AstraZeneca baut 280 Stellen ab: Was sollten betroffene Arbeitnehmer beachten?

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Ein Artikel von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.

Der Arzneimittelhersteller AstraZeneca plant Pressemitteilungen zufolge erneut Stellenstreichungen. Aufgrund guter Abfindungen ging der bisherige Stellenabbau zwar weitestgehend einvernehmlich vonstatten, dennoch sollten sich die Arbeitnehmer, die betroffen sind, einige Hinweise zu Herzen nehmen. Ich gehe in der Folge auf zentrale Probleme ein, mit denen es Arbeitnehmer in von Personalabbau bedrohten Unternehmen regelmäßig zu tun haben, und gebe Ratschläge, wie man sich am besten verhält.

Ausgangssituation:

Die Situation, in der sich Arbeitnehmer wie die von AstraZeneca befinden, lässt sich grundsätzlich mit einem Pokerspiel vergleichen. Wer die besten Nerven hat, wird erfahrungsgemäß am meisten gewinnen. Das bedeutet auch, wer früher abschließt, wird regelmäßig weniger erhalten. Trotzdem wird es für einen solchen Abschluss oft gute Gründe geben (neuer Arbeitsplatz, familiäre Pläne). Wenn der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung nicht vor dem Hintergrund eines neuen Arbeitsverhältnisses erfolgt, muss besonders genau darauf geachtet werden, dass die Nachteile aus der Aufhebungsvereinbarung die Vorteile nicht teilweise wieder egalisieren. Wer zum Beispiel eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes bei der Bundesagentur bekommt oder eine Sperrzeit, wird von seiner Abfindung deutlich weniger erhalten. Auch wichtige Nebenansprüche (Provisionen, Zeugnis, Urlaub, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers) müssen in die Regelung mit einbezogen werden, damit später Streit und Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer vermieden werden.

Drohende Nachteile bei einvernehmlicher Aufhebung des Arbeitsverhältnisses

Aufhebungsvereinbarungen bringen neben den genannten Vorteilen also auch etwaige Nachteile mit sich. Oftmals droht eine Sperrzeit bei der Bundesagentur für Arbeit aufgrund der außergerichtlichen Vereinbarung. Damit es später nicht zu weiteren Streitigkeiten kommt, sollte die Abfindungshöhe eindeutig geregelt sein.

Weitere grundsätzliche Hinweise zum Thema Sozialplan & Interessenausgleich seien nachfolgend dargestellt.

Lohnt sich eine Kündigungsschutzklage auch bei einem Sozialplan mit guter Abfindung?

In aller Regel ist das so! Nach Erhalt einer Kündigung bleibt für Arbeitnehmer drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Wird die Klage nicht innerhalb dieser Frist erhoben, ist die Chance auf eine verbesserte Abfindungsregelung und sonstige vorteilhafte Vereinbarungen vertan. Hinzu kommt, dass in diesem Zeitraum regelmäßig noch gar nicht abgeschätzt werden kann, welche Entwicklung das Unternehmen, bzw. der Standort in den nächsten Monaten nehmen wird. Wer also vorsichtig sein will, ist mit einer Kündigungsschutzklage oftmals gut beraten.

Im Vergleich zu einer außergerichtlichen Vereinbarung lassen sich im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens folgende Vorteile erzielen:

Höhe der Abfindung abschließend und verbindlich regeln:

Sozialpläne enthalten oft relativ komplizierte Berechnungsmodelle für die Höhe der Abfindung. Auch die Bestimmung der Höhe des der Abfindungsberechnung zugrunde zulegenden Arbeitsentgeltes macht gelegentlich Schwierigkeiten. Im Rahmen eines Vergleichs in einem Kündigungsprozess können Zweifelsfragen in der Regel unproblematisch zu Gunsten des Arbeitnehmers geregelt werden.

Abfindungszahlung erhöhen:

Eine etwas höhere Abfindung kann man in der Regel auch kurzfristig erreichen, sollte man dagegen einen deutlich höheren Betrag anstreben, braucht man einen längeren Atem. Mit Rechtschutzversicherung ist das gar kein Problem. Wer nicht über eine Rechtschutzversicherung verfügt, muss vor Erhebung der Klage eine Kosten-Nutzen-Rechnung durchführen. Hierfür ist eine Einzelfallbetrachtung zwingend notwendig.

