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Altersarmut: Wenn Rente, Pflegeversicherung und private Vorsorge nicht reichen

  • 4 Minuten Lesezeit
Ferdinand Mang anwalt.de-Redaktion

Der seit über einem Jahrhundert bestehende Generationenvertrag wurde abgeschafft. Die Folge ist, dass 50 % der Rentner, die im Jahr 2030 in Rente gehen, in Altersarmut leben, also ein Einkommen unterhalb des Existenzminimums beziehen werden. Allerdings gibt es Möglichkeiten, zusätzliche Leistungen zu beziehen, um sich auch im Alter ein würdiges Dasein zu sichern.

Grundsicherung

Der Gesetzgeber hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, das soziale Netz zu schließen. Wer überall durchfällt, den soll die Grundsicherung auffangen. Im Jahr 2007 hatten circa eine Million Menschen ab 65 Jahren einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, jedoch nahmen davon nur 340.000 die Leistung tatsächlich in Anspruch. Es ist davon auszugehen, dass immer noch viele, die einen Anspruch auf Grundsicherung hätten, diese nicht beziehen. Als Bedürftiger ist berechtigt, wer die Regelaltersgrenze überschritten hat, also heute 65 Jahre und 5 Monate alt ist (Stand 2016) oder 18 Jahre alt und voll erwerbsgemindert ist.

Wie bekomme ich Grundsicherung?

Grundsicherung sollte beim Sozialamt am besten schriftlich beantragt werden. Die Leistung wird für zwölf Monate gewährt und verlängert sich automatisch, wenn sich an den Verhältnissen nichts geändert hat. Es ist empfehlenswert, zunächst beim zuständigen Sozialamt anzurufen und einen Termin zu vereinbaren. Bei dieser Gelegenheit sollte zugleich nachgefragt werden, welche Unterlagen zum Termin mitgebracht werden sollen. Im Termin wird in der Regel gemeinsam mit dem zuständigen Behördenmitarbeiter der Antrag ausgefüllt und gestellt, denn Behörden sind verpflichtet, bei der Antragstellung zu helfen und dafür zu sorgen, dass die richtigen Anträge gestellt werden. Dieses Vorgehen ist daher grundsätzlich bei jedem notwendigen Behördenkontakt zu empfehlen.

Vorteile

Im Gegensatz zu Hartz IV werden Angehörige nicht zur Kasse gebeten. Ein Unterhaltsrückgriff des Sozialhilfeträgers auf die Kinder erfolgt nämlich nicht, solange kein Kind im Jahr über 100.000  € verdient. Auch ist ein Kostenersatz durch die Erben der Leistungsempfänger ausgeschlossen.

Hilfe zur Pflege

Wenn die Leistungen der Pflegeversicherung nicht reichen, besteht für bestimmte Gruppen ein Anspruch auf Hilfe zur Pflege. Dieser Anspruch umfasst auch die Kosten einer Pflegekraft. Dabei ist die häusliche Pflege vorrangig. Wer einen pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause selbst versorgen möchte, findet in dem Rechtstipp: „Häusliche Pflege – die fünf wichtigsten Rechte für pflegende Angehörige“ weitere Informationen.

Wie bekomme ich Hilfe zur Pflege?

Ein Antrag ist zwar empfehlenswert, aber nicht erforderlich. Es ist ausreichend, dass dem Träger der Sozialhilfe der Anspruchsberechtigte bekannt wird. Dabei muss nicht einmal die „richtige“ Behörde kontaktiert werden. Es ist ausreichend, wenn hier beispielsweise die Gemeinde oder das Sozialamt benachrichtigt werden, da diese den zuständigen Träger der Sozialhilfe informieren. Auch ist es nicht erforderlich, einen Antrag zu stellen. Denn die Behörde ist bei Vorliegen von Anhaltspunkten verpflichtet, hier selbst zu ermitteln und Hilfe zur Pflege zu gewähren. Oft liegt bereits eine Entscheidung der Pflegekasse über die festgestellte Pflegestufe vor, die durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ermittelt wurde. Diese Feststellungen des MDK sind für das Sozialamt unmittelbar bindend.

