Wann liegt kein Rotlichtverstoß vor?
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Dr. Bernd Lorenz hat in zwei Aufsätzen in der „Neuen Zeitschrift für Verkehrsrecht“ Fallkonstellationen untersucht, in denen kein Rotlichtverstoß vorliegt.
In seinem Aufsatz „Wann ist das Überfahren einer roten Ampel erlaubt?“ (NZV 2015, 471-476) stellt Dr. Lorenz dar, dass das Überfahren einer roten Ampel in bestimmten Fällen ausnahmsweise erlaubt sein kann:
- Bei geschlossen Verbänden dürfen die nachfolgenden Fahrzeuge eine rote Ampel überfahren, wenn das erste Fahrzeug die Ampel bei Grün erreicht hat. In diesem Fall dürfen die übrigen Fahrzeuge des Verbands den vorausfahrenden Fahrzeugen folgen.
- Blaulichtfahrzeuge dürfen im Einsatz rote Ampeln überfahren. Aber auch Zivilfahrzeuge der Polizei oder Zivilfahrzeuge von Angehörigen der freiwilligen Feuerwehr dürfen im Einsatz rote Ampeln überfahren, wenn dies dringend geboten ist.
- Bürger dürfen rote Ampeln überfahren, wenn sie nur so einem Blaulichtfahrzeug freie Bahn verschaffen können. Wenn es nicht möglich ist, freie Bahn durch das Fahren an den Straßenrand bzw. Bildung einer Rettungsgasse zu schaffen, kann auch das Überfahren einer roten Ampel gerechtfertigt sein.
- Bei Notfallfahrten zur Rettung von Menschenleben ist das Überfahren von roten Ampeln gerechtfertigt. Bei Gefahr für Leib oder Leben dürfen rote Ampeln auch von Bürgern überfahren werden, sofern keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet werden.
- Bei umspringenden Ampeln und drohenden Auffahrunfällen kann das Überfahren einer roten Ampel gerechtfertigt sein. Wenn der Hintermann dicht auffährt, weil er bei der umspringenden Ampel noch mit durchziehen will, kann es dem Vordermann erlaubt sein, die rote Ampel zu überfahren.
In seinem Aufsatz „Der Wirkungsbereich einer roten Ampel“ (NZV 2015, 575-577) geht Dr. Lorenz der Frage nach, wann sich ein Verkehrsteilnehmer außerhalb des Geltungsbereichs einer roten Ampel befindet. In solchen Fällen liegt kein Rotlichtverstoß vor:
- Wenn ein Fahrzeugführer verkehrswidrig über den Gehweg fährt und nach rechts abbiegt, liegt kein Rotlichtverstoß vor, wenn er erst hinter dem Wirkungsbereich der roten Ampel auf die Fahrbahn zurückkehrt. Es liegt allerdings ein Verstoß gegen das Gebot der Fahrbahnbenutzung vor, denn Fahrzeuge dürfen den Gehweg nicht in Längsrichtung befahren.
- Kein Rotlichtverstoß liegt vor, wenn ein Zweiradfahrer vor der roten Ampel absteigt, sein Zweirad über den Gehweg schiebt und hinter dem Wirkungsbereich der Ampel auf der Fahrbahn weiterfährt. Denn in diesem Fall gilt der Zweiradfahrer als Fußgänger.
- Kein Rotlichtverstoß liegt vor, wenn ein Fahrzeugführer verkehrswidrig auf einer Busspur fährt, die für Busse Grün zeigt, und erst außerhalb des Wirkungsbereichs der roten Ampel auf die Fahrbahn zurückkehrt. In diesem Fall benutzt der Fahrzeugführer eine freigegebene Fahrspur.
- Radfahrer, die auf Radwegen unterwegs sind, brauchen rote Ampeln nicht zu beachten, wenn diese nur den Kraftfahrzeugverkehr regeln wollen. Es kommt darauf an, ob die Ampel die Absicht hat, den Radverkehr mitzuregeln.
- Kein Rotlichtverstoß liegt vor, wenn ein Fahrzeugführer vor der roten Ampel auf ein Grundstück – wie z.B. ein Tankstellengelände oder einen Parkplatz fährt – und das Grundstück an einer anderen Ausfahrt wieder verlässt, ohne in den geschützten Bereich der Ampel einzufahren.
- Befindet sich bei einer T-Kreuzung hinter einer Ampel im Kreuzungsbereich eine Grundstücksausfahrt, gilt die rote Ampel nicht für den auf die Straße einfahrenden Fahrzeugverkehr. Dieser hat gar keine Möglichkeit von der roten Ampel Kenntnis zu nehmen.
- Fußgänger, die in einiger Entfernung von der roten Ampel, über die Straße gehen, begehen keinen Rotlichtverstoß. Der Wirkungsbereich der roten Ampel beträgt grundsätzlich nur 5 m von der gestrichelten Linie der Fußgängerfurt aus. Es gibt allerdings ein Gebot zur Benutzung von Fußgängerüberwegen bzw. Fußgängerfurten, gegen das verstoßen werden kann.
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