Abrechnungsbetrug durch zu gering qualifiziertes Personal: 4 Jahre Haft

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Wer im Gesundheitswesen tätig ist, egal ob angestellt oder selbstständig, bewegt sich juristisch, auch strafrechtlich, oft auf einem schmalen Grad. Das Interesse, der Gesundheit des Patienten bestmöglich zu dienen, steht dem verständlichen Interesse an einem angemessenen Verdienst und oftmals sehr schwierigen Rahmenbedingungen gegenüber.

Die Grenze deutlich überschritten hat die Betreiberin eines Pflegedienstes, die jetzt abschließend durch den Bundesgerichtshof zu einer Haftstrafe von 4 Jahren verurteilt wurde.

Die Angeklagte hatte sich gegenüber einer Kranken- und Pflegekasse vertraglich verpflichtet, die langfristige Pflege eines schwerkranken Wachkomapatienten zu übernehmen. Dazu sollten täglich eine bestimmte Anzahl von Pflegestunden erbracht und zudem nur besonders qualifiziertes Pflegepersonal eingesetzt werden.

Tatsächlich setzte die Betreiberin des Pflegedienstes durchweg geringer qualifiziertes Personal ein. Zudem versah sie Leistungsnachweise in mehreren Fällen mit gefälschten Unterschriften der Ehefrau des Patienten.

Der Pflegezustand des Patienten war jedoch insgesamt gut.

Der Bundesgerichtshof entschied abschließend, dass nicht nur eine Urkundenfälschung in mehreren Fällen vorlag, sondern auch ein Betrug.

Das Unterschreiten der vereinbarten Qualifikation des eingesetzten Pflegepersonals habe nach sozialrechtlichen Grundsätzen zum vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs geführt. Die Tatsache, dass der Patient ordnungsgemäß versorgt wurde, sei dagegen unerheblich (Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Juni 2014, 4 StR 21/14).

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass vermeintlich „pragmatische Vorgehensweisen“, die oftmals auch einem erheblichen Kostendruck geschuldet sind, schlicht in das Gefängnis führen können.

Im vorliegenden Fall hat es lediglich die Inhaberin des Pflegedienstes getroffen. Sofern andere Mitarbeiter, zum Beispiel die Pflegedienstleitung oder Verwaltungskräften die vertraglich unzureichende Qualifikation des Personals bekannt war und diese Mitarbeiter verantwortlich an der Abrechnung mitwirken, besteht auch insofern ein Strafbarkeitsrisiko.

Beschuldigte derartiger Vorwürfe tun gut daran, keine Angaben gegenüber Ermittlungsbehörden (z. B. Polizei, Staatsanwaltschaft) zu machen und frühzeitig einen spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren. Auch ein „unverbindlicher Plausch“ etwa gegenüber Polizeibeamten sollte unbedingt vermieden werden. Oft genug habe ich es gesehen, dass ein derartiges „Pläuschen“ sich später sorgfältig dokumentiert in der Ermittlungsakte wiederfindet.

Der Rechtsanwalt kann hingegen Einsicht in die vollständige Ermittlungsakte nehmen. Mit einer schriftlichen Stellungnahme lassen sich die Vorwürfe dann oftmals entkräften und eine Einstellung des Verfahrens erreichen.

Guido C. Bischof

Fachanwalt für Medizinrecht


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