500,00 € Geldbuße für Jugendliche bei Verstoß gegen Corona-Beschränkungen?

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Als zu Beginn der Corona-Pandemie die ersten Einschränkungen und Betretensverbote ergingen, waren es oft Jugendliche, die von der Polizei wegen Verstößen angehalten und angezeigt wurden. Teilweise wurde die zulässige Obergrenze überschritten (beispielsweise waren 3 Jugendliche zusammen, obwohl die Obergrenze bei 2 Personen lag) oder benötige Abstand wurde in einer Warteschlange nicht eingehalten.

Jetzt kommen langsam die Bußgeldbescheide, welche regelmäßig ein einheitliches und – zur Abschreckung – sehr hohes Bußgeld vorsehen. In der Stadt Freiburg im Breisgau beispielsweise sind dies einheitlich immer 500,00 €. Dies dürfte aber in dieser Höhe nicht berechtigt sein.

Bei kleineren Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße im niedrigen zweistelligen Bereich spielt die Höhe üblicherweise keine Rolle. Insoweit gibt es einheitliche Tarife. Geringfügige Ordnungswidrigkeiten werden üblicherweise ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters geahndet. Musterbeispiel hierfür sind insbesondere die Verkehrsordnungswidrigkeiten mit dem einheitlichen Bußgeldkatalog.

Bei höheren Bußgeldern sieht die Sache jedoch anders aus. Schließlich sind im Bußgeldbescheid die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen zu berücksichtigen. § 17 Abs. 3 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) bestimmt:

"Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt".

Bei den Massendelikten des Straßenverkehrs mit den (relativ moderaten) einheitlichen Tarifen wird hiervon abgesehen. Diese fallen unter die so genannten geringfügigen Ordnungswidrigkeiten.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind aber spätestens dann zu berücksichtigen, wenn die Geldbuße den Betrag von 250,00 € überschreitet. Insoweit besteht Einigkeit in der juristischen Fachliteratur und auch die Rechtsprechung ist hierzu fast einheitlich. Als letzte veröffentlichte Entscheidung ist hier der Beschluss 53 Ss-OWi 110/20 (70/20) des OLG Brandenburg vom 17.03.2020 zu nennen.

Dies gilt natürlich in besonderem Maße für Jugendliche. Wenn das Bußgeld mit 500,00 € ungewöhnlich hoch (Überschreitung des Geringfügigkeitsbetrags um 100 %) angesetzt werden soll, sind die geringen finanziellen Fähigkeiten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden doppelt zu berücksichtigen:

Einerseits geht es dabei um die wirtschaftlichen Verhältnisse, welche schon bei der Festsetzung der Bußgeldhöhe berücksichtigt werden müssen. Bei einem Jugendlichen muss aus erzieherischen Gründen die Geldbuße so bemessen werden, dass er sie mit dem Geld bezahlen kann, welches ihm zur persönlichen Verfügung steht, also mit dem Taschengeld bzw. dem Lohn als Auszubildender. Nur wenn das beachtet wird, kann die Geldbuße eine positive erzieherische Wirkung entfalten. Insbesondere bei Schülern dürfte es jedoch kaum möglich sein, dass diese eine Geldbuße von 500,00 € von ihrem Taschengeld in einem überschaubaren Zeitraum bezahlen können. Dies ist schon bei der Festsetzung der Höhe des Bußgeldes zu berücksichtigen.

Damit dürfte die schematische Verhängung einer Geldbuße von 500,00 € gegen Jugendliche im Regelfall unzulässig sein. Daher lohnt sich in diesen Fällen ein Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid, welcher gegebenenfalls auf die Höhe des Bußgeldes beschränkt werden kann, wenn der Verstoß als solcher nicht infrage gestellt wird.

Andererseits können die wirtschaftlichen Verhältnisse zusätzlich auch im Vollstreckungsverfahren eine Rolle spielen. Dabei geht es um die Beitreibung des Bußgeldes, welche erforderlichenfalls auch mit Zwang erfolgen kann. Die aktuelle Mittellosigkeit eines Jugendlichen hindert die Festsetzung einer Geldbuße zwar erst einmal nicht. In solchen Fällen kann dann aber eine den Umständen angepasste Vollstreckung der Sanktion festgelegt werden. Auch dies ist in der Rechtsprechung anerkannt. Erzieherische Gesichtspunkte können im Vollstreckungsverfahren berücksichtigt werden.

Auch dann, wenn man sich gegen den Bußgeldbescheid nicht rechtzeitig gewehrt hat, ist also nicht alles verloren. Die Besonderheit, dass es sich bei dem Betroffenen um einen Jugendlichen handelt, ist dann nachträglich in der Vollstreckung zu berücksichtigen.

Rechtsanwalt Volker Seiring, Freiburg


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