Arglistiges Verschweigen beim Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung – ein Update Teil 2

  • 7 Minuten Lesezeit

Wie in Teil 1 dargestellt, kommt es nicht nur darauf an, ob ein Mangel vorliegt. Bei einem Gewährleistungsausschluss ist zu fragen, ob dieser Mangel arglistig verschwiegen oder gegen eine bestehende Aufklärungspflicht verstoßen wurde.

Eine Arglisthaftung kommt etwa in folgenden Fällen in Betracht:

  • Verletzung von Offenbarungspflichten bei Mängeln
  • Falsche Beantwortung von Fragen des Käufers
  • Falsche öffentliche Äußerungen des Verkäufers
  • Täuschung des Käufers

Informationen über Eigenschaften der Kaufsache sind von den beurkundungsbedürftigen Vereinbarungen der Parteien zu unterscheiden.

Zu prüfen ist zuerst, ob überhaupt ein Mangel vorliegt:

Der BGH hatte mit Urteil v. 19.02.16 (V ZR 216/14) einen Fall zu entscheiden, bei dem der Verkäufer ein Blockhaus verkauft hatte, welches mit Holzbock befallen war. Ein Haftungsausschluss war vereinbart. Das Haus war vor dem Verkauf mit dem Holzbock befallen. Eine Sanierung durch einen Fachunternehmer ist erfolgt. Über den Holzbockbefall hatte Verkäufer aber nicht aufgeklärt. Nach dem Verkauf wurde festgestellt, dass das Haus wiederum mit dem Holzbock befallen war. Die Sanierungskosten sollte der Verkäufer tragen.

Ein Sachmangel lag vor, weil ein Befall mit Holzbock einen Mangel darstellt. Es bestand auch eine Pflicht zur Offenbarung des Mangels, da die Schäden einen erheblichen Umfang erreicht hatten und der Käufer den aktuellen Befall nicht erkennen konnte. (Hinweis: Bei einem Holzbockbefall ist nicht wohl zu erkennen, ob dieser aktuell noch gegeben ist, oder es sich um Altschäden handelt.)

Allerdings hat der BGH eine Arglist verneint. Auch wenn eine Aufklärungspflicht objektiv verletzt sei, muss die Verletzung der Aufklärungspflicht vorsätzlich sein. Der Verkäufer muss den konkreten Mangel kennen oder ihn für möglich halten und in Kauf zu nehmen.

Hier unterscheidet der BGH

Wurde ein Fachunternehmen mit der Sanierung beauftragt, muss sich der Verkäufer keine Kenntnis vom Erfolg der Sanierung verschaffen, es sei denn, er hätte den Verdacht, die Mängelbeseitigung hätte keinen Erfolg gehabt.

Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung des Käufers das Kaufobjekt zu besichtigen und den Zustand festzustellen. Kann der Käufer erkennen, dass Risse in den Wänden vorhanden sind, wird er Schwierigkeiten haben, diese später als Mängel geltend zu machen, auch wenn der Verkäufer nicht darauf hingewiesen hatte.

Gleiches gilt z. B. auch bei Feuchtigkeit im Keller. Allerdings kommt es hier darauf an, ob diese Schäden sichtbar sind. Denn bei Feuchtigkeit muss sollte aufgeklärt werden.

Problemfall Feuchtigkeit

Das OLG Hamm hat in einer Entscheidung v. 18.07.2016 (Az.: 22 U 161/15) über einen Feuchtigkeitsschaden zu entscheiden, dessen Keller im Jahr 1938 errichtet wurde. Zu dieser Zeit gab es noch keine horizontalen und/oder vertikalen Abdichtungen, sodass Feuchtigkeit im Keller nicht unüblich und vorliegend sogar sichtbar war. In diesem Fall lag es aber so, dass breitflächig Wasser eintrat und zwar in flüssiger Form. Das OLG hatte dazu ausgeführt, dass die Verkäufer in diesem Fall sogar ungefragt auf diesen Umstand hätten hinweisen müssen. Auch wenn Farb- und Putzabplatzungen zu sehen waren, also Feuchtigkeitsschäden, war das Ausmaß dieses Mangels für die Käufer nicht erkennbar!

