Achtung: Autobetrug - Gebrauchtwagenkauf - Arglistige Täuschung

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Verschwiegene Mängel beim Autokauf

Beim Kauf eines Gebrauchtwagens kann es zu arglistiger Täuschung kommen, wenn der Verkäufer wissentlich falsche Angaben macht oder wichtige Mängel verschweigt. Der Käufer hat in solchen Fällen das Recht, den Kaufvertrag anzufechten und den Kaufpreis zurückzufordern. Besonders wichtig ist das Urteil des Bundesgerichtshofs, das die Haftung für "Aussagen ins Blaue hinein" und die Untersuchungspflichten von Gebrauchtwagenhändlern klarstellt. Hintergründe von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt 

Berlin, Herbst 2024. Opfer von Gebrauchtwagenbetrügern sollen geschützt werden. Ziel der Rechtsordnung ist Gerechtigkeit. Wie erreichen wir vor Gericht Gerechtigkeit, wenn professionelle Händler mit Tricks aller Art arbeiten, um Autokäufer rechtlos zu stellen? Da wird das Kleingedruckte (allgemeinen Geschäftsbedingungen) bis zum Exzess zulasten der Käufer gedreht und versucht diesen aller Rechte zu berauben. 

Die Käufer sind jedoch nicht schutzlos. So können sich diese auf Gewährleistungsrechte berufen oder auf verschiedenen rechtlichen Grundlagen eine Rückabwicklung des Kaufs vornehmen.

Arglistige Täuschung vs. Gewährleistungsrecht

Im Gegensatz zu anderen Anfechtungsgründen wird die arglistige Täuschung (§ 123 BGB) nicht durch das Gewährleistungsrecht verdrängt. Der Grund dafür ist, dass der arglistig Täuschende als nicht schutzwürdig angesehen wird und nicht von den Beschränkungen des Gewährleistungsrechts profitieren soll.

Rechtsfolgen

Bei einer arglistigen Täuschung kann der Käufer den Kaufvertrag anfechten, was zur Rückabwicklung des Vertrags führt. Der Käufer kann den Kaufpreis zurückverlangen und muss im Gegenzug die Kaufsache zurückgeben. Dies geht über die Rechte aus dem Gewährleistungsrecht hinaus.

Beweislast

Die Beweislast für eine arglistige Täuschung liegt beim Käufer. Er muss nachweisen, dass der Verkäufer vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder wichtige Informationen verschwiegen hat. Dies kann in der Praxis oft schwierig sein. Wichtiger Tipp für den Gebrauchtwagenkauf: Die Anzeige im Internet ist wichtig. Bitte ausdrucken oder anderweitig sichern. Gleiches gilt für Zeugen: nie alleine mit dem Verkäufer verhandeln. 

Verjährung

Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung unterliegt anderen Verjährungsfristen als Gewährleistungsansprüchen. Während Gewährleistungsansprüche oft nach kurzer Zeit verjähren (zwei Jahre gemäß § 438 BGB), gilt für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, die eine Ausschlussfrist bezüglich der Ausübung dieses Gestaltungsrechts von einem Jahr. Hieran knüpft dann das Bereicherungsrecht mit der Regelverjährung an.

Verkäufer sollten sich bewusst sein, dass ein Gewährleistungsausschluss sie nicht vor den Folgen einer arglistigen Täuschung schützt. Selbst private Verkäufer können haftbar gemacht werden, wenn sie bewusst falsche Angaben machen oder wichtige Mängel verschweigen.

