntauglichem Zustand führt abstrakt betrachtet, also für sich allein gesehen, schon zu einer Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs.

Darüber hinaus muss auch eine konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Sachwerte eines nicht nur unbedeutenden Wertes eingetreten sein. 

Eine solche Gefahr für Leib und Leben ist anzunehmen, wenn der Tod oder eine nicht unerhebliche Verletzung einer – auch beliebigen im öffentlichen Verkehrsraum befindlichen – Person nahe liegt. 

Es reicht dabei aus, wenn es zu einer konkreten Gefährdung des Mitfahrers gekommen ist. Erst recht reicht natürlich, wenn tatsächlich eine Verletzung eingetreten ist. 

Eine bedeutende Sache ist anzunehmen, wenn ein Gegenstand im Eigentum eines anderen steht und objektiv sein Verkehrswert einen Wert von 750,00€ hat oder diesen übersteigt. Dieser Sache muss ein erheblicher Schaden drohen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der Schaden auch tatsächlich in dieser Höhe eintritt. 

Sollten mehrere Sachen gefährdet sein, so sind Ihre Werte zu addieren und ihr Gesamtwert ist maßgeblich. 

Zum Beispiel: Fahrrad mit Fahrradanhänger als Gesamtwert oder Anhänger mit Paketen (die Werte der Pakete und deren Inhalte werden addiert)

Aber beachten Sie: das Auto des Täters zählt nicht als zu beachtende Sache, auch wenn das Auto einem anderen gehört. 


Ab wann gelte ich als fahruntauglich? 

Als Fahruntauglich bzw. fahruntüchtig gilt eine Person, die nicht in der Lage ist ein Fahrzeug eine längere Strecke sicher zu steuern und den Anforderungen des Straßenverkehrs auch bei plötzlichem Auftreten schwieriger Verkehrslagen nicht gewachsen ist. 

Das Gesetz unterscheidet dabei eine Fahruntauglichkeit aufgrund des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel und einer Fahruntauglichkeit aufgrund geistiger oder körperlicher Mängel


Fahruntauglichkeit bei Alkohol- und Rauschmittelkonsum

Zunächst ist festzustellen, dass die Fahruntauglichkeit gerade aufgrund der konsumierten Güter und Mittel eingetreten sein muss. Dass eine Person grundsätzlich nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug zu beherrschen oder einfach ungeschickt ist, reicht somit an dieser Stelle nicht aus. 

Bei der Fahruntauglichkeit aufgrund des Konsums von Alkohol oder berauschender Mittel wird zwischen einer sog. relativen und absoluten Fahruntauglichkeit unterschieden. 

Die entsprechenden Grenzwerte des Blutalkoholkonsums sind durch die Gerichte festgelegt worden. Es wird dabei zwischen Kraftfahrzeugen und anderen Fahrzeugen unterschieden. 

Beispielgrenzwerte der absoluten Fahruntauglichkeit: Autofahrer 1,1 Promille und beim Fahrrad 1,6 Promille


Die absolute Fahruntauglichkeit schließt das sichere Führen des Fahrzeuges in jedem Fall aus. Die weiteren Umstände der Situation sind nicht mehr relevant. Auch die Fahrweise des Täters spielt keine Rolle. Es muss daher durch die Strafverfolgungsbehörden kein weiterer Nachweis zur Annahme einer Fahruntauglichkeit erbracht werden. 

Zum Beispiel: Gewohnheitstrinker hat einen Blutalkoholspiegel von 1,8 Promille. Er ist dies jedoch gewohnt und kann gerade und unauffällig fahren. Trotzdem gilt er als absolut fahruntauglich.


Absolute Grenzwerte für die Auswirkungen von Drogen oder Medikamenten hat die Rechtsprechung nicht festgesetzt, sondern es findet immer eine Einzelfallbetrachtung statt.

Es kommt dabei auf die Art der Droge, die Wirkung sowie die Menge an. Als berauschende Mittel werden solche angenommen, die zu einer Senkung der Hemmung einer Person führen und die intellektuellen oder auch motorischen Fähigkeiten einer Person negativ beeinflussen.

Zum Beispiel: Cannabis, Amphetamine, MDMA; Ecstasy, Kokain u.a., erfasst werden aber auch ärztlich verordnete Medikamente.


Es wird dabei an einen Rausch angeknüpft. Also die vorübergehende Beeinflussung der Gehirntätigkeit z.B. durch veränderte Wahrnehmung, verändertes Empfinden oder veränderte Verarbeitung von Reizen. 

Nicht erfasst sind daher Medikamente ohne Rauschwirkung. 

