Anders ist schön: Was tun, wenn dein Kind Diskriminierung erlebt?
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Anders ist schön: Was tun, wenn dein Kind Diskriminierung erlebt?
Wenn ein Kind Diskriminierung erfährt, kann dies eine belastende Erfahrung für die gesamte Familie sein. Die Herausforderung besteht darin, das Kind zu unterstützen, ohne die Situation zu verschlimmern, und zugleich Werte wie Vielfalt, Inklusion und Gleichberechtigung zu vermitteln. Oft stellt sich dabei die Frage, welche rechtlichen Schritte möglich sind und wie man diese am besten umsetzt.
Ein erster, wichtiger Schritt ist das Gespräch mit dem Kind. Offene Fragen wie „Was ist genau passiert?“ und „Wie hast du dich dabei gefühlt?“ helfen, die Situation aus der Sicht des Kindes zu verstehen. Eine sorgfältige Dokumentation der Vorfälle ist entscheidend, um diese später klar und präzise darlegen zu können. Dazu gehören Details wie Datum, Uhrzeit, Ort, beteiligte Personen und eine genaue Beschreibung der Ereignisse. Zudem sollten Nachweise wie Nachrichten oder Zeugenaussagen von anderen Eltern oder Kindern gesammelt werden. Diese Dokumentation kann als wichtiger Beweis dienen.
Findet die Diskriminierung in der Schule oder Kita statt, ist es sinnvoll, sich zunächst an Lehrkräfte, Erzieher oder die Einrichtungsleitung zu wenden, um das Problem anzusprechen. Öffentliche Schulen und Kitas unterliegen häufig Anti-Diskriminierungsrichtlinien, die in solchen Situationen greifen. Als Elternteil können Sie darauf bestehen, dass diese konsequent angewendet werden, um eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann kontaktiert werden; über das entsprechende Internetportal ist eine Beratung möglich. Sollten diese Schritte jedoch nicht zum Erfolg führen, kann die Möglichkeit rechtlicher Schritte in Betracht gezogen werden, um gegen die Diskriminierung vorzugehen.
Doch wie ist die Rechtslage in diesem Fall?
Das Recht auf Bildung und somit das Recht auf diskriminierungsfreie Teilhabe an Bildung stellt ein Menschenrecht dar. Dieses Recht ist in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen verankert, darunter die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, das Übereinkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen, der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) sowie die EU-Grundrechtecharta. Diese völkerrechtlichen Verträge sind in Deutschland rechtsverbindlich und definieren die Verpflichtungen des Gesetzgebers, während sie gleichzeitig verbindliche Leitlinien für das staatliche Handeln darstellen. Das Grundgesetz (GG) selbst enthält kein explizites Recht auf diskriminierungsfreie Bildung. Dennoch kann das Recht auf diskriminierungsfreie Bildungsteilnahme aus verschiedenen Grundrechten sowie dem Benachteiligungsverbot abgeleitet werden (zum Beispiel aus den Artikeln 3, 6 und 7).
Oftmals wird auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verwiesen, wenn es um das Thema Diskriminierung geht. Das AGG schützt vor Diskriminierung aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Im Kontext staatlicher Einrichtungen greift es jedoch nur für die Beschäftigten dieser Einrichtungen. Für Kinder greift der Schutz des AGG lediglich bei privaten Bildungsträgern und Einrichtungen wie Privatschulen und privaten Kindertagesstätten.
Da das öffentliche Schulwesen von den Bundesländern geregelt wird, können die jeweiligen Schulgesetze herangezogen werden. Fast alle Landesschulgesetze beinhalten ein Recht auf diskriminierungsfreie Bildung und oft auch ein explizites Diskriminierungsverbot. Allerdings fehlen in vielen dieser Gesetze spezifische und leicht zugängliche Regelungen zur Durchsetzung dieses Rechts – auch in den Bundesländern, die Bestimmungen gegen Diskriminierung enthalten. Daher kann ein zivilrechtliches Vorgehen gegen die Diskriminierung erfolgsversprechender sein.
Eltern betroffener Kinder können gerichtliche Schritte einleiten, etwa durch eine Klage auf Schadensersatz beim zuständigen Zivilgericht, um eine Entschädigung für erlittene Diskriminierung zu fordern. In dringenden Fällen kann zudem eine einstweilige Verfügung beantragt werden, um vorübergehende Schutzmaßnahmen für das Kind zu erwirken. Eine solide Beweislage ist dabei entscheidend für den Erfolg vor Gericht.
Rechtliche Schritte sollten gut überlegt und als letzte Maßnahme ergriffen werden, wenn alle informellen Lösungsversuche scheitern. Sie sind besonders relevant bei schwerwiegender oder wiederholter Diskriminierung oder wenn die Schule oder Institution keine angemessenen Maßnahmen ergreift.
Trotz der rechtlichen Möglichkeiten ist es wichtig, den emotionalen Zustand des Kindes im Blick zu behalten. Ein rechtlicher Prozess kann belastend sein und das Risiko bergen, dass das Kind weiter isoliert wird oder sich die Situation verschärft. Daher ist eine Beratung durch einen Anwalt, der auf Diskriminierungsfälle spezialisiert ist, essenziell, um die besten Optionen abzuwägen.
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