Diese Entscheidung verdeutlicht, wie wichtig die genauen Absprachen und deren Dokumentation sind.

Es ist ratsam, solche Feststellungen schriftlich zu fixieren und zum Gegenstand der Beurkundung zu machen, damit nicht später darüber gestritten wird, ob dieser Mangel in diesem Ausmaß und die womöglich erheblichen Mangelfolgen tatsächlich erkennbar war.

Eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten dreht sich um die Frage, ob die Auswirkungen eines Mangels für den Käufer nicht absehbar waren, also darum, ob der Verkäufer eine Aufklärung arglistig unterlassen hat. Wenn in einem Streitfall Risse erkennbar waren, der Käufer aber behauptet, dass der Verkäufer diese verharmlost hat, weil es sich nur um Setzrisse handelte, während es tatsächliche statische Probleme sind, wird es i.d.R. auf die Klärung ankommen, ob eine solche Aussage getätigt wurde und ob der Verkäufer selbst wusste oder wissen musste, dass es nicht nur harmlose Setzrisse sind. Dass Zeugenaussagen das schlechteste Beweismittel sind, ist hinlänglich bekannt. Darauf sollte man sich also nicht verlassen. Besser ist eine hinreichende Darstellung in dem Notarvertrag oder einer dazugehörenden Anlage.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang noch, dass ein Käufer unbedingt die Kaufsache sorgfältig untersucht, damit nicht der Einwand erhoben werden kann, dass ein Mangel sichtbar war. Umgekehrt ist es für den Verkäufer ebenso ratsam die Sichtbarkeit zu dokumentieren, wobei es sich empfiehlt ein Protokoll mit dem Käufer zu führen.

Nicht jeder „unsichtbare“ Mängel führt zu einer Haftung des Verkäufers. Zwar kann ein Mangel vorliegen, die den gewöhnlichen oder den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigt. Meist ist entscheidend, ob überhaupt nachzuweisen ist, dass diese unsichtbaren Mängel dem Verkäufer bekannt waren. Dieses setzt oft Detektivarbeit voraus, wenn etwa Nachbarn bestätigen, dass der Eintritt von Feuchtigkeit schon in der Vergangenheit vorgekommen ist. Weiterhin wäre natürlich zu klären, ob dieser Mangel tatsächlich „unsichtbar“ war. Wenn etwa Regale vor einer Wand stehen, kann die Feuchtigkeit hinter den Regalen unsichtbar sein. An dieser Stelle wäre zu prüfen, ob diese Feuchtigkeit bekannt war, was sich regelmäßig als schwierig erweist.

Problematisch ist ja, dass unsichtbare Mängel eben nicht sichtbar sind, so dass es auch auf die Mangelfolgen und deren Sichtbarkeit ankommt.

Aufklärungspflicht über Mängel

Eine Pflicht zur Offenbarung verborgener Mängel besteht dann, wenn diese für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind, insbesondere die beabsichtigte Nutzung erheblich zu mindern geeignet sind. Das gleiche gilt für Umstände, die nach der Erfahrung auf die Entstehung und Entwicklung bestimmter Mängel schließen lassen und diese für den Entschluss des Käufers von Bedeutung sind.

Aber: Es ist ausgeführt worden, dass sich der Käufer zunächst selbst ein Bild machen muss, ob Mängel vorliegen.

