Anpassung der Gewerbemiete wegen "Wegfalls der Geschäftsgrundlage" im Zuge des Ukraine-Krieges nicht möglich
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Das LG Köln hat kürzlich entschieden, dass bei Umsatzeinbußen, die durch die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs hervorgerufen wurden, keine Mietvertragsanpassung im Wege des sog. Wegfalls der Geschäftsgrundlage seitens des Mieters erklärt werden kann, also der Mieter nicht durchsetzen kann, dass eine geringere Miete zu zahlen ist.
Dieses Urteil dürfte für die Mietvertragsparteien sehr relevant sein, da es aufzeigt, dass nicht jede wirtschaftliche Beeinträchtigung, besonders im Unterschied zu Zeiten der Pandemie, den Mieter zur Zahlung einer geringeren gewerblichen Miete berechtigt.
Vorab: Was ist der Wegfall der Geschäftsgrundlage oder auch Störung der Geschäftsgrundlage genannt?
Die Störung der Geschäftsgrundlage findet sich in § 313 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann eine Anpassung des Vertrages verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Zudem darf das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar sein.
Sachverhalt
In einem Urteil vom 16. April 2024 hat das Landgericht Köln (LG Köln - 14 O 89/23) entschieden, dass eine Anpassung der Miethöhe eines gewerblichen Mietvertrags wegen "Wegfalls der Geschäftsgrundlage" aufgrund des Ukraine-Krieges nicht geboten ist.
Die Klägerin hatte der Beklagten eine Gewerbefläche inklusive Gebäude vermietet. Der Mietvertrag war Teil einer Unternehmenstransaktion, in der die Gesellschafter der Klägerin zugleich die Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten waren. Die Beklagte nutzte die Flächen schon vor Abschluss des Mietvertrages als Betriebsgrundstück. Die monatliche Miete betrug während der ersten fünf Jahre der Festlaufzeit 60.833,30 € (netto).
Am 29. November 2022 erklärte die Beklagte eine Anpassung der Mietvertragskonditionen aufgrund erheblicher Umsatzrückgänge durch den Ukraine-Krieg, insbesondere durch den Anstieg der Rohstoffpreise und Energiekosten. Sie zahlte dementsprechend in den Monaten Dezember 2022 bis März 2023 nur die halbe Miete.
Die Klägerin forderte die Zahlung der Mietrückstände, da ein Kausalzusammenhang zwischen dem Ukraine-Krieg und dem Umsatzrückgang der Beklagten nicht erkennbar sei. Das LG Köln gab der Klage statt und entschied, dass der Beklagten kein Anspruch auf Anpassung des Mietvertrages zusteht.
Rechtliche Begründung
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Mietrückstände gemäß § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem am 16. Juli 2021 geschlossenen Mietvertrag.
§ 535 Abs. 2 BGB – Zahlungspflicht des Mieters
Nach § 535 Abs. 2 BGB ist der Mieter verpflichtet, die vereinbarte Miete zu zahlen. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte dies für die Monate Dezember 2022 bis März 2023 nur zur Hälfte getan, was zu den Mietrückständen führte, die vorliegend vor Gericht eingeklagt wurden.
§ 313 Abs. 1 BGB - Störung der Geschäftsgrundlage
Die Beklagte berief sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB.
Das Gericht entschied, dass die Beklagte keinen Anspruch auf eine Anpassung der Miete hat. Die Beklagte hat zunächst geltend gemacht, dass ein Businessplan, der die wirtschaftliche Zukunft der Beklagten skizziert habe, Teil des Mietverhältnisses und damit Teil der Geschäftsgrundlage geworden sei. Das LG ließ jedoch offen, ob der Businessplan Geschäftsgrundlage geworden war und ob der Ukraine-Krieg eine Störung der großen Geschäftsgrundlage darstellt. Dies begründete das LG vor allem damit, dass die wirtschaftliche Folgen des Ukraine-Kriegs in Deutschland zwar spürbar seien, jedoch die Störung der Geschäftsgrundlage solche Folgen nicht umfasse und damit die § 313 Abs. 1 BGB von Vornherein schon gar keine Anwendung finde. Im Gegensatz zur Corona-Pandemie seien die Mieter besonders durch hoheitliche Maßnahmen direkt von den Auswirkungen der Pandemie betroffen und daher auch zu einer Mietvertragsanpassung berechtigt gewesen.
Zudem wurde hier vom LG Köln festgestellt, dass die vereinbarte starre monatliche Miete keine dynamische Anpassung an wirtschaftliche Veränderungen vorsah und somit die systematische und gesetzlich klar verankerte Risikoverteilung nicht unterwandert werden darf.
Bedeutung des Urteils
Für Vermieter und Mieter bedeutet dieses Urteil, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen von Ereignissen wie dem Ukraine-Krieg nicht automatisch zu einer Anpassung der Miete führen.
Wesentliche Punkte:
- Vertragstreue: Der Grundsatz "pacta sunt servanda" (Verträge sind einzuhalten) gilt auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
- Störung der Geschäftsgrundlage: Eine Anpassung des Mietvertrages nach § 313 BGB erfordert schwerwiegende Veränderungen der Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind. Diese Anpassung ist jedoch nur möglich, wenn die Veränderung unvorhersehbar war und das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist.
- Risikoverteilung: Mieter tragen in der Regel das Risiko wirtschaftlicher Veränderungen. Die systematische Risikoverteilung darf nicht unterwandert werden.
Folgen für Vermieter und Mieter
Das Urteil des LG Köln zeigt, dass die rechtliche Bewertung von Anpassungen der Miethöhe komplex ist und eine genaue Prüfung der Umstände des Einzelfalls erfordert. Eine anwaltliche Beratung kann aus mehreren Gründen unerlässlich sein:
- Rechtsberatung: Ein Anwalt kann die spezifischen Umstände Ihres Falls bewerten und Sie über Ihre Rechte und Pflichten aufklären.
- Vertragsprüfung: Anwälte können Mietverträge und deren Klauseln genau analysieren, um zu prüfen, ob eine Anpassung der Miete möglich ist.
- Vertretung vor Gericht: Falls es zu einem Rechtsstreit kommt, ist eine professionelle Vertretung vor Gericht notwendig, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten.
- Verhandlung mit Vermietern: Anwälte können in Verhandlungen mit Vermietern auftreten, um mögliche einvernehmliche Lösungen zu finden.
Wir stehen Ihnen bei allen notwendigen Schritten zur Seite und unterstützen Sie: Kanzlei Gutes Recht | Frankfurt (kanzlei-gutes-recht.de)
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