Nachteile

Kinder des Bedürftigen, die unterhaltspflichtig sind, können von der Behörde zur Zahlung herangezogen werden. Das heißt, dass die Behörde gewährte Leistungen zur Hilfe zur Pflege unter Umständen von den Kindern erstattet verlangen kann. 

Beschädigtenversorgung

Der Gesetzgeber hat Opfern einer Gewalttat, wenn sie dadurch einen körperlichen, geistigen oder seelischen Schaden erlitten haben, die Möglichkeit einer Rente nach dem Opferentschädigungsgesetz gegeben. 

Wie bekomme ich Beschädigtenversorgung?

Diese Leistung muss beantragt werden. Die Zuständigkeit variiert hier in den Bundesländern. Auch hier sollte das zuständige Sozialamt gefragt werden. Oft finden sich bereits Anträge online zum Selberausfüllen.

Frist einhalten

Wichtig ist, dass der Antrag innerhalb eines Jahres nach der Gewalttat gestellt werden sollte, damit die Beschädigtenversorgung ab dem Zeitpunkt der Gewalttat gewährt wird. Wer nach Ablauf dieser Frist den Antrag stellt, erhält Leistungen erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. 

Wohngeld

Wer nicht arbeitslos ist, aber aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse nicht mehr in der Lage ist, ein „angemessenes und familiengerechtes Wohnen“ zu bezahlen, hat grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung von Wohngeld bzw. Lastenzuschuss. Wohngeld umfasst die Miete sowie die Nebenkosten. Der Lastenzuschuss umfasst nach § 10 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) die Kosten für den Kapitaldienst und die Bewirtschaftung von Wohnraum. 

Mit dem Lastenzuschuss werden also auch die Kosten für Zinsen und Tilgung erfasst, was daher für Eigenheimbesitzer interessant ist. Weitere Informationen finden Sie in dem Rechtstipp: „Mit Wohngeld oder Hartz IV Haus oder Wohnung abbezahlen?“. Bei der Berechnung des genauen Anspruchs auf Wohngeld in Ihrem Fall hilft ein Wohngeldrechner.

Wie bekomme ich Wohngeld?

Der Antrag ist bei der zuständigen Wohngeldbehörde zu beantragen. Da hier die Zuständigkeit von Gemeinde zu Gemeinde variiert, sollte zunächst direkt die Gemeinde um Auskunft gefragt werden.

Nachteile

Wohngeld und Grundsicherung können in der Regel nicht kombiniert werden. Wer bereits einen Antrag auf Grundsicherung stellt, hat keinen Anspruch auf Wohngeld. Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn die Grundsicherung als Darlehen gewährt wird oder die im Haushalt lebenden Kinder Wohngeld beantragen.

Weitere Leistungen der Sozialhilfe

Darüber hinaus kann es sich lohnen, auch folgende Ansprüche zu prüfen:

  • Hilfe zum Lebensunterhalt
  • Hilfe bei Krankheit
  • Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes
  • Hilfe bei Bestattungskosten
  • Hilfe bei Mietschulden
  • Leistungen für Bildung und Teilhabe

Zu diesen Leistungen erteilt das zuständige Sozialamt ebenfalls Auskunft. 

Fazit: Wer von Altersarmut betroffen ist oder das vermutet, sollte Kontakt zum zuständigen Sozialamt aufnehmen und einen Termin vereinbaren, um die Möglichkeiten staatlicher Unterstützung zu überprüfen. Im Streitfall sollte ein Anwalt hinzugezogen werden. Wer kein Geld für den Anwalt hat, findet weitergehende Informationen in dem Rechtstipp: „Kein Geld für den Anwalt?“.

(FMA)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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