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Angestellte in Privathaushalten – verlängerte gesetzliche Kündigungsfrist?

  • 2 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Arbeitnehmer werden nicht nur in Unternehmen und Betrieben beschäftigt, sondern auch häufig in Privathaushalten. Dabei handelt es sich meist um Frauen, die als Haushaltshilfe angestellt sind. Ob für die Kündigung eines solchen Arbeitsverhältnisses die gesetzlichen bzw. verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen gelten, musste das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg klären.

Haushaltshilfe gekündigt

Eine Frau arbeitete seit Oktober 1980 als einzige Arbeitnehmerin in einem Privathaushalt. Für eine wöchentliche Arbeitszeit von 25 Stunden erhielt sie zuletzt 1111,50 Euro brutto. Zusätzlich übte sie eine geringfügige Beschäftigung im Textilgeschäft der Ehefrau des Arbeitgebers aus. Am 01.09.2014 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.2014.

Klage eingereicht

Die Frau war mit der Kündigung nicht einverstanden und reichte schließlich Klage ein. Sie ist der Meinung, dass in ihrem Fall die verlängerte gesetzliche Kündigungsfrist gem. § 622 Abs. 2 Nr. 7 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gilt. Danach beträgt die Kündigungsfrist für ihr Arbeitsverhältnis, das länger als 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats. Im vorliegenden Fall wäre das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 30.04.2015 beendet worden.

Klage zunächst erfolglos

Das Arbeitsgericht Pforzheim hat die Klage der Frau mit dem Hinweis abgewiesen, dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht gilt und daher die Kündigung wirksam ist. Außerdem führte das Gericht aus, dass § 622 Abs. 2 BGB für Haushaltsangestellte nicht gilt, da es sich um keine Beschäftigung in einem Betrieb oder Unternehmen handelt. Gegen dieses Urteil legte die Frau Berufung ein und hatte schließlich Erfolg.

Privathaushalt ist ein Betrieb

Die Richter am LAG sahen sie Sache anders und gaben der Frau recht.
Sie stellten zunächst fest, dass ein privater Haushalt tatsächlich als Betrieb i. S. d. § 622 Abs. 2 BGB anzusehen ist, denn es besteht auch im Privathaushalt eine arbeitstechnische Organisation.
Hausangestellte sollen auch nach dem Gesetzeszweck nicht aus der Anwendung des § 622 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein, sondern davon profitieren können, denn das Ziel der Staffelung der Kündigungsfristen ist es, längerfristig Beschäftigten und betriebstreuen typischerweise älteren Arbeitnehmern einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren – wenn auch in der Länge gestaffelt und zeitlich begrenzt.
Eine Einschränkung des Betriebsbegriffs ist auch verfassungsrechtlich nicht zu vertreten, denn dadurch, dass in Privathaushalten in der Mehrzahl Frauen beschäftigt sind, würde eine Einschränkung des Begriffs eine mittelbare Diskriminierung von Frauen darstellen.

Verlängerte gesetzliche Kündigungsfrist gilt

Weiterhin stellten die Richter fest, dass für Hausangestellte in keinem Fall ein materieller Kündigungsschutz greift, da das (KSchG) für Kleinbetriebe wie einen Haushalt nicht gilt. Würde § 622 Abs. 2 BGB auch nicht für sie gelten, hätten die Haushaltshilfen auch keinen formellen Kündigungsschutz.
Aus diesem Grund muss die Vorschrift des § 622 Abs. 2 BGB so ausgelegt werden, dass auch Privathaushalte unter den Begriff des Betriebes fallen und somit die verlängerte gesetzliche Kündigungsfrist gilt.

Im vorliegenden Fall führte dies dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Frau nicht zum 30.09.2014, sondern erst 7 Monate später zum 30.04.2015 gekündigt werden konnte.

Fazit: Auch Privathaushalte sind Betriebe i. S. d. § 622 Abs. 2 BGB. Längerfristig Angestellte haben dadurch den Vorteil, dass bei einer Kündigung eine verlängerte gesetzliche Kündigungsfrist gilt.

(LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.06.2015, Az.: 8 Sa 5/15)

(WEI)

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