Bank muss über Provisionen für die Vermittlung einer Lebensversicherung nicht aufklären

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Seitdem der BGH mit seiner ersten „Kick-Back-Entscheidung“ im Jahre 2006 die Büchse der Pandora geöffnet hatte, indem er die Bank als verpflichtet ansah, über den Interessenskonflikt aufzuklären, der aus der Zahlung von erfolgsabhängigen Provisionen folgt, wird auf Verbraucherseite umfangreich versucht, über die fehlende Aufklärung der Zahlungen Finanzgeschäfte aller Art rückabzuwickeln. Dementsprechend ist die Rechtsprechung seit Jahren bemüht, die Anwendbarkeit der Rechtsprechung auf ein gewisses Maß zurückzuführen.

In diese Reihe von Entscheidungen darf sich auch das Urteil des BGH vom 01.07.2014 zum Aktenzeichen XI ZR 247/12 einreihen.

Sachverhalt

Der Kläger des Verfahrens ist selbständiger Vermessungsingenieur und hatte in der Vergangenheit bereits mehrere gewerbliche Immobilienkäufe fremdfinanziert. Im Jahre 1995 wandte er sich an die Beklagte, weil er für die Errichtung einer Wohnanlage eine Teilfinanzierung benötigte. Er schloss im Weiteren einen Darlehensvertrag über 600.000 DM ab. Der Darlehensvertrag sah vor, dass während der Vertragslaufzeit bis 2015 keine Tilgungen erfolgen sollten, sondern dass nur laufende Zinsen zu zahlen waren. Die endfällige Tilgung sollte durch eine parallel vermittelte kapitalbildende Lebensversicherung erfolgen. Für die Vermittlung der Lebensversicherung erhielt die Beklagte eine Provision, die sie nicht offenlegte.

Aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Lage wird die ursprünglich prognostizierte Ablaufleistung jedoch nicht erreicht werden, so dass bei Auslaufen der Finanzierung in 2015 ein nicht von der Lebensversicherung gedeckter Darlehensbetrag verbleibt.

Der Kläger nahm daraufhin die Beklagte auf die Feststellung in Anspruch, dass sie verpflichtet sei, den ihm entstehenden Schaden zu ersetzen. Er stützte dies insbesondere darauf, dass er nicht über die geflossenen Provisionen für die Vermittlung der Lebensversicherung aufgeklärt worden sei.

Entscheidung

Der BGH hat die Klage abgewiesen.

Zwar sei – wie das Berufungsgericht bereits festgestellt hatte – zwischen den Parteien konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Dieser habe sich aber auf eine Finanzierung bezogen. Die vom BGH entwickelten Regelungen der Kick-Back-Rechtsprechung seien jedoch nur auf Kapitalanlageberatungen bezogen. Eine Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf andere Fälle als die Kapitalanlageberatung sei nicht vorzunehmen.

Außerdem habe die Besonderheit bestanden, dass der Kläger – wie bei Lebensversicherungen üblich – keinen Ausgabeaufschlag gezahlt habe. In dieser Konstellation sei allgemein bekannt, dass aus dem Beiträgen selbst eine Vergütung für den Vermittler gezahlt werde, da der Kunde nicht erwarten könne, dass er die Beratung durch einen Kaufmann kostenlos erlangen könne.

Aufgrund dessen habe das Berufungsgericht eine Beratungspflichtverletzung zutreffend verneint.

Stellungnahme

Die Entscheidung reiht sich ein in bisherige Urteile des BGH und ist in dieser Hinsicht konsequent, auch wenn sie in ihrer Aussage aus Verbrauchersicht nicht zu begrüßen ist.

So differenziert der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf den Inhalt der Beratungspflichten der Bank danach, ob es sich um eine Finanzierungs- oder eine Kapitalanlageberatung handelt.

Im Rahmen der Beratung zu einem Darlehen soll die Bank – ungeachtet der Frage, ob sie selbst den Kredit gewährt oder das Darlehen nur vermittelt – nur verpflichtet sein, über die Konditionen des Vertrags aufzuklären. Eine Beratungspflicht bezüglich der Zweckhaftigkeit der Gestaltung soll nicht bestehen. Auch soll die Bank grundsätzlich keine Beratungspflicht bezüglich der Verwendung der gewährten Gelder haben. Lediglich dann, wenn sich der Bank aufdrängt, dass das von dem Kunden anvisierte Geschäft für diesen zu einem Schaden führen wird, soll sie ausnahmsweise aus Treu und Glauben zur Warnung verpflichtet sein. Mit Ausnahme von Extremsituationen trifft die Bank somit kaum eine Beratungspflicht, was im Regelfall dem Kunden, der auf die Beratung seiner Bank vertraut, sehr überrascht.

