Bauvertragsrecht 2024: Wichtige Urteile und aktuelle Entwicklungen
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Bauverträge sind komplex und können schnell zu Streitigkeiten führen. Ob Vertragsabschluss, Mängelrechte oder Verjährungsfristen – wer sich nicht auskennt, läuft Gefahr, hohe Kosten oder rechtliche Nachteile zu erleiden. Die aktuelle Rechtsprechung bringt Klarheit in viele dieser Fragen.
1. Wann kommt ein Bauvertrag zustande?
1.1. Annahmefristen: Angebot nicht ewig gültig
Ein Bauvertrag kommt nicht automatisch zustande, nur weil eine Partei ein Angebot abgibt. Es gibt klare Annahmefristen:
- Unternehmen untereinander: Ein Angebot kann in der Regel nur innerhalb von 3-4 Wochen angenommen werden, danach erlischt es (OLG Schleswig, Urteil vom 22.03.2023 – 12 U 54/22, NZBau 2023, 668).
- Verspätete Annahme: Wird ein Angebot erst nach Ablauf dieser Frist angenommen, gilt dies als neues Angebot, das der ursprüngliche Anbieter annehmen oder ablehnen kann.
- Stillschweigende Annahme: Falls sich beide Parteien über die Vertragsbedingungen bereits geeinigt hatten, kann eine verspätete Annahme durch stillschweigendes Verhalten dennoch wirksam werden.
1.2. Vertragsinhalte: Was gehört dazu?
Ein Bauvertrag besteht nicht nur aus dem unterschriebenen Dokument. Auch ergänzende Unterlagen sind Bestandteil des Vertrags!
- Technische Pläne, Leistungsverzeichnisse, Bieterprotokolle und Raumbücher sind Teil der vertraglichen Leistungsbeschreibung (OLG München, Urteil vom 28.09.2021 – 9 U 1739/20; BGH, Urteil vom 15.03.2023 – VII ZR 851/21, BauR 2023, 1957).
- Eine mündliche Vereinbarung kann ebenfalls bindend sein, wenn sie durch Handlungen bestätigt wird.
Wichtig: Alle wesentlichen Vereinbarungen sollten schriftlich im Vertrag festgehalten werden, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
2. Widerruf oder Kündigung: Wie kommt man aus dem Bauvertrag heraus?
2.1. Widerrufsrecht bei „Außer-Haus-Geschäften“
Ein Bauvertrag kann unter bestimmten Umständen widerrufen werden – insbesondere, wenn er außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers abgeschlossen wurde.
- Kein Widerrufsrecht besteht, wenn ein Verbraucher bereits im Geschäft des Unternehmers ein Angebot erhalten hat und erst am nächsten Tag außerhalb des Geschäfts zusagt (BGH, Urteil vom 06.07.2023 – VII ZR 151/22, MDR 2023, 1165 = BauR 2023, 1672).
- Falls die Widerrufsbelehrung im Vertrag den Eindruck erweckt, dass nur ein bestimmtes Formular verwendet werden kann, ist die Belehrung fehlerhaft (OLG Stuttgart, Urteil vom 19.04.2023 – 10 U 33/23, MDR 2023, 1175).
2.2. Kündigung eines Bauvertrags: Wann ist das möglich?
Ein Bauvertrag kann aus folgenden Gründen gekündigt werden:
- Bei Leistungsverzug des Auftragnehmers (OLG Frankfurt, Urteil vom 05.08.2022 – 21 U 84/21, MDR 2022, 1436 = BauR 2023, 93).
- Wenn gravierende Baumängel bestehen und keine Nachbesserung erfolgt (BGH, Urteil vom 19.10.2022 – VII ZR 117/22, BauR 2023, 985).
- Bei Insolvenz des Auftragnehmers – allerdings nur, wenn der Insolvenzverwalter nicht ausdrücklich die Vertragsfortführung bestätigt (OLG Dresden, Urteil vom 23.06.2023 – 22 U 2617/22, ZIP 2023, 2102).
3. Bauausführung: Rechte und Pflichten während der Bauphase
3.1. Mängel: Wann kann die Abnahme verweigert werden?
Nicht jeder Mangel berechtigt zur Verweigerung der Abnahme:
- Wesentliche Mängel: Eine Abnahme kann verweigert werden, wenn der Mangel die Nutzung erheblich beeinträchtigt (OLG Celle, Urteil vom 02.08.2023 – 14 U 200/18, ZfBR 2023, 780).
- Unwesentliche Mängel: Kleinere Mängel sind kein Grund zur Verweigerung, sondern müssen im Nachhinein behoben werden (OLG Oldenburg, Urteil vom 31.05.2022 – 2 U 16/22).
3.2. Wer trägt die Kosten für unvorhergesehene Änderungen?
Während eines Bauprojekts können sich Anforderungen ändern – doch wer trägt die Mehrkosten?
- Falls eine behördliche Anordnung eine Änderung erforderlich macht, hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung (OLG Koblenz, Urteil vom 09.03.2023 – 2 U 63/22, MDR 2023, 978).
- Falls eine technische Anpassung notwendig ist, muss der Bauherr die Mehrkosten nur übernehmen, wenn die Änderung nicht vertraglich ausgeschlossen wurde (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2022 – 22 U 113/22, BauR 2023, 1125).
4. Verjährung: Wann sind Ansprüche nicht mehr durchsetzbar?
4.1. Verjährungsfristen für Mängelansprüche
- Gewährleistungsansprüche für Baumängel verjähren in der Regel nach 5 Jahren ab Abnahme (§ 634a BGB, OLG Naumburg, Urteil vom 29.12.2022 – 2 U 156/21, BauR 2023, 1549).
- Die Verjährung beginnt erst mit der Abnahme – Verzögerungen können also die Frist verschieben.
4.2. Verjährung von Zahlungsforderungen
Viele Bauherren glauben, dass der Anspruch eines Bauträgers nach drei Jahren verfällt – das ist falsch!
- Bauträger haben zehn Jahre Zeit, um offene Forderungen einzufordern (§ 196 BGB, BGH, Urteil vom 07.12.2023 – VII ZR 231/22).
- Auch nach neun Jahren und elf Monaten kann noch eine Rechnung gestellt werden.
Wichtig: Rechnungen, Zahlungsbelege und Verträge sollten über die gesamte Dauer der Verjährungsfrist aufbewahrt werden.
Fazit: Wer seine Rechte kennt, spart Zeit, Nerven und Geld!
Das Bauvertragsrecht ist komplex – doch wer die wichtigsten Regelungen kennt, kann viele Probleme vermeiden:
- Verträge sollten klar und detailliert sein.
- Kündigungs- und Widerrufsrechte müssen bekannt sein.
- Mängel müssen schnell angezeigt und dokumentiert werden.
- Verjährungsfristen müssen beachtet werden, um keine Ansprüche zu verlieren.
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