12 aktuelle Fragen und Antworten zum Arbeitszeugnis

  • 4 Minuten Lesezeit

Das Arbeitszeugnis ist für das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers von überragender Bedeutung. Mit dem Arbeitszeugnis bewirbt man sich auf seine neue Arbeitsstelle. Ist das Arbeitszeugnis aber unvollständig bzw. unzutreffend oder enthält es gar Formulierungen, die den Arbeitnehmer persönlich oder seine Arbeitsleistung in ein schlechtes Licht stellen, schmälert dies dessen Chancen auf dem Arbeitsmarkt ganz erheblich.

Was ist bei der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses alles zu beachten?

Gesetzliche Grundlage für die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses ist § 630 BGB i. V. m. § 109 GewO. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 109 Abs. 2 GewO ist das Arbeitszeugnis klar und verständlich zu formulieren. Es muss zudem grundsätzlich der Wahrheitspflicht genügen, wobei eine wohlwollende Bewertung zu Grunde zu legen ist.

Wer hat Anspruch auf Erteilung des Arbeitszeugnisses?

Der Anspruch auf Zeugniserteilung ergibt sich aus § 109 Abs. 1 GewO. Danach ist grundsätzlich jeder Arbeitnehmer berechtigt, für seine Arbeitsleistung ein Zeugnis zu verlangen. Dies gilt für Praktikanten und Auszubildende ebenso wie für leitende Angestellte. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich um einen Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Person handelt.

Wann kann das Zeugnis verlangt werden?

Das Arbeitszeugnis kann verlangt werden, sobald aufgrund fristgerechter Kündigung oder des nahenden Ablaufs einer vertraglich vereinbarten Befristung das Ende des Arbeitsverhältnisses absehbar ist. Im Falle einer fristlosen Kündigung ist das Arbeitszeugnis unverzüglich vom Arbeitgeber zu erstellen. Ein Zwischenzeugnis ist auf Wunsch des Arbeitnehmers zu erteilen, wenn dieser ein berechtigtes Interesse daran hat, so etwa bei bevorstehendem Arbeitsplatzwechsel, Bewerbungen, Versetzung oder zur Vorlage bei Behörden.

Von wem ist das Zeugnis zu erteilen und zu unterschreiben?

Das Arbeitszeugnis ist vom Arbeitgeber auszustellen, der jedoch für die Erstellung auch auf einen angestellten Vertreter zurückgreifen kann. Grundsätzlich muss es sich bei dem Ersteller des Zeugnisses um einen ranghöheren Mitarbeiter handeln, der dem betreffenden Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugt ist.

Auf welchen Tag ist das Zeugnis zu datieren?

Das Zeugnis ist grundsätzlich auf das Ende des Arbeitsverhältnisses zu datieren. Dies gilt auch dann, wenn das Zeugnis nachträglich vom Arbeitgeber abgeändert wird.

Ist das Zeugnis vom Arbeitnehmer abzuholen oder vom Arbeitgeber zu versenden?

Das Arbeitszeugnis ist grundsätzlich - wie andere Arbeitspapiere auch - vom Arbeitnehmer beim Arbeitgeber abzuholen. Wenn der Arbeitgeber das Arbeitszeugnis allerdings trotz rechtzeitigen Verlangens bis spätestens zum letzten Tag des Ablaufs der Kündigungsfrist nicht bereit hält, hat er es dem Arbeitnehmer auf eigene Gefahr und Kosten zuzusenden. Hierbei hat der Arbeitgeber auch darauf zu achten, dass das Arbeitszeugnis auf dem Postwege keinen äußeren Schaden nimmt.

Muss das Arbeitszeugnis denn einer bestimmten äußeren Form entsprechen?

Ja, das Arbeitszeugnis muss bestimmten Formerfordernissen genügen. Es muss zunächst auf aktuellem Geschäftspapier von guter Qualität und in einheitlicher Maschinenschrift abgefasst werden. Es muss frei von äußeren Mängeln wie z. B. Flecken, Durchstreichungen, Knicken, Eselsohren usw. sein. Das Arbeitszeugnis darf keine geheimen Zeichen enthalten. Es ist mit einer eigenhändigen Unterschrift des Ausstellers abzuschließen.

