AG Leipzig: 10% Mietminderung wegen Legionellenbefall - bloße subjektive Gefährdung ausreichend

  • 4 Minuten Lesezeit

Das Amtsgericht Leipzig hat durch Urteil vom 8. Februar 2016 (Az: 165 C 6611/15 – noch nicht rechtskräftig) entschieden, dass Legionellen in einer Mietwohnung selbst dann eine Mietminderung rechtfertigen, wenn das Mietobjekt aufgrund einer nur befürchteten Gefahr genutzt werden kann.

Sachverhalt

Die Klägerin begehrt mit Ihrer Klage Feststellung einer Minderungsquote wegen Legionellen sowie Schadensersatz für angeschaffte Filter etc.

Der Grund war eine Mitteilung des Vermieters, dass im Trinkwassersystem Legionellen festgestellt wurden, da der Klägerin (Mieterin einer Wohnung des betreffenden Hauses) trotz mehrmaliger schriftlicher Aufforderung keine Unterlagen oder gar Ergebnisse vorgelegt wurden, sah sich diese einer Gefährdung ausgesetzt.    

Die Hausverwaltung der Vermietung forderte die Mieter gleichfalls auf, verkalkte oder veraltete Duschschläuche und Duschköpfe zu tauschen und empfahl zudem Filter zu benutzen. Die Klägerin forderte die Beklagte wiederum auf, ihre Messergebnisse für ihre Wohnung mitzuteilen. Eine solche Mitteilung erfolgte nicht. Auch das Gesundheitsamt teilte der Klägerin den Wert der Legionellenkonzentration nicht mit, bestätigte jedoch ebenfalls eine Legionellenbelastung. Zwar meldete sich der Anwalt der Beklagten und teilte der Klägerin mit, dass die Legionellenkonzentration im Trinkwasser nicht den Grenzwert überschreitet, ein Ergebnis teilte dieser jedoch ebenfalls nicht mit. Erst im anhängigen Gerichtsverfahren wurde der Klägerin das Untersuchungsergebnis mitgeteilt und die Unterlagen zur Messung übersandt.

Nach den Untersuchungsergebnissen wurden bei der ersten Beprobung in der Wohnung der Klägerin Legionellen festgestellt – allerdings nicht über den Grenzwert (technischer Maßnahmewert) von 100 KBE/100 ml. Bei einer nachfolgenden Beprobung wurden keine Legionellen mehr festgestellt. Bei der zweiten Beprobung wurden jedoch andere Entnahmestellen berücksichtigt als bei der ersten und auch die Filter waren bei der zweiten Untersuchung bereits im Einsatz.

Die Klägerin minderte und forderte die Beklagte vergeblich dazu auf, die Filter und Duschschläuche auszutauschen. Daraufhin setzte die Klägerin eine Frist und kündigte an, die entsprechenden Maßnahmen selbst umzusetzen. Mit der Klage begehrt die Klägerin neben der Feststellung der Minderung daher auch Schadensersatz für mehrere Wasserfilter, Duschkopf und einen Brauseschlauch im Wert von mehr als 500,00 EUR geltend – die Wasserfilter mussten gewechselt werden.

Entscheidung

Das Amtsgericht gewährte der Klägerin zumindest eine 10%-ige Minderung ab dem Zeitpunkt der Mitteilung einer Legionellenbelastung durch die Hausverwaltung der Beklagten bis einschließlich zu dem Tag, an dem der Klägerin die Untersuchungsergebnisse im Prozess vorgelegt worden sind.

„Ein Mietmangel im Sinne von § 536 BGB liegt nicht nur vor, wenn tatsächlich eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, sondern auch schon deshalb, wenn das Mietobjekt nur in der Befürchtung der Gefahr genutzt werden kann. Auch eine nur befürchtete Gefahr beeinträchtigt den ungestörten Gebrauch der Sache (vgl. OLG Hamm, Entscheidung vom 13.02.2002, Az.: 30 U 20/01)“ (AG Leipzig, Urteil vom 08.02.2016, Az.: 165 C 6611/15).

Legionellen im Mehrfamilienhaus als auch in der Wohnung der Klägerin wurden festgestellt.

„Es kommt nicht darauf an, ob Grenzwerte überschritten wurden. Allein das Vorhandensein der Legionellen beeinträchtigt schon den Mietgebrauch, weil dies den Mieter verunsichert und dieser nicht mehr wie sonst unbeschwert Wasser entnehmen kann …“(AG Leipzig, Urteil vom 08.02.2016, Az.: 165 C 6611/15)

Diese subjektive Gefährdung war erst beendet, nachdem die Beklagte im Prozess die Untersuchungsergebnisse auch der zweiten Beprobung eingereicht hat, in welcher keine Belastung mehr festgestellt wurde.

Eine weitere Minderung sei ausgeschlossen, da die Mieterin selbst eine Beprobung ohne die verwendeten Filter hätte verlangen oder zumindest selbst beeinflussen können. Auch welche Entnahmestellen beprobt werden sollen. Danach war zumindest ab dem Zeitpunkt der Vorlage des Berichts keine Minderung mehr gegeben.

Die reine Gefährdung sei nach Ansicht des Gerichts jedoch mit einer Minderungsquote von 10% ausreichend bemessen.

Die Klägerin hat gleichfalls einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 536a Abs. 2 BGB. Der Vermieter befand sich zum Zeitpunkt der Anschaffung der Filter, des Duschschlauchs und des Brausekopfes mit der Beseitigung des Mangels im Verzug und es bestand auch eine Gefährdungslage aufgrund der Legionellenbelastung. Die Beklagte war daher zur Mangelbeseitigung verpflichtet. Zum Zeitpunkt des Kaufs der weiteren Filter bestand zwar keine objektive Gefahr mehr, jedoch eine subjektive Gefährdungslage. Die Anschaffung der weiteren Ersatzfilter beruhte zudem auf den verweigerten Informationen zu den Untersuchungsergebnissen durch die Beklagte. Der Schaden ist hierdurch entstanden und von der Beklagten zu ersetzen, so hat die Vermieterseite weder die Informationen übermittelt noch hat sie selbst für Filter gesorgt.

Fazit

Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die sicher nicht auf eine Vielzahl von Sachverhalten anzuwenden ist. Der hiesige Sachverhalt war in dieser Konstellation insoweit besonders und nicht alltäglich. So hat sich die von unserer Kanzlei vertretene Mieterin im besonderen Maße – mehrere Male schriftlich – um die Mitteilung der Ergebnisse bemüht und daneben auch eigene Versuche über das zuständige Gesundheitsamt und die Wasserwerke unternommen. Für eine Minderung wegen Legionellen genügt es dem Amtsgericht Leipzig jedoch, dass bereits eine subjektive Gefährdung besteht. Eine objektive Gefährdung wegen Überschreitung bestimmter Grenzwerte oder gar wegen Gesundheitsgefährdung sei nach Ansicht des Gerichts nicht erforderlich. Ebenso entschied bereits das AG Dresden mit Urteil vom 11. November 2013 (Az.: 148 C 5353/13), dass bereits eine latent befürchtete Gefahr den ungestörten Gebrauch der Mietsache beeinträchtige und sah bei Legionellen eine Mietminderung von 25 % an, jedoch bestand in diesem Fall tatsächlich auch eine akute Gesundheitsgefahr.

Daniel Baumgärtner

Rechtsanwalt
 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Daniel Baumgärtner

Beiträge zum Thema