Dieses bedeutet aber nicht, dass es keine Aufklärungspflicht des Verkäufers gibt. Auch hier ist allerdings wieder zu unterscheiden und zwar bezüglich der objektiv bestehenden Aufklärungspflicht und der Frage, ob diese Aufklärungspflicht arglistig nicht ausgeübt wurde. In dem Hausbockfall scheiterte der Anspruch der Käufer daran, dass zwar eine Aufklärungspflicht bestanden hat, der Verkäufer jedoch im guten Glauben war, weil er von einer Fachfirma eine Sanierung hat durchführen lassen und er deshalb nicht von einem Mangel ausgehen musste.

Das Gleiche gilt für den Fall, dass der Käufer hat erkennen lassen, dass ihm bestimmte Eigenschaften wichtig sind, die aber nicht vorliegen.

Eine Aufklärungspflicht besteht – auch ungefragt – über besonders wichtige Umstände, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind. Dazu gehört bei dem Verkauf eines Hausgrundstücks u.a. erhebliche Feuchtigkeit im Keller des Hauses (KG, Urteil vom 20.06.2005 – 8 U 220/04).

Wie oben dargestellt, sind Fragen immer wahrheitsgemäß zu beantworten.

Oftmals kommt es darüber zum Streit, denn wer kann nach den Verkaufsgesprächen tatsächlich noch genau wiedergeben, was im Einzelnen gefragt wurde? Dieses stellt ein großes Problem dar, weil im Nachhinein oft darüber gestritten wird, was anlässlich solcher Ortstermine erörtert wurde.

In einer Entscheidung ging es um einen Bunker, der unter einem Haus lag, wobei ein Eingang sichtbar war und darüber, ob Unterlagen, die diesen Bunker erkennen lassen, übergeben wurden. Da der Käufer nicht beweisen konnte, dass diese Unterlagen nicht übergegeben wurden, verlor er den Rechtsstreit. Der Verkäufer hat nachvollziehbar dargelegt, wie er den Käufer über den betreffenden Sachverhalt aufgeklärt hatte. Den Nachweis, dass dieses nicht so war, muss der Käufer erbringen, was ihm eben nicht gelungen war.

In Notarverträgen findet sich manchmal der Hinweis, dass es solche Nebenabreden nicht gab. Bei richtiger Betrachtung wird die Aufnahme einer solchen Klausel jedoch fast immer falsch sein. Es ist doch lebensfremd anzunehmen, dass die Parteien eines Ortstermins wegen des Kaufs einer Immobilie schweigend durch das Haus/die Wohnung gehen.

Das Problem ist also oft, dass sich Parteien darüber streiten, was bei einem Termin besprochen wurde:

  • Wann wurde was saniert?
  • Wurde dieses selbst oder durch Fachfirmen erledigt?
  • Gab es Wasserschäden (oder andere Schäden) und in welchem Umfang?

Das sind nur einige wenige Punkte, über die gestritten wird.

Teilweise wird dann sogar in den Notarvertrag aufgenommen, dass etwas noch zu sanieren sei. Wenn diese Arbeiten durch den Verkäufer noch zu erledigen sind, ist größte Sorgfalt geboten.

Beispiel

Wenn in der notariellen Urkunde aufgenommen ist, dass eine Schimmelbildung vorliegt und diese durch den Verkäufer behoben wird, sollte dieses unproblematisch sein. Was aber ist, wenn die Parteien fälschlicherweise davon ausgegangen sind, dass der Schaden durch eintretende Feuchtigkeit entstanden ist, während in Wahrheit eine mangelhafte Wärmedämmung die Ursache bildet? Eintretende Feuchtigkeit ist oft leichter zu beheben, als eine Wärmedämmung anzubringen ist.

In solchen Fällen würde ich raten, dass man entweder einen Sachverständigen beauftragt, der prüft, was wie zu beseitigen ist und dieses zum Gegenstand der Beurkundung macht, oder man vereinbart einen Preisnachlass, weil der Käufer die Mängelbeseitigung vornimmt.

Weiter geht es mit Teil 3.

Rechtsanwalt Joachim Germer

Fachanwalt für Bau – und Architektenrecht

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