Bauvertrag - Kombination von Erfüllungsbürgschaft (10 %) und Abzügen bei Abschlagsrechnungen (10 %)
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Am Bau diktieren in der Regel die Auftraggeber die vertraglichen Bedingungen für die Aufträge an Bauunternehmer, insbesondere gegenüber den Subunternehmern. Dieses einseitige Diktieren der Vertragsinhalte führt dazu, dass wesentliche Teile der Bauverträge als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. BGB anzusehen sind.
Die Auftraggeber sind sich oft nicht bewusst, dass die gesetzlichen Regelungen zu den AGB ihre Vertragsfreiheit empfindlich einschränken. Generell dürfen die AGB nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der anderen Vertragspartner führen, § 307 Abs. 1 BGB, andernfalls sind die vertraglichen Vereinbarungen schlicht unwirksam.
Die Frage, ob der andere Vertragspartner unangemessenen benachteiligt ist, wird jedoch nicht nur mit Blick auf eine einzelne Regelung des Vertrages bzw. der AGB beantwortet. Vielmehr wird immer auch eine Gesamtbetrachtung durchgeführt, um zu beurteilen, wie die Summe der einzelnen Regelungen sich auswirkt.
Wichtig: Führt die Gesamtbetrachtung zweier oder mehrerer Regelungen zu dem Ergebnis, dass der andere Vertragspartner unangemessen benachteiligt wird, so erstreckt sich auch die Unwirksamkeit auf beide bzw. alle Regelungen, die zusammenwirken.
So hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 9. Dezember 2010 (Az. VII ZR 7/10) die Kombination einer Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme mit einer Vereinbarung über den Einbehalt von 10% der Werklohnforderungen aus geprüften Abschlagsrechnungen als unwirksam erachtet, weil sie den Auftragnehmer unangemessen benachteiligen.
Im konkreten Fall waren im Nachunternehmervertrag neben der VOB Teile B und C auch zusätzliche Vertragsbedingungen für Nachunternehmer (AGB) vereinbart. Dort war bestimmt, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber kostenlos eine Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % der vereinbarten Auftragssumme und damit in Höhe von 414.575,91 € zu übergeben hat. Diese diente zur Sicherstellung der vertragsgemäßen und fristgerechten Ausführung der Leistung sowie zur Absicherung etwaiger Rückforderungsansprüche des Auftraggebers aus Überzahlungen während der Bauzeit und war entsprechend dem beigefügten Muster des Auftraggebers zu stellen. Außerdem sah der Nachunternehmervertrag vor, dass Abschlagszahlungen auf die vereinbarte Vergütung in Höhe von 90 % geleistet wurden. Der Auftragnehmer konnte zwar verlangen, dass Abschlagszahlungen in Höhe von 100 % gezahlt werden. In diesen Fällen verlängerte sich aber die Frist, zur Prüfung der Abschlagsrechnung von 7 auf 25 Arbeitstage und wegen eines 5 %-igen Gewährleistungseinbehalts kamen auch in diesem Fall nicht mehr als 95 % der Bruttoauftragssumme zur Auszahlung.
Diese Kombination von Erfüllungsbürgschaft und Einbehalt von den Abschlagszahlungen berücksichtigt einseitig die Interessen des Auftraggebers und räumt dem berechtigten Interesse des Auftragnehmers nicht den erforderlichen Stellenwert ein. Sie führt im Zusammenwirken zu einer Übersicherung des Auftraggebers und zu einer unangemessenen Benachteiligung des Auftragnehmers.
Die Unwirksamkeit der Regelungen über Bürgschaft und Einbehalt ließ den Bauvertrag an sich wirksam bestehen. Allerdings konnte der Auftraggeber keine Zahlung aus der Vertragserfüllungsbürgschaft verlangen, obwohl der Auftragnehmer die Bürgschaft vertragsgemäß übergeben hatte.
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