Urlaubsansprüche und Ansprüche wegen Überstunden regeln:

Insbesondere die Ansprüche wegen etwaiger Überstunden können in die Abfindungszahlung mit einbezogen werden. Hier liegt der Vorteil für Arbeitgeber und Arbeitnehmer darin, dass Sozialabgaben gespart werden, da die Abfindungszahlungen hiervon befreit sind. Der Arbeitgeber zahlt also weniger, der Arbeitnehmer bekommt mehr heraus.

Turboklauseln: Für Arbeitnehmer, die während des Laufs der Kündigungsfrist einen neuen Job finden, können Regelungen vereinbart werden, die es ermöglichen bei vorzeitiger Beendigung durch den Arbeitnehmer das verbleibende Bruttoarbeitsentgelt als zusätzliche Abfindung zu zahlen.

Zeugnisinhalt regeln:

In einem entsprechenden Vergleich lässt sich umgehend der Text für das Zwischen- und das Beendigungszeugnis vereinbaren. Damit umgeht man häufig spätere Streitigkeiten. Großer Vorteil: Zeugnisstreitigkeiten auf Arbeitnehmerseite sind in der Regel nicht erfolgreich, da nach der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht die Beweislast für eine bessere Leistung als befriedigend beim Arbeitnehmer liegt. Ein solcher Beweis kann regelmäßig nicht geführt werden.

Transfergesellschaft:

Die Bedingungen für den Wechsel in eine Transfergesellschaft können rechtsverbindlich geklärt werden. Dieses ist besonders wichtig in den Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Kündigung die Einrichtung und Arbeitsweise der Transfergesellschaft noch nicht vollständig geklärt ist. Auch ein nachträglicher Wechsel ist im Wege der Einigung dann oft noch möglich. Umgekehrt kann man auf den Wechsel verzichten, wenn sich später abzeichnet, dass sich die Transfergesellschaft unvorteilhaft entwickelt. Auf die möglichen Vor- und Nachteilen und die Besonderheiten der Transfergesellschaft komme ich in einem folgenden Artikel zurück.

Titel zur Vollstreckung schaffen:

In der Regel besteht die Fälligkeit der Abfindung erst bei Ablauf der Kündigungsfrist. Wenn dann nicht oder nicht vollständig gezahlt wird, muss zunächst Klage erhoben werden. Wer die Abfindungszahlung bereits in einem gerichtlichen Vergleich geregelt hat, kann sofort vollstrecken.

Informationsverschaffung:

Im Laufe eines Klageverfahrens gelingt es regelmäßig, wichtige Informationen zu erlangen. Diese können insbesondere auch für die Verbesserung der Vergleichssituation wichtig sein. Wer die Klagefrist versäumt hat, ist in aller Regel draußen. Selbst wenn er noch neue Informationen bekommt, können diese nicht mehr Gewinn bringend für sich verwendet werden.

Zeitgewinn:

Zeit ist Geld, das gilt besonders im Kündigungsschutzverfahren. Wer hier die Nerven für ein Pokerspiel hat, bekommt in der Regel mehr. Auch die eigene Situation klärt sich im Laufe eines Kündigungsprozesses weiter, so dass man hierauf bei der Vereinbarung des Inhalts des Vergleiches besser eingehen kann. Beispiel: Es ist natürlich ein Unterschied, ob man bereits einen neuen Job hat oder nicht. Der Wechsel einer Transfergesellschaft ist zum Beispiel unsinnig, wenn man ohnehin sicher ist, woanders einen Job zu bekommen, bzw. diesen bereits hat. Die Kosten für die Transfergesellschaft kann man in solchen Fällen besser als zusätzliche Abfindung vereinbaren.

Sozialrechtliche Nachteile vermeiden (Sperrzeit, Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld):

Die Arbeitsagenturen sind angewiesen, im Falle von gerichtlich protokollierten Vergleichen keine Sperrzeit zu verhängen. Wird darüber hinaus auch die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten, ist auch ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs nicht zu befürchten.

Fazit:

Auch bei Bestehen eines Sozialplanes mit großzügigen Abfindungsregelungen ist in der Regel die Erhebung einer Kündigungsschutzklage sinnvoll. Wenn noch dazu eine Rechtsschutzversicherung besteht, würde ich persönlich immer dazu raten. Ich habe bisher in der Praxis kaum Fälle erlebt, wo jemand im Nachhinein mit dem Modell Kündigungsschutzklage besser gefahren ist als mit der außergerichtlichen Einigung.

12.11.2014

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