Eine Ausnahme erkennt die Rechtsprechung aber teilweise bei dem Thema endfällige Darlehen an. Wie in dem entschiedenen Sachverhalt ist dieser Gestaltung nämlich immanent, dass die Möglichkeit besteht, dass die kalkulierte Ablaufleistung des Lebensversicherungsvertrags zur Ablösung des Darlehens nicht ausreichend ist. Wen dabei das Risiko, dass ein Fehlbetrag verbleibt, zu tragen hat, hat die Rechtsprechung bereits vor ca. 10 Jahren mehrfach beschäftigt. Der Bundesgerichtshof hat damals das Risiko grundsätzlich dem Darlehensnehmer zugewiesen, indem er erkannt hat, dass die Tilgung durch eine Lebensversicherung in der Regel nur „erfüllungshalber“ und nicht „an Erfüllungs statt“ erfolgte. Letzteres hätte dazu geführt, dass der Kunde mit der Hingabe der Lebensversicherungsleistung seiner Verpflichtung vollständig nachgekommen wäre. Somit konnten Bankkunden nur in vereinzelten Konstellationen, in denen die Verträge so formuliert waren, dass der Kunde davon ausgehen musste, dass die Hingabe der Lebensversicherung immer ausreicht, das Risiko auf die Bank verlagern.

Allerdings war auch damals schon anerkannt, dass die Verknüpfung zwischen endfälligem Darlehen und Lebensversicherung zu einem gesteigerten Beratungsbedarf bei dem Kunden auch im Rahmen einer Finanzierungsberatung führt, so dass die Bank hier weitergehende Beratungspflichten treffen. Wenn die Bank daher nicht auf das Risiko, dass ein Fehlbetrag verbleibt, hingewiesen hat, kann ein Schadenersatzanspruch bestehen, wenn der Kunde nachweisen kann, dass er bei ordnungsgemäßer Beratung eine andere Art der Finanzierung gewählt hätte.

Diese Frage war wegen der beschränkten Zulassung der Revision aber nicht mehr Gegenstand des BGH-Urteils.

Häufig wird ein darauf gestützter Schadenersatzanspruch auch verjährt sein. Denn der Schaden einer solchen Falschberatung besteht in dem Abschluss der den Interessen des Bankkunden nicht entsprechender Verträge. Mit diesem Zeitpunkt beginnt eine kenntnisunabhängige 10jährige Verjährungsfrist zu laufen. Da endfällige Darlehen in der Regel jedoch eine Laufzeit von 20 oder mehr Jahren aufweisen, wird ein Schadenersatzanspruch, wenn er denn bestanden hat, regelmäßig verjährt sein, wenn dem Kunden das Risiko auffällt.

Jedenfalls besteht im Rahmen einer Finanzierungsberatung keine Verpflichtung, auf die eigenen Interessen der Bank am Zustandekommen des Vertrags hinzuweisen, so dass Provisionen in diesem Rahmen nicht anzeigepflichtig sind.

Hinzu kommt, und auch dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung der anderen Senate des BGH, dass Provisionen für die Vermittlung von Versicherungen nicht offen gelegt werden müssen. Dies folgt nach ständiger Rechtsprechung schon daraus, dass für den Kunden, der selbst keine Zahlung an den Vermittler vornimmt, offenkundig sei, dass eine Vergütung durch den Versicherer erfolge.

Insoweit kann man festhalten, dass die Entscheidung lediglich für Rechtsklarheit gesorgt hat, dass damit einer Vielzahl von Verbrauchern, die durch die Kombination von endfälligem Darlehen und Lebensversicherungen einen Schaden erleiden werden, aber nicht geholfen sein wird.

Offen bleibt jedoch noch – und das hat die Entscheidung nicht behandelt – ob gegebenenfalls gegenüber dem Versicherer aus versicherungsrechtlichen Gründen eine höhere Ablaufleistung geltend gemacht werden kann.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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