Kurioser Fakt: Das LG Freiburg hat in seinem Urteil vom 02.08.2006 – 7 Ns 550 Js 179/05 eine Fahruntauglichkeit aufgrund eines koffeinhaltigen Getränkes wie Kaffee oder Cola bejaht, wenn es zu Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit aufgrund des Konsums und zu Veränderung des Reaktionsvermögens und Konzentrationsstörungen kommt. 

Als relativ fahruntauglich gilt man bei einem Blutalkoholwert von 0,3 Promille. Bei einer relativen Fahruntauglichkeit müssen jedoch zusätzlich noch alkoholtypische Ausfallerscheinungen hinzutreten. Es kommt also auf die weiteren Umstände der Situation an. 

Zum Beispiel: Fahren in Schlangenlinien, leichte oder sorglose Fahrweise, unachtsame Spurwechsel, lallende Aussprache, gerötete Augen, glasiger Blick aber auch ein unbesonnenes kritikloses Verhalten gegenüber den Polizisten. 


Aber nicht jedes verkehrswidrige Verhalten ist ausreichend – steht fest, dass selbiger Fehler auch nüchtern gemacht werden würde – z.B. Rotlichtverstoß bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei – kann dies nicht als Zeichen dafür gewertet werden, dass die Untauglichkeit zwangsweise alkoholbedingt ist. 

Merke auch: Zu beachten ist auch, dass bei einem BAK von 0,5 Promille eine Ordnungswidrigkeit begangen wird. Dies ist dann unabhängig von eventuellen Ausfallerscheinungen der Fall. 

Je höher der Blutalkoholwert, desto schwieriger wird es eine Fahruntauglichkeit zu widerlegen. 

Wichtig zu wissen: Es ist nicht erforderlich, dass eine Blutentnahme zur Feststellung des Blutalkoholwertes erfolgt ist. Es reichen alkoholbedingte Ausfallerscheinungen, wenn feststeht, dass vor oder während der Fahrt Alkohol konsumiert wurde. 

Zum Beispiel: Polizei beobachtet Fahrer, wie dieser während der Fahrt eine Flasche Vodka ansetzt und aus dieser trinkt. 


Fahruntauglichkeit infolge geistiger oder körperlicher Mängel

§ 315c Abs. 1 StGB erfasst nicht nur die Trunkenheitsfahrt. Darüber hinaus werden insbesondere auch Mängel benannt. 

Als zu beachtender Mangel gilt jeder körperliche oder psychopathologische Zustand, der die Gefahr einer Aufhebung der Fahrsicherheit mit sich bringt. Die erfasst sowohl dauerhafte als auch vorübergehende Mängel.

Zum Beispiel: Anfallsleiden, altersbedingte psychofunktionale Leistungsdefizite, Übermüdung, Psychosen…

Ausnahme: Täter fährt auf die Gegenfahrbahn in bewusst suizidaler Absicht. 

Dabei ist eine Herabsetzung der Leistungsfähigkeit des Fahrzeugführers in einem solchen Maße erforderlich, dass dieser nicht mehr in der Lange ist, das Fahrzeug längere Strecken sicher zu führen. 

Es kommt hierbei auf die Art, das Maß und ggf. die Kompensation der Beeinträchtigung im jeweiligen Einzelfall an. 


War ja keine Absicht – Keine Strafe bei nur fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr?

Nein, § 315c StGB sieht nicht nur für die vorsätzliche Begehung des Straftatbestandes eine Strafe vor. Gem. § 315c Abs. 3 StGB ist auch die fahrlässige Verursachung der Gefahr und auch ein fahrlässiges Handeln von dem Straftatbestand erfasst. 


Anwalt für Strafrecht beim Vorwurf der Gefährdung des Straßenverkehrs wegen Alkohol am Steuer

Der Anwalt für Strafrecht kann beim Vorwurf der Gefährdung des Straßenverkehrs umfassende Akteneinsicht beantragen und auf dieser Grundlage den Vorwurf prüfen und eine passende Verteidigungsstrategie erarbeiten.

Gerade in konkreten Fragen des Einzelfalles und Grenzfällen hilft dem Fachanwalt für Strafrecht seine umfassende Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung und die Erfahrung.

Darüber hinaus kann ein Anwalt Sie umfassend und fachübergreifend auch bei einem Vorgehen wegen der weiteren Konsequenzen wie z.B. dem Entzug der Fahrerlaubnis sowie der Anordnung von Untersuchungen unterstützen und Sie darüber beraten, wie Sie sich am besten verhalten sollten.

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