Welchen Mindestinhalt muss das Arbeitszeugnis aufweisen?

Es kommt darauf an, ob es sich um ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis handelt. Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer insoweit ein Wahlrecht. Bei einem einfachen Zeugnis sind die Angaben zur Person des Arbeitnehmers und zur Art und Dauer der verrichteten Tätigkeit aufzunehmen. Dabei ist die Tätigkeit exakt und vollständig zu beschreiben. Bei einem qualifizierten Zeugnis sind zudem noch die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers zu beschreiben und zu beurteilen. Hierbei werden in der Regel Angaben zur Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft und zum beruflichen Engagement sowie zu beruflichen Erfolgen gemacht.

Was hat in einem Arbeitszeugnis nichts zu suchen?

Nicht erwähnt werden dürfen z. B. Abmahnungen, Privatangelegenheiten wie Krankheiten, Sexualverhalten, Gewerkschaftszugehörigkeit oder Schwangerschaft; dies selbstverständlich auch nicht durch verklausulierte Formulierungen wie etwa „Er/sie hat zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen", was so viel heißt, wie der Arbeitnehmer war auch im Dienst dem Konsum von Alkohol nicht abgeneigt.

Hat der Arbeitgeber bei Zeugniserteilung überhaupt keinen Beurteilungsspielraum?

Der Arbeitgeber muss wie schon erwähnt sowohl der Wahrheitspflicht genügen als auch ein wohlwollendes Zeugnis ausstellen. Hinsichtlich der Bewertung der positiven und negativen Eigenschaften und Leistungen des Arbeitnehmers steht ihm jedoch ein Beurteilungsspielraum zur Verfügung. Ungünstiges braucht der Arbeitgeber nicht zu verschweigen, wenn es im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers steht. Das Zeugnis muss aber in sich schlüssig sein, insbesondere müssen sich die Einzelbeurteilungen mit der Schlussnote decken.

Enthalten Arbeitszeugnisse denn Noten?

Schulnoten werden in Arbeitszeugnissen zur Leistungsbeurteilung nicht vergeben. Jedoch haben sich Formulierungen eingebürgert, die in ihrem Aussagegehalt im Wesentlichen denen von Schulnoten entsprechen. So bescheinigt

Stets zu unserer vollsten/vollen Zufriedenheit" dem Arbeitnehmer eine sehr gute bzw. gute,

Zu unserer vollen Zufriedenheit" oder „stets zur Zufriedenheit" eine befriedigende,

Zu unserer Zufriedenheit" eine ausreichende und

Im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit" dem Arbeitnehmer eine mangelhafte Leistung.

Haftet der Arbeitgeber für falsche oder unvollständige Angaben im Zeugnis?

Der Arbeitgeber ist dem Arbeitnehmer für das schuldhaft verspätete, gar nicht oder unrichtig ausgestellte Zeugnis grundsätzlich schadensersatzpflichtig. Der Schadensersatz orientiert sich der Höhe nach an dem Verdienstausfall, den der Arbeitnehmer infolge eines schlechten Zeugnisses erleidet. Bei falschen Angaben kann auch eine Haftung des alten gegenüber dem neuen Arbeitgeber gegeben sein. Dies gilt vor allem dann, wenn der neue Arbeitgeber im Vertrauen auf die Richtigkeit des Arbeitszeugnisses die Einstellung des unzutreffend beurteilten Arbeitnehmers vorgenommen hat.

Fazit:

Arbeitnehmer sollten ihr Arbeitszeugnis von einem im Arbeitsrecht erfahrenen Rechtsanwalt überprüfen lassen. Zudem können der Wahrheitspflicht genügende Arbeitszeugnisse vor dem Arbeitsgericht einklagt werden. Sie können hierzu unverbindlich unter 0221 - 460 233 13 telefonisch zu uns Kontakt aufnehmen.

Jörg Halbe ist Rechtsanwalt in Köln und geschäftsführender Gesellschafter der Kölner Kanzlei WAGNER HALBE Rechtsanwälte. Rechtsanwalt Halbe berät und vertritt seit vielen Jahren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer in allen Fragen des Arbeitsrechts.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von WAGNER HALBE Rechtsanwälte

Beiträge zum Thema