Arglistige Täuschung bei Aussagen ins Blaue hinein und Untersuchungspflicht

Wichtig und grundlegend ist das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15. April 2015 (VIII ZR 80/14) wegen der Haftung für „Aussagen ins Blaue hinein“ sowie den Untersuchungspflichten eines Gebrauchtwagenhändlers. In dem Fall ging es um die Rückabwicklung eines Kaufvertrags für einen Gebrauchtwagen und die Frage, inwieweit der Verkäufer arglistig getäuscht hat, indem er keine ausreichende Untersuchung des Fahrzeugs durchführte, sondern sich auf die Untersuchung des TÜV verließ. Zwei zentrale Aspekte des Urteils sind die "Aussagen ins Blaue hinein" und die Untersuchungspflichten, 

Der Begriff „Aussagen ins Blaue hinein“ bezieht sich auf Fälle, in denen eine Partei ohne hinreichende Tatsachengrundlage Behauptungen aufstellt. Im vorliegenden Fall war die Frage, ob der Gebrauchtwagenhändler durch seine Äußerungen über den Zustand des Fahrzeugs - insbesondere die stillschweigende Zusicherung der Verkehrssicherheit aufgrund der erfolgreichen TÜV-Untersuchung - in dieser Weise gehandelt hat. 

Der BGH hat klargestellt, dass ein Verkäufer, der keine genaue Kenntnis von einem bestimmten Zustand eines Gebrauchtfahrzeugs hat, dennoch für seine Aussagen verantwortlich ist, wenn er bewusst keine sorgfältige Prüfung vornimmt und dennoch eine Beschaffenheitsangabe macht oder den Käufer über die tatsächliche Prüfungssituation im Unklaren lässt. Hier hatte der Händler das Fahrzeug lediglich oberflächlich überprüft und sich auf den TÜV-Bericht verlassen, ohne die bekannten Mängel offenzulegen oder darauf hinzuweisen, dass keine gründliche Überprüfung durch ihn selbst stattfand.

Diese Verhaltensweise wurde vom Gericht als arglistiges Verschweigen eines Mangels gewertet, was der Arglistanfechtung des Kaufvertrags den Weg ebnete. Auch wenn der Händler möglicherweise nicht konkret über die Korrosionsschäden Bescheid wusste, so lag zumindest ein „ins Blaue hinein“ getätigtes Verhalten vor, indem er die Kundin über den tatsächlichen Zustand des Fahrzeugs im Dunkeln ließ und sich nur auf den TÜV-Bericht verließ. Dieses Verhalten wurde dem Verkäufer als Pflichtverletzung ausgelegt.

Untersuchungspflichten

Ein zentrales Thema des Urteils betrifft außerdem die Untersuchungspflichten, die ein Gebrauchtwagenhändler gegenüber dem Käufer hat. Die Rechtsfrage lautete hier, ob der Händler verpflichtet war, eine umfassende technische Überprüfung des Fahrzeugs durchzuführen, bevor er es verkaufte, oder ob eine bloße Sichtprüfung ausreichte.

Der BGH stellte klar, dass Gebrauchtwagenhändler grundsätzlich keine generelle, umfassende Untersuchungspflicht trifft. Es besteht jedoch eine besondere Untersuchungspflicht, wenn konkrete Anhaltspunkte für Mängel vorliegen, die dem Verkäufer bekannt sein müssten oder die bei einer einfachen Sichtprüfung erkennbar wären. In diesem Fall hatte der Verkäufer jedoch bewusst auf eine eigene gründliche Überprüfung verzichtet und lediglich eine oberflächliche Sichtprüfung durchgeführt, die die fortgeschrittene Korrosion hätte offenbaren müssen. Dieses Verhalten führte zu einer arglistigen Täuschung, weil der Verkäufer der Klägerin nicht mitgeteilt hatte, dass er keine detaillierte Untersuchung vorgenommen hatte und nur den TÜV-Bericht als Grundlage für seine Aussagen herangezogen hatte.

Das Gericht entschied, dass der Verkäufer auch dann gegen seine Untersuchungspflichten verstößt, wenn er sich zur Erfüllung dieser Pflichten eines Dritten bedient (hier: des TÜV), dieser jedoch unzureichend handelt. In diesem Fall wird das Fehlverhalten des Dritten dem Verkäufer zugerechnet, sodass auch die Haftung des Verkäufers bestehen bleibt.

Foto(s): Dr. Thomas Schulte

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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